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Kölner GenossenschaftEnergiegewinner leitet Insolvenzverfahren ein – 2800 Mitglieder betroffen

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Vorstand Hubert Vienken (l.) und Gründer Kay Voßhenrich mit einem PV-Modul vor einem Kleintransport der Genossenschaft.

Die Kölner Genossenschaft Energiegewinner zog im Sommer zum neuen Standort auf der Aachener Straße um.

Noch im Sommer lobte die Kölner Genossenschaft Energiegewinner den Aufschwung in Folge neuer Solar-Gesetze. Jetzt droht die Zahlungsunfähigkeit.

Die Kölner Genossenschaft Energiegewinner hat einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt. Das geht aus einer Mail an die Mitglieder hervor, die der Redaktion vorliegt. Grund für den Schritt sei „die drohende Zahlungsunfähigkeit aufgrund der schleppenden Finanzierung für unser Großprojekt in Bad Rodach“. Betroffen dürften 2800 Mitglieder sein. Energiegewinner ist eine der größten Genossenschaften für Solarenergie in Deutschland.

Im bayrischen Bad Rodach bei Coburg hatte die Energiegenossenschaft in Kooperation mit dem Automobilzulieferer Valeo erst im August einen 2,7 Millionen teuren und 1,7 Hektar großen Solarpark eröffnet. Angedacht war, dass Bürgerinnen und Bürger insbesondere aus Bad Rodach die Anlage als Mitglieder der Bürgerenergiegenossenschaft mitfinanzieren. Zu den Hintergründen hieß es auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Vergleichbare Projekte haben wir in der Vergangenheit problemlos mit Banken und Mitgliedern finanziert. In diesem Fall fehlt uns – auch bedingt durch die Entwicklung von Inflation und Zinsen – ein wesentlicher Teil der geplanten Mitglieder- und Crowdfinanzierung. An der Refinanzierung wird zurzeit mit Hochdruck gearbeitet.“

Kölner Genossenschaft Energiegewinner: Insolvenzverfahren

Zuständig ist das Amtsgericht Köln. Am 30. November wurde das Verfahren eröffnet und ein Insolvenzverwalter beauftragt. Er bespricht das weitere Vorgehen mit dem Vorstand, dem Aufsichtsrat und den 19 Mitarbeitenden. Dabei stehe die Fortführung der Genossenschaft im Fokus, heißt es in dem Schreiben. Die Energiegewinner schrieb auf Anfrage: „Die 19 Festangestellten unserer Genossenschaft bleiben weiterhin beschäftigt und erhalten ab sofort ihren Lohn in Form von Insolvenzgeld. Wir führen den Geschäftsbetrieb zurzeit uneingeschränkt fort.“

Alles zum Thema Amts- und Landgericht Köln

Energiegewinner wurde 2010 in Köln gegründet. Das Modell der Genossenschaft sieht den Verkauf einzelner Module größerer Photovoltaikanlagen-Anlagen auf Schul- oder Unternehmensdächern vor. Die Käufer verpachten das Modul zurück an die Genossenschaft, die für sie den Strom einspeist. Mitglieder von Energiegenossenschaften in Deutschland sind zu 95 Prozent Privatpersonen.

Ein Insolvenzverfahren einer Genossenschaft hat auch Auswirkungen auf Privatpersonen, die in sie investiert haben. Bei drohender Insolvenz dürfen keine Anteile mehr ausgezahlt werden. Kündigen Mitglieder nun, verfallen ihre Anteile. Eine gute Nachricht für die Mitglieder der Energiegewinner ist, dass keine Nachschusspflicht besteht. Energiegewinner darf also keine weiteren Investitionen von ihnen verlangen. Ginge die Genossenschaft tatsächlich insolvent, verlören die Mitglieder ihre Einlage – aber maximal diese.

Ausbauraten von Solarenergie stiegen wieder an

Die Genossenschaft bat die Mitglieder, weitere Entwicklungen abzuwarten. Das Informationsschreiben verweist auf die Rubrik auf der Webseite, zu der nur Mitglieder gelangen. Dort würden häufige Fragen beantwortet.

Energiegewinner gründete 2017 ein Tochterunternehmen zur Montage und Technik, das nicht vom Insolvenzverfahren betroffen und weiterhin zahlungsfähig ist. Die Ausbauraten von Solarenergie stiegen dieses Jahr wieder an, infolgedessen sich Energiegewinner im Sommer am neu bezogenen Standort auf der Aachener Straße selbstsicher und zukunftsorientiert präsentiert hatte. Die Genossenschaft beteiligte sich nach damaliger Aussage von Vorstand Hubert Vienken mit Nachdruck an der Flächenakquise in Köln, um die seit Jahresbeginn ausgeweitete Förderung von PV-Anlagen zu nutzen.