Köln – Dieses Mal war alles ganz anders: Die Stadt hatte zur Bürgerinformation über das Drogenkonsummobil geladen, das Anfang Dezember nahe dem Neumarkt seine Arbeit aufnehmen soll – und der Eklat blieb aus: Keine wütenden Anwohnerproteste, keine Polemiken gegen suchtkranke Menschen, stattdessen konstruktiver Dialog, gegenseitiges Zuhören, ruhig vorgetragene Forderungen. Dabei hat sich die Ausgangslage am Drogen-Hotspot Neumarkt seit Mai 2017 nicht wesentlich geändert.
Damals, beim ersten Infoabend zum geplanten Drogenkonsumraum in der Thieboldsgasse, hatte sich der Frust von Anwohnern, Geschäftsleuten und Immobilienbesitzern über die Zustände explosionsartig entladen. Diese fühlen sich angesichts von Drogenhandel, Spritzen im Gebüsch, Exkrementen in den Hauseingängen und lautstarken Streitereien von der Stadt allein gelassen.
Mobile Suchthilfeangebot am Kölner Neumarkt
Knapp 50 Leute waren der Einladung zum Infoabend gefolgt – deutlich weniger als vor zweieinhalb Jahren – der dieses Mal in der Kirche St. Peter stattfand. Mit gutem Grund, denn die Innenstadt-Gemeinde hat den Platz vor ihrer Kirche zur Verfügung gestellt, damit das mobile Suchthilfeangebot endlich starten kann.
Natürlich habe es im Gemeinderat Diskussionen gegeben, auch Ängste, ob man sich das Konsummobil direkt vor die Tür holen solle, berichtete Hausherr Pater Stephan Kessler. „Aber das Votum war schließlich einstimmig. Wer, wenn nicht eine Kirchengemeinde, soll einen solchen Ort zur Verfügung stellen?“ Außerdem sei der versteckt liegende Cäcilienhof schon jetzt ein Konsumort.
Dixie-Klos sind bereits da
Zwei Dixie-Klos sind bereits aufgebaut, ab dem 3. Dezember sollen zwei umgebaute Transporter – einer mit vier Konsumplätzen, der andere mit einem Beratungsangebot – auf dem Cäcilienhof stehen. Zunächst lediglich montags bis freitags von 10 bis 16 Uhr, denn noch fehlt das Personal, um das Angebot wie geplant zwölf Stunden zu öffnen. „Wir hoffen, dass wir ab Februar voll arbeitsfähig sind“, sagte Gesundheitsamtsleiter Johannes Nießen. Geht es nach seiner Vorstellung, soll das Mobil 2021 von einem stationären Konsumraum im Innenhof des Gesundheitsamts abgelöst werden, bevor dieser frühestens 2022 in sein endgültige Domizil in der heutigen Substitutionsambulanz an der Lungengasse umziehen kann.
Der erst im Sommer angetretene neue Leiter des Gesundheitsamts machte keinen Hehl daraus, dass Köln beim Thema Konsumräume das Schlusslicht bildet. „Mit nur drei Konsumplätzen hat Köln die rote Laterne.“ Hamburg habe 48 Plätze, Dortmund 23, Düsseldorf zehn. Dass Nießen jetzt aufs Tempo drückt, stieß auch bei den Vertretern von Polizei und Ordnungsamt auf dem Podium auf Zustimmung. „Wenn wir den Konsum kanalisieren, sorgt das für eine Entschärfung des Brennpunkts am Neumarkt“, sagte Michael Thiemann, Leiter der Polizeiinspektion Innenstadt. Und Stefan Lehmann, der das Konsummobil für das Gesundheitsamt leiten wird, ergänzte: „Hauptziel ist es, den Konsum illegaler Drogen von der Straße weg zu verlagern.“
Auch wenn sich die Emotionen inzwischen etwas gelegt haben: Anwohner und Geschäftsleute machten deutlich, dass sie dem Projekt nach wie vor skeptisch gegenüber stehen. „Die Stadt muss jetzt beweisen, dass der Konsumraum tatsächlich zu einer Befriedung des Umfelds führt“, sagte Walter Schuch von der Bürgerinitiative „Zukunft Neumarkt“.
Angesichts der Personalknappheit bei Polizei und Ordnungsamt äußerten viele der Anwesenden Zweifel, dass die Belastungen für sie tatsächlich abnehmen werden. Gerade nachts und am Wochenende sei oft niemand zu erreichen, wenn es Probleme gibt. „Gehen Sie endlich konsequent gegen die Dealer auf dem Neumarkt vor“, forderte ein Anwohner.
Die Stadt will die Betroffenen künftig durch regelmäßige Gespräche einbinden, der erste Termin ist für den 9. Dezember geplant. „Wir werden am Runden Tisch gemeinsam überprüfen, ob der Konsumraum funktioniert“, versprach Nießen den Anwesenden.