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Armbrust-Angriff im TreppenhausHalber Millimeter bewahrt Kölner vor dem Tod

Lesezeit 4 Minuten
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Der Angeklagte beim Prozessauftakt im Landgericht mit seinem Verteidiger Gottfried Reims.

Köln – Ein banaler Streit unter Nachbarn hat in einem Mehrfamilienhaus in Buchheim offenbar zu einem beinahe tödlich verlaufenen Angriff mit einer Armbrust geführt. Seit Dienstag muss sich ein 32-jähriger Familienvater vor dem Kölner Landgericht verantworten. Über seinen Verteidiger Gottfried Reims legte der Mann zwar ein Geständnis ab, sagte aber gleichzeitig, sich aufgrund Drogen- und Alkoholkonsums kaum mehr an den Vorfall aus dem vergangenen August zu erinnern.

Kölner sagte: „Stell dich an die Wand wie ein Mann“

Laut Staatsanwaltschaft war der Angeklagte im Treppenhaus auf den Freund seiner Nachbarin getroffen. „Stell dich an die Wand wie ein Mann“, habe er seinem Gegenüber gesagt, dann die Armbrust an dessen Brust gehalten und abgedrückt. Etwa fünf Zentimeter war der Pfeil daraufhin in den Brustkorb des Mannes eingedrungen, wie durch ein Wunder wurde der Herzbeutel nur ganz leicht perforiert. „Ein halber Millimeter tiefer“, so die Anklage, dann wäre der Mann verstorben.

Nach der Attacke habe der Hausbewohner seinem Opfer noch gegen die Schulter getreten und gesagt: „Verpiss dich.“ Der Verletzte hatte den Pfeil danach selbst aus der Brust gezogen und vor dem Haus den Notarzt alarmiert. Er kam auf die Intensivstation der Uniklinik, nach einer Woche durfte er das Krankenhaus verlassen. Da nur die Hülle des Herzens getroffen worden sei, so hatten es die Ärzte gegenüber dem Patienten formuliert, sei eine Operation nicht nötig gewesen.

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Angeklagter habe sich subjektiv bedroht gefühlt

„Subjektiv fühlte er sich bedroht“, hatte Verteidiger Reims das Handeln seines Mandanten erklärt, dem in einem anderen Verfahren auch Drogenhandel aus seiner Wohnung heraus vorgeworfen wird. Er habe nur zwei Gestalten im Treppenhaus wahrgenommen und sich daher bewaffnet. Nach dem Angriff sei er zur Besinnung bekommen, habe dem Nachbarn noch Hilfe angeboten. Dennoch war der Täter geflüchtet. Später hatte er sich bei seinem Anwalt gemeldet, zusammen ging man zur Polizei.

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Das Opfer (26) stellte den Sachverhalt etwas anders dar. Er habe bei seiner Freundin im vierten Stock geklingelt, die aber nicht direkt geöffnet habe. Dann er sei mit einem Mann ins Haus gelangt, offenbar ein Bekannter des Angeklagten, der im ersten Stock wohnte. „Sie haben sich umarmt“, sagte das Opfer im Zeugenstand. Dann habe der Angeklagte seinen Kumpel zum Spaß mit der Armbrust bedroht – um dann kurz darauf ihn selbst ins Visier zu nehmen.

Psychische Folgen wiegen schwer

„Das war so ein Schlag auf die Brust“, beschrieb das Opfer den Moment der Attacke. Dann habe er den Pfeil in seinem Körper stecken gesehen. Hinterher sei ihm bewusst geworden, dass nur das Aufsetzen der Armbrust verhindert habe, dass der Pfeil noch tiefer eingedrungen sei, was wohl sein Todesurteil bedeutet hätte. Körperlich sei alles verheilt, doch ihn plagten Alpträume und Schwitzattacken. Er sei in psychiatrischer Behandlung, um dieses Trauma zu verarbeiten.

„Es ist vielleicht ein schwacher Trost“, setzte die Vorsitzende Richterin Jennifer Otten an, „aber am Ende des Tages haben Sie auch viel Glück gehabt, vielleicht sollten sie sich darauf konzentrieren.“ Glück hatte aber auch der Angeklagte. Die Staatsanwaltschaft hat ihn lediglich wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt, wohl wegen des sogenannten Rücktritts von versuchtem Mord oder Totschlag. „Für mich war das ein versuchtes Tötungsdelikt“, sagt Opfer-Anwältin Funda Bicakoglu. Hier wäre der Strafrahmen höher.

Nachbar habe ihn auf dem Kieker gehabt

Das Opfer berichtete auch, dass der Nachbar ihn wohl schon länger auf dem Kieker gehabt habe. Der Zeuge habe sich Monate zuvor in einen Streit seiner Freundin mit der Ehefrau des Angeklagten eingemischt. Stein des Anstoßes war, dass die Nachbarin im Treppenhaus geraucht haben soll. „Wir trauen uns gar nicht mehr in die Wohnung“, sagte die Freundin des Opfers im Zeugenstand, die eine fünfjährige Tochter hat. Man wolle so schnell wie möglich umziehen, ganz weg aus Buchheim.

Den vom Angeklagten beschriebenen Drogen-Blackout zum Tatzeitpunkt bestätigten die Zeugen nicht. Der Mann habe auch nach der Tat noch klar mit ihnen kommuniziert und sogar abgestritten, der Schütze gewesen zu sein. „Es tut mir von Herzen leid, ich habe jeden Tag für dich gebetet, dass du nicht über den Jordan gehst“, sagte der Angeklagte, während das Opfer ihn keines Blickes würdigte. Die Entschuldigung wollte er nicht annehmen. Der Prozess wird fortgesetzt.