Rechtsextremistische Pläne und eine erstarkende AfD bereiten vielen Menschen Sorge. Wie sich der „Kölner Stadt-Anzeiger“ positioniert.
Aufstehen für die DemokratieKöln setzt ein beeindruckendes Zeichen
Deutschland ist aufgewühlt. Bei vielen wächst das Unwohlsein. Sie spüren, dass Grundwerte und Prinzipien des Miteinanders ausgehöhlt werden, die sie für unverrückbar gehalten haben. Rechtsextreme Kräfte wollen die Fundamente unserer Demokratie zerstören. Parolen werden lauter, die wir aus der dunkelsten Vergangenheit dieses Landes kennen. Die AfD gewinnt an Boden, Grenzen werden überschritten, der demokratische Diskurs leidet. Legitime Proteste gegen politische Entscheidungen werden unterwandert, missbraucht und dadurch entwertet. Hass verdrängt das Verständnis füreinander. Allerdings erleben wir Köln als Stadt, in der rechtsextremes Gedankengut es schwerer hat als anderswo. Und das gilt nicht nur für Köln, sondern für die gesamte Region, den Kölner Großraum.
Sichtbares Zeichen dafür war zuletzt die Demonstration am Dienstagabend auf dem Heumarkt. Rund 30.000 Menschen kamen – es war bundesweit der größte Protest in einer Stadt seit der Veröffentlichung des Recherche-Netzwerks „Correctiv“ zum Geheimtreffen von Rechtsextremisten in Potsdam. Am Sonntag, wenn das Bündnis „Köln stellt sich quer“ zur nächsten Demo aufruft, könnten noch mehr kommen. Die großartige Botschaft: Wir stehen auf. Wir tragen Verantwortung, alle zusammen.
Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ als digitales Nachrichtenportal und Zeitung begleitet die Politik, berichtet über Licht und Schatten gesellschaftlicher Veränderung. Es zählt zu unserem Selbstverständnis als Redaktion, die Demokratie zu stärken gegen Angriffe von Rechtsaußen wie von Linksaußen. Für uns ist das gesellschaftliche Fundament unverrückbar. Es besteht aus Toleranz und Gemeinschaftssinn, nicht aus Hass und Ausgrenzung.
„Wir lieben die Vielfalt unserer Stadt, die Lebenslust, das immer etwas Chaotische, nicht ganz so Reglementierte, niemals Stubenreine, aber auch die Gastfreundschaft und Offenheit für Lebensformen, Kulturen und Sprachen, die erst seltsam anmuten und kurz darauf bereits zum Alltag gehören.“ So hieß es nach den unseligen Ereignissen der Silvesternacht 2015/16 in der vom „Kölner Stadt-Anzeiger“ mit verantworteten „Kölner Botschaft“– und spätestens jetzt ist es an der Zeit, an sie anzuknüpfen. Die Menschenfeindlichkeit darf nicht um sich greifen, die Empathie für Menschen in Not darf nicht vom Hass erstickt werden. Wir stehen an der Seite von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte, die zunehmend ins Visier von Rechtsextremen geraten.
„Köln steht auf“: Unter dieses Motto stellen wir ab sofort unsere Berichte zur Zivilgesellschaft in Köln und der Region. Sie ist das Rückgrat einer funktionierenden Demokratie. Wir berichten noch intensiver als bislang über Initiativen, die sich für eine lebenswerte, gerechte und demokratische Stadt und Region einsetzen.
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Wir wollen die Engagierten ermutigen und diejenigen informieren, die sich fragen, wie und wo sie sich einbringen können. Wir wollen Sie, liebe Leserinnen und Leser, noch stärker zu Wort kommen lassen, weil Dialog und kontroverse Diskussionen essenziell sind für die freiheitliche Demokratie. Wir werden auf spannende Veranstaltungen hinweisen und eigene Podiumsrunden veranstalten. Unser Meinungskorridor soll weit sein, solange Positionen nicht ausschließend und menschenverachtend sind. Der demokratische, mitunter auch scharf geführte Streit muss stets aufs Neue eingeübt werden, in Schulen und Kneipen, Veranstaltungssälen und anderswo.
Am Samstag veröffentlichen wir unseren siebenteiligen Podcast „Attentat am Blumenstand“. Darin geht es zum einen um das Attentat auf die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker vor acht Jahren. Es ist die Rekonstruktion des ersten Anschlags auf eine Lokalpolitikerin durch Rechtsextreme seit dem Nationalsozialismus. Der Podcast handelt aber auch davon, dass ehrenamtliche Kommunalpolitikerinnen und -politiker immer öfter massiven Bedrohungen ausgesetzt sind.
„Als Minister habe ich qua Amt Schutz der Polizei. Viele, viele andere müssen Angriffe allein abwehren, können ihre Verunsicherung nicht teilen“, hat Vizekanzler Robert Habeck jüngst gesagt. Für ihn sind Kommunalpolitikerinnen und -politiker „die Helden und Heldinnen der Demokratie“. Deren Fehler oder Schwächen darf man selbstverständlich kritisieren. Aber es ist auch wichtig, daran zu erinnern, dass ohne sie nichts liefe. Dass sie unter Bedrohungen und mitunter echten Gefahren für das Gemeinwohl arbeiten.
Die Ursachen für den Rechtsruck, für das weltweite Erstarken des Rechtspopulismus, sind vielfältig, sie sind national wie international feststellbar. Angesichts von steigender Komplexität und Brandherden auf der Welt wächst das Bedürfnis nach einfachen Antworten und Lösungen. Die aber gibt es nicht, auch wenn Parteien wie die AfD das suggerieren. Nie war es zudem leichter, Desinformation zu verbreiten. Fachleute gehen schon heute davon aus, dass die sozialen Netzwerke im Jahr 2024 auch durch die neuen Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz mit Fake News und Hetze geflutet werden. Und das in einem Jahr mit etlichen Wahlen, in denen rechtspopulistische Parteien weiter zu erstarken drohen.
Das sind zweifellos bedrückende Aussichten. Sie dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir es in der Hand haben, die Entwicklungen umzukehren. Durch Handeln. Durch Aufstehen. Durch das Eintreten für Demokratie und Freiheit. Die beste Sorge ist die, die zum Motor für Veränderung wird. Es ist noch lange nicht zu spät, die beste Demokratie, die dieses Land jemals hatte, zu verteidigen.
Die Redaktion des „Kölner Stadt-Anzeiger“
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