- In unserer Serie „Dom Geheimnisse“ berichtet Barbara Schock-Werner spannende Anekdoten und interessante Hintergründe rund um den Kölner Dom.
- Das älteste Exponat der Domschatzkammer ist auch eine bedeutende Reliquie: der Petrusstab.
- Doch wie kam der Petrusstab eigentlich nach Köln?
Köln – Seit einigen Wochen ist die Domschatzkammer nun wieder für Besucher geöffnet. Ich nehme das zum Anlass, Ihnen dieses wunderbare Museum mit einigen ganz besonderen Exponaten vorzustellen. In der „Heilstumskammer“ im Erdgeschoss zum Beispiel sind all jene Objekte aus den Kunstbeständen des Doms ausgestellt, die Reliquien enthalten – oder selber welche sind.
Die Fronten der Schränke stammen selbst aus dem Dom und sind mittelalterlichen Ursprungs. Dahinter waren die meist anonymen Reliquien aufbewahrt. Die bedeutendsten und ältesten Stücke dieser Sammlung sind die Petrus-Reliquien. Erzbischof Bruno (925 bis 965) soll laut seinem Biografen den Wanderstab des Apostels von Metz nach Köln gebracht haben. Der Legende nach wurde der heilige Maternus, Schüler des Petrus und erster Kölner Bischof, durch die Berührung mit diesem Stab wieder zum Leben erweckt, nachdem er auf einer Missionsreise nach Gallien vor Erschöpfung tot umgefallen war. Das Instrument dieser wundersamen Reanimation durfte Maternus anschließend behalten.
Die wichtigste Reliquie nach den Heiligen Drei Königen
Der Petrusstab war ein wichtiges Unterpfand für die „apostolische Sukzession“ der Kölner Bischöfe, also die unmittelbare, ununterbrochene Herleitung ihres Amtes von Petrus als dem ersten Bischof Roms, und damit auch wichtig für ihre religiöse und politische Vorrangstellung im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. Der Petrusstab war deshalb die wichtigste Reliquie im Domschatz vor der Überführung der Heiligen Drei Könige nach Köln im Jahr 1164.
Lassen wir einmal die – sehr dezent formuliert – historisch nicht so ganz präzise fromme Überlieferung beiseite. Nach heutigen Maßstäben muss man sie als glatte Fälschung bezeichnen: Schon die Lebensdaten der beteiligten Herren passen leider nicht so wirklich gut zusammen: Petrus starb wohl im Jahr 64 während der Christenverfolgung durch Kaiser Nero. Von Maternus ist ein Todesdatum nach 314 anzunehmen.
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Was dann aber noch vom „Petrusstab“ übrig bleibt, ist immer noch eindrucksvoll genug: Der einfache Holzstab, zur Zierde mit einem mehrfach gestuften, gedrechselten und kugelförmig endenden Elfenbeinknauf aus dem 4. Jahrhundert versehen, ist das einzige aus der Antike erhaltene Beispiel eines römischen Konsular-Szepters. Dieses kaiserliche Herrschaftszeichens ist auf antiken Elfenbeintafeln häufig dargestellt. Die Metallmanschette mit Herzblättern stammt immerhin auch schon aus dem 8. Jahrhundert, die gravierten Puttenköpfe kamen im 16. Jahrhundert dazu.
Die bedeutende Reliquie erweckte natürlich das ganze Mittelalter hindurch Begehrlichkeiten. Den Wünschen, auch einen Teil davon abzubekommen, konnte sich das Kölner Domkapitel offenbar nicht immer entziehen. So wurde am Ende des 10. Jahrhunderts ein Teil des Petrusstabs nach Trier abgegeben, wo Maternus auch tätig gewesen war. Mit einer goldenen Hülle versehen, findet sich dieser Abschnitt heute im Domschatz von Limburg.
Kaiser und Reliquiensammler
Kaiser Karl IV. (1316 bis 1378) war ein sehr engagierter Reliquiensammler und brachte viele Reliquien in der eigens dazu gebauten Burg Karlstein bei Prag zusammen. Eigenhändig soll auch er ein Stück vom Petrusstab abgesägt und dieses, natürlich in einer Goldhülle, dem Prager Dom geschenkt haben, wo sich die Reliquie bis heute befindet.
Zu den Kölner „Heiltümern“ gehören auch drei Glieder der Eisenkette, mit denen der Apostel Petrus während seiner Kerkerhaft in Rom gefesselt war. Die ganze Kette wird in der römischen Basilika San Pietro in Vincoli aufbewahrt. Das Ansehen des Erzbistums Köln und seines Erzbischofs war im 10. Jahrhundert offenbar so groß, dass Bruno nicht nur – wie an sich üblich – ein kleines Stückchen der Kette für die Kölner Kirche erbitten konnte. Er kam mit drei ganzen Gliedern zurück. Hochwertigere Reliquien waren für das Bistum unter dem Patronat des Apostelfürsten nun schwerlich denkbar. In einem goldenen Schaugefäß sind sie bis heute hinter Bergkristall zu bewundern.