Die Rhein-Energie hat elf mögliche Standorte für Windräder in Köln definiert. Der Nabu hat Bedenken - wegen des Vogelschutzes.
„Nicht wahllos überall etwas hinstellen“Köln soll Windräder bekommen – ausgerechnet ein Umweltverband übt Kritik
Windräder kennen Kölnerinnen und Kölner bislang vermutlich hauptsächlich vom Urlaub an Nord- oder Ostsee. Doch die Stadt soll bis 2035 klimaneutral werden – und ein wichtiger Schritt auf dem Weg dahin ist die Energiewende. Windenergie soll es künftig also auch „Made in Köln“ geben. Doch ausgerechnet ein Umweltverband hat Bedenken. Scheitert der schnelle Bau von Windrädern in Köln am Ende am Artenschutz?
Nabu Köln sieht Vögel durch Windräder gefährdet
2019 hatte der Rat beschlossen, mögliche Standorte für Windenergie in Köln zu prüfen. Die Rhein-Energie hat zuletzt elf potenzielle Flächen vorgestellt (siehe Karte). Der Kölner Stadtverband des Nabu hat als Reaktion auf die Flächenanalyse der Rhein-Energie eine ornithologische, also vogelkundliche, Stellungnahme erarbeitet.
Laut dem Umweltverband könnten durch die Windräder in Köln heimische Vogelarten gefährdet sein. „Wir sind die letzten, die etwas gegen erneuerbare Energien haben – aber wir brauchen sie mit Bedacht“, sagt Bastian Rixen vom Nabu Köln. „Wir können nicht wahllos überall etwas hinstellen. Es muss genau geschaut werden, wie viel Prozent eines Lebensraums für die Windkraft entfallen würden.“
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Rhein-Energie sieht größtes Potenzial für Windpark in Chorweiler
Nicht nur Konflikte mit Anwohnerinnen und Anwohnern, auch die Fragen des Artenschutzes zeigen, wie schwierig der Ausbau erneuerbarer Energien in der Praxis tatsächlich ist. Von den elf potenziellen Standorten gibt die Rhein-Energie dem Bezirk Chorweiler die besten Chancen, um dort Windräder aufzustellen. Es handele sich um „größere, zusammenhängende Flächen, auf denen mehrere Windräder errichtet werden können“.
Auf dem Gebiet Nord I wären bis zu neun Anlagen möglich, auf Nord II immerhin noch vier. Damit wäre ein Windpark im Kölner Norden das weitreichendste Windenergie-Projekt der Stadt. An allen anderen Standorten wären laut Rhein-Energie jeweils nur ein bis zwei Windräder möglich. Ausgerechnet das größte Gebiet im Norden schätzt der Nabu allerdings als am risikoreichsten für den Artenschutz ein.
Nabu Köln: „Windenergie und Artenvielfalt müssen zusammengedacht werden“
Der Nabu befürchtet, dass die Vögel mit den bis zu 250 Meter hohen Windrädern kollidieren könnten – das nennt man „Vogelschlag“ – oder die Vögel durch die Entwertung ihres Lebensraumes verdrängt werden. „Wir müssen die Klimakrise angehen, dürfen aber nicht mit der Windenergie die Artenvielfalt zerstören“, sagt Rixen.
Die Frage ist nicht neu, was Windkraftanlagen für die Vögel in seiner Umgebung heißt. Wie viel Schutz muss sein und ab wann hindert er den Ausbau der Windräder entscheidend? Der Bundesverband Windenergie hat sich dazu auf seiner Internetseite positioniert, dort heißt es: „Vermutlich stellt der Vogelschlag an Windenergieanlagen die am stärksten diskutierte Verlustursache für Vögel dar, obwohl andere menschengemachte Faktoren folgenreicher für die jeweils betroffenen Populationen sind.
Rhein-Energie will eigenes Gutachten zu Artenschutz beauftragen
Die Rhein-Energie will sich nicht zur Frage äußern, wie sie bewertet, dass der Nabu zwar einerseits die Klimawende schaffen will, andererseits aber Windräder an einigen Stellen wegen des mangelnden Vogelschutzes skeptisch sieht. Das größtenteils städtische Unternehmen, wie auch der Umweltverband, verweisen aber auf laufende Gespräche. Die vorgestellten elf möglichen Standorte sind demnach das Ergebnis einer groben Analyse, der weitere Untersuchungen folgen sollen, die auch den Natur- und Artenschutz berücksichtigen. Ein Sprecher teilte mit: „Es ist aktuell noch viel zu früh, sich jetzt schon detailliert und konkret mit diesen Fragen auseinanderzusetzen.“
Im Kooperationsvertrag des Mehrheitsbündnisses von Grünen, CDU und Volt ist der Windkraft-Ausbau nicht notiert, ebenso nicht im Wahlprogramm der Kölner CDU von 2020. CDU-Parteichef Karl Mandl unterstützt die Position des Nabu, er sagt: „Wenn der Nabu dem allgemeinen Genehmigungsverfahren vorgreift, ist das gut. Vorgreifen bremst nicht. Klimaschutzmaßnahmen lösen stets Debatten aus, denn es kollidieren immer verschiedene Interessen. Deshalb sollten die Naturschutzorganisationen, die ebenfalls die Treibhausgasneutralität wollen, sich zu diesem Thema äußern und die Debatte bereichern.“ Mandl forderte, die Bürger vor Ort mitzunehmen, für die CDU gehöre die Windkraft dazu.
Grüne in Chorweiler haben bereits Zustimmung zu Windpark beschlossen
Auch die Kölner Grünen stehen laut dem Parteivorsitzenden Stefan Wolters mit dem Nabu in Kontakt: „Uns ist der Dialog sehr wichtig, um die Einschränkungen für Artenschutz möglichst gering zu halten. Die technischen Möglichkeiten wie Detektionssysteme, wie sie der Nabu vorschlägt, halten wir für sinnvoll, um das Risiko für Kollisionen von Vögeln mit den Windrädern möglichst gering zu halten“, sagt er. „Neben der Energiewende hat auch der Naturschutz einen hohen Stellenwert für uns.“
Für den Nabu wäre die einfachste Lösung indes, die Windräder in Industrie- und Gewerbeflächen zu platzieren. „Damit werden sie dort gebaut, wo es schon sehr große Eingriffe in die Natur gibt“, sagt Bastian Rixen.