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Diskussion mit InnenministerHerbert Reul ist beeindruckt von Burscheider Gesamtschülern

Lesezeit 3 Minuten
Menschen auf Bühne

Herbert Reul mit Schülerinnen und Schülern an der Johannes-Löh-Gesamtschule in Burscheid.

In der Johannes-Löh-Gesamtschule fand eine Fragestunde mit dem NRW-Innenminister statt.

Gleich die erste Frage dreht sich um Weihnachtsmärkte. „Können und sollen wir weiter beruhigt auf Weihnachtsmärkte und andere Feste gehen?“, fragt ein Schüler der Johannes-Löh-Gesamtschule  Innenminister Herbert Reul. Dass diese Frage vielleicht nicht nur auf den jüngsten Ereignissen aus dem fernen Magdeburg und dem nahen Solingen beruht, sondern auf einer noch viel näheren Erfahrung der Burscheider Jugendlichen, wird nicht thematisiert: 2023 hatte Edris D., ein Schüler der Burscheider Gesamtschule, Anschlagspläne gegen den Opladener Weihnachtsmarkt geschmiedet. Im vergangenen Sommer wurde der damals 16-Jährige dafür zu vier Jahren Haft verurteilt. 

Eine einfache Antwort auf diese Frage kann der NRW-Innenminister nicht geben. „Ordnungsämter und Verfassungsschutz tun sehr viel, um Veranstaltungen, so gut es geht, zu schützen“, sagt Reul. Zufahrten zu Veranstaltungen könnten temporär gegen Terroristen in Autos geschützt werden. „Aber ich will keine Gesellschaft voller Betonklötze haben.“ Auch gegen Messerattacken gebe es keine absolute Sicherheit: „Wollt ihr, dass am Eingang jeder Veranstaltung Detektoren wie am Flughafen stehen?“, fragt Reul. „Ich nicht.“ Aber auch wenn das abstrakte Risiko, dass irgendwo etwas passiere, durchaus hoch sei, gilt das nicht im Hinblick auf einzelne Veranstaltungen: „Also ja, wir sollten weiter dorthin gehen“. Und uns unsere Freiheit nicht nehmen lassen.  

Die erste und wichtigste Maßnahme gegen Rechts- und Linksextremismus und auch gegen Ausländerkriminalität ist für den Innenminister: Aufklärung. Auch dafür ist er an die Gesamtschule gekommen. Nach einer Botschaft an die Jugendlichen gefragt, sagt er: „Nein, Botschaften sind das Schlimmste, die Welt ist zu kompliziert dafür.“ Aber eine Bitte habe er an die Schülerinnen und Schüler: „Seid politisch interessiert und mischt Euch ein! Wenn Euch etwas nicht passt, schaut nicht weg. Und stellt weiter Fragen.“ 

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Volle Schulaula

Die Aula der Schule war für den Besuch von Herbert Reul bis auf den letzten Platz gefüllt

Der Leichlinger Politiker ist „echt überrascht über die tollen Fragen“, die von den Jugendlichen des Leistungskurses Sozialwissenschaft und aus dem Publikum kommen. Ob er für Aufrüstung sei? „Ich hätte mir vor ein paar Jahren selbst nicht vorstellen können, dass ich mal dafür sein würde. Aber ja.“ Auch die Wiedereinführung der Wehrpflicht würde er nicht mehr ablehnen, grundsätzlich glaube er, dass es sinnvoll wäre, wenn sowohl junge Männer als auch Frauen sich nach der Schulzeit in irgendeiner Weise für den Staat engagieren würden. Was er von der wohl anstehenden Großen Koalition in Berlin erwarte? „Es müssen sich jetzt alle zusammenreißen und das hinkriegen. Immer mehr Menschen wählen schräge Parteien, weil die Politik nicht geliefert hat. Das muss sich jetzt ändern.“ 

Treffen in Altenberg

Eine Frage, die in ihrem Leistungskurs fast täglich gestellt werde, ist die nach einer möglichen EU-Mitgliedschaft der Türkei, sagt eine Lehrerin und gibt die Frage an den Innenminister weiter. „Ich habe das früher für möglich gehalten und fände es auch sinnvoll, gerade, wenn die USA als Partner für Europa ausfallen“, sagt Reul. Aktuell sehe er dafür aber keine Basis: „Die jetzige Regierung passt nicht zu den demokratischen Grundwerten der EU.“ 

Tatsächlich gehe sein Besuch an der Gesamtschule auf einen Weihnachtsmarkt zurück, aber nicht im Zusammenhang mit den Anschlagsplänen von Edris D., sagt Reul. „Ich war in Altenberg auf dem Weihnachtsmarkt und habe dort eine Lehrerin getroffen, die mit Schülern lebhaft politisch diskutiert hat.“ Daran habe er sich kurz beteiligt, dann habe die Lehrerin gesagt: „Mit Ihnen könnten wir mal ausführlicher diskutieren.“ Das habe er dann zugesagt. „Mein Büro hasst es, wenn ich solche Termine mache“, sagt Reul zum Abschied lachend. „Aber ich halte das für gut investierte Zeit.“