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„Colonia Rangers“Wie die Paveier-Karriere trotz eines Flops Fahrt aufnimmt

Lesezeit 5 Minuten
Die Bandmitglieder sitzen mit ihren Instrumenten auf einer Heißmangel.

Das erste Pressefoto der Paveier machte Norbert Ramme für den „Kölner Stadt-Anzeiger“ in der Heißmangel von Elisabeth Brühl in Dellbrück: Klaus Lückerath, Bodo Schulz, Detlef Vorholt, Bubi Brühl und Sänger Micky Brühl (v.l.).

Nach einem desaströsen Vorstellabend beim Festkomitee berappelten sich die Paveier in den 1980er Jahren schnell wieder.

Nicht zuletzt die Erfolge der Bläck Fööss, deren wichtigste Songs man natürlich im Programm hatte, weckte in Detlef Vorholt, Micky und Bubi Brühl, den Musikern der etablierten Tanzkapelle „B.V.B’s Breath Band“, den Wunsch, eigene Lieder zu machen. „Die erste Idee war, kölsche Country-Musik zu machen“, erinnert sich Bubi Brühl. „Wir nannten uns Colonia Rangers und spielten eigene Songs mit kölschen Texten.“

Einigermaßen erfolglos, wie Detlef Vorholt im Nachhinein bestätigt: „Erstmal sind wir auf die Schnauze gefallen mit dem Country-Kram.“ Es gab 1981 einen Vorstelltermin beim Festkomitee, damals noch in der Antwerpener Straße. Um die Anlage nicht hochtragen zu müssen, spielte man im Erdgeschoss in einer Druckerei vor, die Herren vom FK waren sehr angetan. „Großkotzig wie wir damals waren, dachten wir, das läuft jetzt“, sagt Vorholt heute. Aber der Vorstellabend im Sartory wurde zum Flop.

Köln: Die Paveier-Karriere nimm trotz eines Flops Fahrt auf

„Wir waren mitten im ersten Lied und haben volles Ei gedröhnt, plötzlich stand Heinz Thiebes vor uns auf der Bühne, eins sechzig groß, und schüttelte mit den Armen und brüllte: ‚Aus! Aus! Aus! Warum muss das denn so laut sein?‘ Dem lief der Schweiß von der Stirn. Wir haben den Auftritt abgebrochen und saßen hinter der Bühne, aber keiner ist gekommen.“ Die Literaten waren nicht überzeugt, allein Adolf Beckmann aus Hürth gab den Jungs drei Auftritte, das war es. Das hatte Folgen.

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Bodo Schulz stieg kurzzeitig aus, Bela brachte Klaus Lückerath als Gitarristen ins Spiel, um dann selbst auszusteigen und eine Solokarriere als Sänger zu versuchen. Schulz kam als Bassist zurück. Die Band probte im Raum des Notstromaggregats des Kalker Krankenhauses, wo Vorholt mittlerweile arbeitete. Liedermacher Hans Knipp hatte sie gesehen und bot ihnen zwei Songs an: „Am Ruusemondach“ und „Ich nemm d’r Dom met“. Das wurde die erste Single, die Joko Jänisch, damals Keyboarder der Bläck Fööss, produzierte.

Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ nannte die Paveier „A-Jugend der Bläck Fööss“

Die Band war schon im Studio, hatte aber noch keinen Namen. Heidi Knipp brachte dann einen Auszug aus dem Wrede, dem Stadardwerk der kölschen Sprache, mit: Paveier - Straßenpflasterer. „Wir wollten immer was Lebendiges, nit su Dilledöpp oder su. Paveier – dann pflastern wir jetzt die Straße mit Musik“, sagt Vorholt. „Damals gab es De Schlapphööt, De Kraageknöpp, De Botzeknöpp und wie die alle hießen“, ergänzt Bubi Brühl. Die Single kam gut an.

Die fünf positionieren sich mit ihren Instrumenten um einen Geländewagen herum.

Das erste Bandfoto der Paveier, um 1983, Vorne v.l.: Micky Brühl, Bubi Brühl, Klaus lückerath, hinten Detlef Vorholt, Bodo Schulz

Im Jahr drauf erschien „Ich han de Musik bestellt“, ein Jahr später „Beim Toni an d’r Iesbud“. Die Band veröffentlichte in den ersten drei Jahren bereits zwei Alben. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ schrieb von der „A-Jugend der Bläck Fööss“. Sich live durchzusetzen war besonders im Gürzenich nicht einfach. „Der Süpers Hans hat mal gesagt, neben Fööss und Höhnern sei kein Platz für eine dritte Band“, erzählt Klaus Lückerath. „Und eine Zeit lang mussten wir immer nach dem Colonia-Duett auftreten. Das war extrem schwer.“

Paveier spielten 200 Auftritte pro Saison

Aber die Paveier wollten es wissen und trotzten allen Widrigkeiten. Als beim Bandbulli in einer Rechtskurve die Schiebetür rausflog, „haben wir die mit einem Gurt aufs Dach gebunden, und sind die restlichen fünf Auftritte mit offener Tür gefahren – bei fünf Grad minus.“ Schnell war man bei 200 Auftritten pro Session, mit hochdeutschen Songs wie „Frühling“ (1985) oder „Heut brennt mein Iglu“ (1987) gab es zudem erste TV-Auftritte.

1989 dann gründete man mit „Pavement Records“ eine eigene Plattenfirma, produzierte Bands wie die Räuber oder die Drei Colonias. Mitte der 90er Jahre übernahm man dann den Sampler „Karneval der Stars“ von der EMI Electrola. Vor allem Vorholt konnte seine Qualitäten als cleverer Geschäftsmann ausspielen. Die Paveier waren oben angekommen. Man sprach mittlerweile vom Kleeblatt der kölschen Szene, also Fööss, Höhner, Paveier und Räuber. Und „Buenos Dias Matthias“, ein Song, der schon 1987 als Single erschienen war, eroberte Mallorca und den Ballermann. Ohne, dass die Paveier viel davon mitbekamen.

„Am Wochenende mussten wir ja in Köln und Umgebung ran.“
Detlef Vorholt von den Paveiern

„Ich weiß nicht, wie viele zigtausend Raubkopien auf Kassette und T-Shirts ohne Lizenz die da unten verkauft haben“, sagt Detlef Vorholt rückblickend. 1992, die Band hatte „Beinah, Beinah“ gerade herausgebracht, kam dann die erste Anfrage. „Die ganzen Schlagerstars von Toni Marshall bis Ireen Sheer traten im Riu Palace auf, und irgendwann funktionierte das scheinbar nicht mehr“, erinnert sich Vorholt. „Wir waren die erste kölsche Band, die da auftrat.“ Obwohl man darauf bestand, live zu spielen, was die Auftritte deutlich teurer machte für den Veranstalter. Egal, die Paveier räumten ab. „Die Gigs starteten nachts um zwei und dann nochmal um vier, das Publikum rastete aus.“

Von da an spielte man fünf, sechs Mal im Jahr auf der Insel, manchmal noch öfter, aber immer unter der Woche. „Am Wochenende mussten wir ja in Köln und Umgebung ran.“ Irgendwann brachte man die Räuber mit ins Geschäft. „Eine geile Zeit“, schwärmt die Band noch heute. Der WDR drehte einen Film, „Fiesta Colonia“, ursprünglich ein Album, auf dem auch Künstler wie die Bläck Fööss, die Höhner, die drei Colonias, Renate Fuchs und Manfred Schoof dabei waren.

Mallorca-Hype ließ schließlich nach

Kölsche Musik wurde exportiert. 1998 startete die Reihe „Kölle goes…“ in Mainz, die ebenfalls in Palma in der Stierkampfarena landete. „Mit Montserrat Caballé auf der Bühne, das war toll, nur Zuschauer sind keine gekommen.“ Der Mallorca-Hype ließ nach. Nach der Jahrtausendwende veränderte sich die Szene – auch in Köln.


Zur Serie

1983 gründeten Bubi und Micky Brühl, Klaus Lückerath, Bodo Schulz und Detlef Vorholt die Paveier. Zum 40-jährigen Bestehen blicken wir auf bemerkenswerte Episoden aus der Bandgeschichte zurück. In der nächsten Folge lesen Sie: „Die Krisen in den Nullerjahren verändern die Band.“