In einer neuen vierteiligen Serie blickt der „Kölner Stadt-Anzeiger“ auf die Karriere einer Kölner Band zurück, die ihren 40. Geburtstag feiert.
Neue SerieKennen Sie diese Drei? Vor 40 Jahren gründeten sie eine der bekanntesten Kölner Bands
Zum ersten Mal begegnet ist sich der Kern der Paveier 1966. „Meine Eltern hatten ein Dreifamilienhaus in Dellbrück auf der Thurner Straße“, erinnert sich Hans-Ludwig „Bubi“ Brühl. „Da ist die Familie Vorholt mit Detlef eingezogen. So haben wir uns kennengelernt.“ Bubi, Jahrgang 1959, sein zwei Jahre jüngerer Bruder Micky Brühl und Detlef Vorholt (Jahrgang 1958) wuchsen zusammen auf, gingen zur Schule, kickten auf der Straße.
Musik wurde damals eher im Hinterzimmer gemacht. „Kinder musizieren auch auf Wäschetrommeln oder Kochtöpfen, oben unterm Dach“, erzählt Vorholt. Trompete in der Schule, Melodica, Bubi hatte seit dem sechsten Lebensjahr Klavierunterricht. Die Eltern der Brühl-Brüder hatten eine Bäckerei in Dellbrück auf der Hauptstraße, und samstags wurden Brötchen und Kuchen ausgefahren. „Ich war manchmal dabei. Auf der Strundener Straße wohnte die Familie Fritz.“ Stolz präsentierte Frau Fritz der Bäckersfrau ihren Klavier spielenden Sohn Jürgen, der einige Jahre älter war als die Brühl-Jungs. „Wär das nichts für dich, Bubi?“ fragte Elisabeth Brühl und ließ sich die Nummer des Klavierlehrers geben.
Spätere Paveier spielen ersten Auftritt im Finanzbauamt Köln-Ost
„Der Herr Erich Wickel aus Bergisch Gladbach war unser beider Lehrer dann“, erinnert sich Bubi lachend. „Aber Bubi hat ab und zu auch mit Mädchen gespielt,“ ergänzt Vorholt und grinst, „der Jürgen nur Klavier.“ „Deswegen ist er bis heute der bessere Pianist“, sagt Bubi, „ich wollte damals ja eigentlich auch Fußballprofi werden. Das hat aber nicht geklappt.“ Vorholt bekam eine Orgel geschenkt, Micky Brühl hatte ein Schlagzeug zur Kommunion bekommen. Jeder übte für sich und später führte Micky die drei dann irgendwie wieder zusammen.
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E-Piano, Orgel, Schlagzeug – eine irre Kombination. Micky übernahm zudem den Gesang. Heinrich Brühl und Fritz Vorholt, die Väter, schmiedeten Pläne für das Trio. Sie verpflichteten zwei Musiker aus einem erfolgreichen Sextett als Lehrer für die Band, den Pianisten Heinz-Gerd Neu und Schlagzeuger Martin Asselborn. „Ein teurer Spaß“, sagt Vorholt zurückblickend. „Jeden Sonntag fünf Stunden Unterricht. Wir beide oben Harmonielehre und Noten schreiben, während unten Micky am Schlagzeug nach Noten üben musste.“
„Es gab keine Cover-Bands, sondern Tanzkapellen“
Drei Stunden wurde dann im Trio gespielt, und die Hausaufgaben für die Woche erforderten je zwei Stunden üben an weiteren drei Tagen. „So ab 1972 haben wir zwei, drei Jahre nur im Keller in unseren Eierkartons gespielt“, sagt Vorholt. „Sommers haben wir auf der Mauer gelegen und gehofft, die kommen nicht, damit wir ins Schwimmbad können, aber die kamen immer. Und die waren gnadenlos.“ Auch wenn die beiden Lehrer bis heute als „alte Motzköppe“ im Gedächtnis geblieben sind – musikalisch war der Unterricht sehr interessant.
„Es gab ja damals keine Cover-Bands, sondern Tanzkapellen. Du musstest jedes Genre bedienen können, Rumba, Tango, Cha Cha Cha, Samba, Jive, wir haben das alles gelernt. Eine Bandbreite, die uns bis heute weiterhilft“, sagt Bubi Brühl. Der erste Auftritt war dann 1974 im Finanzbauamt Köln-Ost. Dort arbeitete Vater Vorholt und Weiberfastnacht gab es eine Party in der Kantine. Man nutzte die Kontakte, bekam den Job und fuhr mit der KVB dort hin, das Lampenfieber war riesig, aber das Trio kam gut an. „Mit einem Programm von zweieinhalb Stunden haben wir zehn Stunden gespielt“, sagt Detlef Vorholt. „Damals war ganz frisch ‚Paloma Blanca‘ von George Baker Selection, das haben wir alleine fünfzehnmal gegeben“, sagte Bubi.
B.V.B’s Breath Band mit „Tanz- und Stimmungsmusik für jung und alt“
Der Erfolg sprach sich herum, per Mundpropaganda folgten weitere Engagements. 500 Mark gab es, die Musiker waren begeistert. Man nannte sich fortan „B.V.B’s Breath Band“ und warb mit „Tanz- und Stimmungsmusik für jung und alt“. Die Väter investierten in einen grauen Bulli, und ab dann war man an den Wochenenden nur noch unterwegs, spielte bei Tennisvereinen, Taubenzüchtern oder auf Hochzeiten, bei Maifesten, Modenschauen in Düsseldorf bis hin zur Interfunkmesse in der Schweiz. „Beim RTHC Leverkusen waren wir gefühlt alle zwei Wochen, die haben ständig gefeiert.“
Nebenher machten die drei eine Lehre, Detlef bei der AEG als Energieanlagenelektroniker, Bubi bei Stüssgen als Einzelhandelskaufmann, und Micky als Kfz-Mechaniker beim Autohaus Opel Josef Kramer. Trotz eines Gehalts von jeweils gerade mal 300 Mark konnten sie sich bald die ersten Autos leisten – dank der Musik. Den Dienst bei der Bundeswehr versuchte man zu umgehen. „Das hätte uns als Band mehrere Jahre gekostet, wenn wir da nacheinander hingemusst hätten“, sagt Detlef Vorholt. „Aber wir wollten doch Musik machen und Geld verdienen. Der Micky wor schäl op de Auge, und Bubi und ich haben verweigert, so richtig mit Verhandlung.“ Auch dank der Tipps von Schlagzeuglehrer Asselborn kam man damit durch.
„Wir wurden gerne gebucht, weil wir sehr flexibel waren“
Die Band erweiterte sich um Gitarrist Andreas Pizarro, der aber relativ schnell durch Bodo Schulz ersetzt wurde. Das war Ende 1979. Schulz (Jahrgang 1950) leugnete sein Alter und stellte sich vor mit den Worten: „Ich bin Notist.“ Vorholt erzählt: „Ich habe Buddhist verstanden und gesagt, mit Kirche hätten wir nix am Hut.“ Und Noten lesen können sei auch eher kein Argument. Trotzdem habe man ihn vorspielen lassen. „So schwieriges südamerikanisches Zeug, wie ‚Tico, Tico amorada‘ – eigentlich unspielbar. Bodo setzte die Brille auf und spielte die ganzen Fliegenschisse so runter. Krass.“ Fehlte nur noch ein Bassist.
Über Tommy Engel kam man an Bela Pursch, der später durch Klaus Lückerath ersetzt wurde. Die Band spielte jetzt jedes Wochenende, jeder Auftritt dauerte fünf bis sieben Stunden. „Wir wurden gerne gebucht, weil wir sehr flexibel waren“, sagt Bubi Brühl. „Erst was Ruhiges zum Sektempfang, dann was Leichtes zum Essen, irgendwann sollte getanzt werden. Die Leute fragten nicht nach Interpreten und Songs, sondern nach Standards, also Samba oder so. Drei Nummern und dann Pause, was viele gemacht haben, gab es bei uns nicht.“
„Wir haben auch mal zwei Stunden durchgespielt“
Vorholt ergänzt: „Wir haben die in Stimmung gebracht und dann auch mal zwei Stunden durchgespielt. Die Wirte fanden das super. Pro Mann und Stunde gab es 100 Mark, das war viel Geld. Beim 50. Geburtstag vom Chef vom Phantasialand haben wir zehn Stunden gespielt, das hat sich richtig gelohnt.“ Trotz des Erfolges entstand zunehmend der Wunsch, eigene Musik zu machen.
Zur Serie
1983 gründeten Bubi und Micky Brühl, Klaus Lückerath, Bodo Schulz und Detlef Vorholt die Paveier. Zum 40-jährigen Bestehen blicken wir auf Episoden aus der Bandgeschichte zurück. In der zweiten Folge lesen Sie kommende Woche: „Die Paveier starten durch.“