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Nur 80 ZentimeterKölner Rheinpegel steuert auf Rekordtief zu

Lesezeit 5 Minuten

Wo normalerweise das Rheinwasser steht, sitzen in Deutz nun Passanten auf dem trockenen Flussbett.

Köln – Eines der ersten Opfer des aktuellen Niedrigwassers sind die beiden Boote von Heiko Dietrich. Die Fährschiffe „Krokolino“ und „Krokodil“, die zwischen den Stadtteilen Weiß und Zündorf pendeln, ruhen seit dem Wochenende am Anleger. „Das Risiko ist zu hoch“, sagte Dietrich. Teilweise habe er im Zündorfer Bereich keine 20 Zentimeter Wasser unter dem Kiel. „Die Sicherheit der Fahrgäste geht vor.“ Ganz so schlimm ist der Ausfall für Dietrich nicht, denn im Oktober ist die Fähre ohnehin nur noch am Wochenende im Einsatz.

Köln droht am Freitag ein historisches Niedrigwasser. Am Dienstag zeigte der Pegel einen Stand von 88 Zentimetern, einer Schätzung der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes zufolge wird der Wert am Freitag auf 80 Zentimeter sinken. Damit wäre die Rekordmarke aus dem Jahr 2003 geknackt, als der Pegel 81 Zentimeter anzeigte.

Drastische Auswirkungen

Für die Binnenschifffahrt haben die seit Tagen niedrigen Wasserstände drastische Auswirkungen. Frachtschiffe können laut zuständiger Wasserschutzpolizei Duisburg nur noch 30 bis 50 Prozent ihrer üblichen Fracht laden. Ursache des historischen Tiefstands seien schlicht seit Wochen mangelhafte Regenfälle, heißt es bei den Stadtentwässerungsbetrieben. Dort rechnet man mit einem Tiefstand von 84 Zentimetern.

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Der Kölner Pegel

Kölner Pegelturm

Der Pegelturm in der Altstadt (Symbolbild)

Im Pegelturm in der Altstadt wird die Wassertiefe des Rheins für Köln angegeben. Ein Pegel von null Zentimetern bedeutet nicht etwa, dass im Rhein kein Wasser vorhanden ist. Zum Pegelstand kommt in der Fahrrinne mindestens ein Meter Wasser, so das sich bei einem Stand von 80 Zentimetern, wie er für Freitag erwartet wird, insgesamt noch 1,80 Meter Wasser in der Fahrrinne des Flusses befinden.Normalerweise hat der Rhein in Köln einen Pegel von 3,21 Metern. Von Hochwasser spricht man ab 4,2 Metern. Erste Einschränkungen für die Rheinschifffahrt gelten ab 6,2 Metern, ab 8,3 Metern muss der Verkehr auf dem Fluss vollständig eingestellt werden. Der Rekord-Hochwasserwert wurde 1995 mit einem Pegel von 10,69 Metern erreicht, der bisherige Tiefststand 2003 mit 81 Zentimetern. (ris)

Ein Schiff, das normalerweise 3000 Tonnen lädt, habe derzeit nur noch 800 Tonnen an Bord, sagt Ramon van der Maat von der Wasserschutzpolizei. Dementsprechend mehr Schiffe führen derzeit auf dem Rhein. Die zusätzlichen Fahrten könnten aber noch bewältigt werden, so van der Maat. „Die Schiffer müssen nur höllisch aufpassen, wenn sie an den Rand der Fahrrinne geraten.“ Weil es keine Regelung gebe, bis wann ein Kapitän sein Schiff bei Niedrigwasser fahren lassen darf, müssten die Binnenschiffer selbst die Verantwortung übernehmen.

Einer von ihnen ist Jürgen Collée. Man erreicht ihn am Telefon in Karlstadt am Mittelmain, wo er ein Schiff gerade mit Zement belädt, um es anschließend als Lotse nach Moerdijk in den Niederlanden zu begleiten. 2450 Tonnen fasst das Schiff, mit knapp 2000 Tonnen würde es üblicherweise losfahren. „Heute laden wir aber nur 630 Tonnen“, sagt Collée, der auch Sprecher der Europäischen Vereinigung der Binnenschifffahrt und seit 40 Jahren im Geschäft ist. „Niedrigwasser ist fast schlimmer als Hochwasser.“ Die geringere Fracht werde immerhin teilweise von einem „Kleinwasser-Zuschlag“ ausgeglichen, den der Warenempfänger den Binnenschiffern zahle.

Güter auf Straße und Schiene verlagert

Christian Lorenz von der Häfen und Güterverkehr Köln (HGK) berichtet, dass Waren, die zu einem bestimmten Termin geliefert werden müssten, verstärkt von Schiffen auf Schiene und Straße verlagert würden. Der HGK bereitet das derzeit keine Probleme, da sie mit der Rheincargo auch Güterzüge betreibe. Auch die HGK-Rheinfähre von Langel nach Hitdorf fährt derzeit.

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Eingestellt hat dagegen die Köln-Düsseldorfer Rheinschifffahrt (KD) seit Dienstag die sogenannten Panorama-Routen von Koblenz nach Mainz und von Köln ins Siebengebirge und zurück. „Das Wasser ist extrem gefallen, wir gehen kein Risiko ein“, sagt Sprecherin Nicole Becker. Wirtschaftlich sei die Aussetzung des Fahrbetriebs kein harter Schlag für das Unternehmen. „Die Saison wäre aber in einer Woche ohnehin vorüber gewesen.“ Der warme Sommer habe diese kleine Delle im Geschäft mehr als ausgeglichen. Nicht betroffen sind übrigens die Stadtfahrten der KD in Köln und Düsseldorf, die weiterhin durchgeführt würden.

Auch Flora und Faune werden beeinflusst

Auch Flora und Fauna werden von dem Tiefwasserstand im Rhein beeinflusst. Denn weil das Licht besser auf den Grund in den Randbereichen des Flusses gelange, könnten sich die Algen besser vermehren, erläutert Georg Becker von der Ökologischen Rheinstation der Universität Köln. Dieses Phänomen sorge dafür, dass sich Kleinkrebse und Schnecken schneller als üblich vermehrten. Umkippen könne ein so großes Gewässer wie der Rhein allerdings nicht.

2003 führte der Rhein ähnlich wenig Wasser im Flussbett wie derzeit. Mit 81 Zentimetern toppte er die bis dahin gültige Rekordmarke aus dem Jahr 1947 von 83 Zentimetern. Vor 25 Jahren hatte das Niedrigwasser zu einer Havarie des Ausflugsschiff „Loreley“ geführt, bei der 41 Menschen verletzt wurden. Auch die „Wappen von Köln“ touchierte den Flussboden, konnte sich aber aus eigener Kraft befreien. Bei Godorf lief ein mit 390 Tonnen Öl beladener Tanker auf Grund. Das vergleichsweise seichte Wasser gab schon damals einen unschönen Blick frei auf Müll, den Passanten in den Fluss geworfen hatten: Fahrräder, Autowracks, Tresore, Stühle, Tische und Kühlschränke und vieles mehr kamen zum Vorschein.

40 Radleichen am Deutzer Ufer

Das ist heute kaum anders. Stephan Blißenbach, Inhaber einer Sanitärfirma, kam am Sonntag bestürzt von einem Spaziergang zurück. „An der Hohenzollernbrücke habe ich mindestens 40 Fahrräder im Wasser gesehen.“ Touristen hätten die Köpfe geschüttelt, angesichts des vielen Unrats im Fluss. „Das ist doch eine Katastrophe“, sagt Blißenbach und will nun selbst Hand anlegen. Am Freitag wird er voraussichtlich mit den sechs Mitarbeitern seiner Firma die Müllräder aus dem Wasser holen. Die nötigen Genehmigungen von Wasserpolizei, Wasser- und Schifffahrtsamt sowie Ordnungsamt lägen vor. Auch Student Moritz Ebach will eingreifen: Der 22-jährige Student schlägt vor, mit einer zehn bis 15 Mann starken Gruppe am Samstag das Niedrigwasser zu nutzen, um Schrott aus dem Fluss zu ziehen.

Der Müll am Ufer des Rheins ist vielen Bürgern ein Dorn im Auge. Zum Problem tragen nicht nur die Müllsünder bei, sondern auch die Behörden. Die Stadt hält sich für die Bundeswasserstraße für nicht zuständig, der Bund kümmert sich nur um die Fahrrinne. Die Anwohner machen dagegen vor, wie man in kurzer Zeit doch etwas bewegen kann, um den lästigen Müll aus dem Fluss zu holen.