Köln – Die Sieben-Tage-Inzidenz in Köln steigt weiterhin rasant an. Am Donnerstag lag der Wert bei 433 – und damit höher als in jeder anderen Stadt in Nordrhein-Westfalen. Im Vergleich zu Mittwoch stieg die Kennzahl um mehr als 30 Punkte. In Düsseldorf sank die Inzidenz hingegen auf 300, die Stadt liegt damit deutlich unter Köln.
Auch in Vergleich mit anderen deutschen Millionenstädten steht Köln auf den ersten Blick besonders schlecht dar: In München sank der Wert zuletzt auf 433, liegt also auf Kölner Niveau – mit gegensätzlichem Trend. Eine Datenpanne führte in München jedoch zu erheblichen Schwankungen, die dortige Meldeinzidenz gilt derzeit als eher unzuverlässig. Berlin liegt bei einem Wert von 361, Hamburg deutlich darunter bei 245.
Unklarheit beim Karnevalsauftakt
Als möglicher Grund für den erheblichen Anstieg der Fallzahlen nennen Beobachter immer wieder das Karnevalsgeschehen am 11.11. Klare Belege für oder gegen diesen Grund sind indes kaum zu finden. Die Rekonstruktion des Geschehens am 11.11. und der Folgen für die Corona-Lage stellt sich als kompliziert heraus – auch, wenn die Stadt einen Anstieg des Infektionsgeschehens ausschließen will.
Derzeit liegen 62 Covid-Intensivpatienten in den Kölner Kliniken, darunter wieder vermehrt Patienten aus dem Umland. Unter Intensivmedizinern ist derzeit Erleichterung darüber zu vernehmen, dass bislang keine erhebliche Auswirkung des Karnevalsgeschehens auf die Intensivbelastung zu erkennen ist.
Als weiterer Grund für die hohen Infektionszahlen kommt ironischerweise das vergleichsweise gut ausgestattete Kölner Gesundheitsamt infrage. Zwar kam es in den vergangenen Wochen stellenweise immer wieder an seine Grenzen. Als größtes seiner Art in Deutschland gelingt es dem Kölner Gesundheitsamt in den allermeisten Fällen jedoch, die Infektionen an die zuständigen Behörden zu melden – während viele andere Gesundheitsämter überfordert sind. Die Dunkelziffer wäre damit in Köln vergleichsweise niedrig, die gemeldete Inzidenz relativ hoch. Die Stadt kommentierte diesen Umstand am Donnerstag nicht, verwies aber im Zusammenhang mit der hohen Meldeinzidenz auf das breite Testangebot in Köln.
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach machte das Spiel des 1. FC Köln gegen Borussia Mönchengladbach, das im ausverkauften Rhein-Energie-Stadion stattfand, mitverantwortlich für den Anstieg. „Es war sicher nicht das Spiel allein. Aber es hat beigetragen. Das Spiel hätte so nie genehmigt werden dürfen“, so Lauterbach am Donnerstag. „Bisher sind keine Fälle im Zusammenhang mit dem FC-Spiel bekannt“, sagte ein Stadtsprecher dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Zudem sei aufgrund von Inkubationszeit, Abstrichzeitpunkt, Dauer der Auswertung, Übermittlung und Verarbeitung zum jetzigen Zeitpunkt nicht mit gemeldeten Infektionen, die auf das Spiel zurückzuführen sind, zu rechnen.
Besonders hohe Inzidenz bei Kindern und Jugendlichen
Getrieben wird die Inzidenz in Köln derzeit insbesondere von Kindern. Unter Fünf- bis Neunjährigen liegt die gemeldete Sieben-Tage-Inzidenz bei 1021, bei Zehn- bis 14-Jährigen bei 965. „Beim systematischen Testen in Schulen und Kindergärten lag Köln immer an der Spitze im Vergleich zu anderen Städten“, betont Thomas Preis, Vorsitzender der Kölner Apotheken. „Wo viel getestet wird, werden auch viele unerkannte Infektionen aufgedeckt“, so Preis weiter.
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„Glücklicherweise erkranken Kinder und Jugendliche nicht so heftig. Wenn Eltern gut geimpft sind, infizieren sie sich meist nicht“, ergänzt Preis, der auch Teil des Corona-Expertenrates des „Kölner Stadt-Anzeiger“ ist.
Konkret äußerte sich die Stadt zu möglichen Gründen für den erheblichen Anstieg auf Nachfrage am Donnerstag nicht. Am Freitag ist im Anschluss an die Sitzung des Krisenstabes mit einer Stellungnahme zu rechnen – und gegebenenfalls mit weiteren Regelverschärfungen.