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„Köln & Köpfe“NRW-Innenminister Reul fordert soziales Pflichtjahr für Männer und Frauen

Lesezeit 3 Minuten
Mann höheren Alters mit einem blauen Anzug, weißem Hemd und blauer Krawatte

NRW-Innenminister Herbert Reul bei der Podiumsdiskussion „Wir stärken unser Ehrenamt – unser Ehrenamt stärkt uns“ in der Fritz Thyssen Stiftung

In der Diskussionsreihe „Köln & Köpfe“ sprach Herbert Reul in Bezug auf ein Gesellschaftsjahr von einer lebensverändernden Erfahrung.

NRW-Innenminister Herbert Reul hat sich erneut dafür ausgesprochen, ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr für junge Männer und Frauen einzuführen. Dies komme dem Gemeinwesen ebenso zugute wie denjenigen, die einen solchen Dienst leisten. „Jemand, der die Erfahrung macht, sich für andere einzusetzen, wird ein anderer Mensch sein“, sagte der Christdemokrat am Dienstag im Rahmen der Reihe „Köln & Köpfe“. Das Thema der Veranstaltung, zu der die Konrad-Adenauer-Stiftung in die Räume der Fritz Thyssen Stiftung geladen hatte, lautete: „Wir stärken unser Ehrenamt – unser Ehrenamt stärkt uns.“

Das Gesellschaftsjahr könne der „stark verbreiteten Haltung“, das eigene Wohl an die erste Stelle zu setzen, entgegenwirken, sagte Reul. Freilich lasse sich eine andere Haltung nicht „erzwingen“. Schon im September 2022, auf ihrem Parteitag in Hannover, hatte die CDU beschlossen, ein soziales Pflichtjahr einzuführen. CDU-Bundestagsmitglied Serap Güler, die den Abend in Köln moderierte, argumentierte, wenn alle zum Dienst verpflichtet, also gleichbehandelt würden, gerate niemand bei seinem sonstigen Fortkommen ins Hintertreffen.

Ehrenamtliche retten jeden Tag Leben.
Herbert Reul, Innenminister von Nordrhein-Westfalen

Doch im Zentrum des Abends stand der freiwillige Dienst. Zwar sei es schwieriger geworden, dafür Leute zu gewinnen, doch noch immer sei die Zahl der ehrenamtlich Engagierten bemerkenswert hoch, sagte Reul. Beim Brand- und Katastrophenschutz machten sie mehr als 80 Prozent der Kräfte aus: „Ehrenamtliche retten jeden Tag Leben.“ Sie seien Vorbilder für Kinder und Jugendliche und „eine der zentralen Säulen unserer Gesellschaft“.

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Die große Einsatzbereitschaft in der Bevölkerung habe sich beispielhaft bei der Flutkatastrophe in NRW im Jahr 2022 gezeigt, als unzählige Ehrenamtler und „Spontanhelfer“ Hand in Hand gearbeitet hätten. Studien zur Motivation hätten ergeben, dass Finanzielles nachrangig sei; weitaus wichtiger seien die Freude zu helfen und das Erleben von Gemeinschaft.

Diskussionsreihe „Köln & Köpfe“: Auch Freiwillige Feuerwehr spricht sich für Pflichtjahr aus

Brandinspektor Sebastian Fuhrt, stellvertretender Sprecher der Freiwilligen Feuerwehr Köln, bestätigte, Zusammenhalt, „gelebte Kameradschaft“ habe einen hohen Wert, neben dem „tollen Gefühl, wenn man jemandem geholfen hat“. Ein Pflichtjahr habe unter anderem den Vorteil, dass die Ausbildung „kompakter laufen“ könne.

Nicolas Hefner, Landesbeauftragter des Technischen Hilfswerks (THW) für NRW, das überwiegend aus Ehrenamtlern besteht, bezeichnete diese als „top ausgebildete Profis“. Auch er konnte einer Verpflichtung etwas abgewinnen, denn so könnten Menschen erreicht werden, die sonst „durch das Raster fallen“. Gleichwohl blieb er skeptisch, zumal er in seinem Umfeld erlebe, dass sich viele bereits im Bundesfreiwilligendienst engagieren.

Bei der Frage, wie sich das Ehrenamt propagieren lässt, kamen wiederholt die Schulen ins Spiel, neben Tagen der offen Tür und anderen Informationsveranstaltungen. Mehrfach zur Sprache kam, dass sich ausgerechnet diejenigen, die anderen helfen, Anfeindungen bis hin zu Gewalt ausgesetzt sehen. Dazu äußerte sich vor allem Andrea Wommelsdorf, Initiatorin des Projekts „Der Mensch dahinter“; Auslöser für die Gründung der Initiative war die „Stuttgarter Krawallnacht“ 2020. Die Bestrafung der Täter reiche nicht aus, sagte Wommeldorf. Nötig seien Prävention und eine Stärkung des Respekts.