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Debatte um VerbotszonePolizei zählt dieses Jahr bisher 418 Messer-Angriffe in Köln

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Die Spurensicherung am Tatort in Bickendorf. Die Obduktion ergab, dass das Opfer mit einem spitzen Gegenstand erstochen wurde.

Köln – Der Überfall dauert nur Sekunden: Auf einem Feldweg nahe der Autobahnunterführung an der Johannesstraße in Pesch tritt der Täter am Mittwochmorgen gegen 5.15 Uhr an einen 19-jährigen Fußgänger heran, bedroht ihn mit einem Messer und verlangt Geld. Das Opfer gehorcht, der Räuber läuft in Richtung Lindweiler davon. Die Polizei fahndet jetzt nach dem 1,85 Meter großen Mann, der Jeans trug, ein schwarzes Basecap und einen Ring am rechten Ringfinger.

Insgesamt 418-Mal zogen Menschen in Köln dieses Jahr ein Messer, um einen Raub zu begehen, eine Körperverletzung oder eine Bedrohung – oder einen Totschlag. 497 Fälle mit dem „Tatmittel Messer“ zählte die Polizei im gesamten Vorjahr, 2019 waren es 546. Der Rückgang dürfte auch durch die monatelangen Lockdowns der vergangenen beiden Jahre zu erklären sein, in denen auch das Nachtleben auf den Partymeilen brach lag. Hinzu kommt ein gewisses Dunkelfeld, denn nicht alle Taten werden angezeigt.

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Selten stachen die Angreifer zu, meistens diente ihnen das Messer nur dazu, ihr Opfer einzuschüchtern. Auf dem Rochusplatz in Bickendorf allerdings wurde am Montagmorgen ein 25-Jähriger im Streit vor einer Diskothek erstochen, der Täter wurde noch nicht gefasst. Und Ende Juli endete eine Auseinandersetzung unter Jugendlichen auf der Zülpicher Straße nach einem Messerstich ebenfalls tödlich. Auch in Düsseldorf häuften sich zuletzt Messerattacken auf den Amüsiermeilen in der Altstadt. Daher prüft die Landesregierung nun die rechtlichen Voraussetzungen, damit Kommunen an Brennpunkten sogenannte Waffenverbotszonen erlassen könnten.

Drei Messerangriffe auf der Zülpicher Straße in Köln

In Köln kämen etwa die Ringe in Frage oder das Zülpicher Viertel. Auf den Ringen wurde in diesem Jahr bislang 10-mal ein Messer bei Straftaten eingesetzt, im Vorjahr viermal und 2019 siebenmal. Auf der Zülpicher Straße liegen die Zahlen deutlich niedriger: drei Messerangriffe in diesem Jahr, einer im Vorjahr und drei waren es 2019. Über das Jahr verteilt registriert die Polizei die meisten Messertaten im Bereich Kalk und Porz, es folgen Mülheim und Deutz sowie die Innenstadt.

Um die Gefahren durch Messerattacken zu verringern, spricht sich die SPD in Köln für ein „schnelles Verbot jeglicher Waffen in den Bereichen aus, die von der Polizei als gefährliche Orte definiert sind“ sowie das Ausgehviertel rund um den Zülpicher Platz, sagt der ordnungspolitische Sprecher Gerrit Krupp. Unerlässlich seien aber auch präventive Maßnahmen. „Dazu gehört die direkte Ansprache der jungen Erwachsenen durch Streetworker, von denen wir dringend mehr brauchen.“

„Die Messer müssen raus aus den Taschen“

Einer davon war lange Zeit Franco Clemens. „Verbotszonen als Interimslösung sind in Ordnung. Aber die Problematik wird sich dadurch nur verlagern, nicht lösen“, sagt Clemens, der inzwischen im Düsseldorfer „Maghreb-Viertel“ Oberbilk arbeitet. „Die Messer müssen raus aus den Taschen. Wir müssen die Eltern erreichen, die Schulen. Müssen bei allen ein Bewusstsein schaffen, dass die Dinger gefährlich sind.“ Viele seien sich gar nicht darüber im Klaren, was sie mit einem einzigen Messerstich anrichten und welche Konsequenzen das auch für sie selbst hat. „Jugendliche und junge Erwachsene halten sich für unverletzlich.“

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Für Clemens spielt Medienkompetenz eine zentrale Rolle. „Hier gibt es 14-Jährige, die sich auf Whatsapp Enthauptungsvideos vom IS hin- und herschicken. Es werden militärische Killerspiele gespielt. Da fließt Blut.“ Clemens spricht von einer „Heroisierung und Desensibilisierung von Gewalt und schweren Verletzungen“. Die Grenze zwischen Spiel und Wirklichkeit verschwimme bei vielen, die Waffen säßen oft lockerer.

Barbetreiber für Waffenverbotszone an Kölner Hotspots

Auch einige Betreiberinnen und Betreiber von Bars am Zülpicher Platz und den Ringen befürworten jede Maßnahme, die das Aggressionspotenzial vor ihren Läden senken könnte. „Vom Kwartier-Latäng-Verein setzen wir uns seit Monaten für mehr Sicherheit ein. Was hier teilweise abgeht, ist eine Katastrophe“, sagt Claudia Wecker, Betreiberin des Studentenclubs „Das Ding“. Ob sie sich deshalb eine Waffenverbotszone rund um den Zülpicher Platz vorstellen könnte? „Aber hallo!“, sagt Wecker. „Ich fände auch Videoüberwachung toll.“ Auffällig sei, dass viele der Beteiligten an Messerstechereien noch minderjährig seien, so auch im Fall des getöteten 18-Jährigen auf der Zülpicher Straße. „Da hat ein Kind ein anderes Kind erstochen. Wir Betreiber haben solche Szenarien kommen sehen. Muss immer erst jemand sterben, bevor etwas unternommen wird?“

Eine Verbotszone befürwortet grundsätzlich auch Tom Thomas, der neben dem „Bootshaus“ in Deutz unter anderem auch den „Vanity“-Club auf dem Hohenzollernring betreibt. „Aber wie soll man das kontrollieren? Gibt es dann Einlassstellen an verschiedenen Stellen in der Stadt, wie am Flughafen?“