Köln – Von der Straße Unter Goldschmied aus bietet sich ein schöner Blick auf die Südseite des Doms. Die Stadt plant zudem, auf genau dieser Achse zwischen der Kathedrale und der Kirche St. Maria im Kapitol einen Kulturpfad – die sogenannte Via Culturalis –einzurichten. Die Gebäude entlang des Straßenzuges sollen die Geschichte Kölns sichtbar machen, so dass Touristen die Bedeutung des Ortes bewusst wird. Was der Würde der Domumgebung weniger gut zu Gesicht steht, sind die Unmengen an E-Scootern, die sich dort seit einigen Tagen aneinanderreihen. Am Montag standen zeitweise 40 der Leihfahrzeuge vor der Freitreppe, die von der Straße Am Hof am Kurienhaus vorbei auf den Roncalliplatz führt. Dabei handelte es sich vor allem um Elektro-Tretroller des Anbieters Lime, aber auch um einzelne Fahrzeuge der Konkurrenten Tier und Circ.
Wie es zu der massiven Ansammlung von E-Scootern kommen konnte, ist nicht klar. Dass die sogenannten „Juicer“, die von den Verleihern beauftragt sind, die Elektro-Roller nachts mit Strom aufzuladen, diese morgens alle an einer Stelle abladen, um Zeit zu sparen, hält Lime-Sprecherin Patricia Kurowski für unmöglich. „Die Juicer können gar nicht so viele Fahrzeuge an einem Ort abstellen“, sagte sie dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Pro Hub – also an jedem Knotenpunkt – ließen sich technisch begrenzt lediglich vier E-Scooter absetzen.
„Ich könnte mir vorstellen, dass es sich um eine Gruppenfahrt handelte, die am Dom endete. Das sieht dann sehr krass aus“, sagte Kurowski. Der Fall sei schon des öfteren aufgetreten. Wer eine solche Ansammlung von Fahrzeugen sehe, solle Lime kontaktieren. Dann würden Mitarbeiter einer Fußpatrouille ausrücken und die Elektro-Tretroller auf andere Standorte verteilen. „Wir sind daran interessiert, dass die E-Scooter eine Bereicherung sind und keine Bürde“, so Kurowski. Rund um den Dom befinde sich zudem eine rote Zone, in der die Benutzer die Fahrzeuge nicht abstellen können, weil die Software im Bordcomputer das verhindere. Lime verwarne abgesehen davon Kunden, die sich nicht an die Geschäftsbedingungen halten.
Eine offizielle Karte der Stadt, in der die Abstellverbotszonen eingezeichnet sind, belegt allerdings, dass die Fahrzeuge niemals dort hätten zurückgegeben werden dürfen. Der Bereich vor der Freitreppe zum Roncalliplatz gehört zur Bannzone, um den Dom zu schützen. Das bestätigte auf Anfrage auch die Stadtverwaltung. „Die Roller standen in der Abstellverbotszone“, sagte ein Sprecher.
Möglichst nah an den Dom
Ein Blick auf die Lime-App zeigt jedoch, dass das Unternehmen die Verbotszone etwas kleiner ausgelegt hat, so dass sich der Bereich vor der Treppe am Roncalliplatz nicht darin befindet. Kunden können die Fahrzeuge dort also abstellen, ohne von der Software daran gehindert zu werden. Darüber hinaus belegt die App, dass an der Straße Am Hof auffällig viele Fahrzeuge parken. Jeder E-Scooter wird mit Hilfe eines eigenen Symbols angezeigt. Das verstärkt den Eindruck, dass viele Kunden möglichst nahe an den Dom heranfahren und den E-Scooter in unmittelbarer Nähe der Kathedrale zurückgeben.
„Im näheren Umfeld des Doms werden derzeit verschiedene Stellplätze auf ihre Eignung als Abstellsammelplatz für E-Scooter geprüft“, sagte der Stadtsprecher am Dienstag. Weitere Informationen könne er erst am Mittwoch liefern. Die Stadt hatte das Abstellverbot für E-Scooter zuletzt im September auf die linksrheinische Fußgängerzone und das Innenstadt-Ufer ausgeweitet.
„E-Scooter dürfen keine Stolperfallen sein und das Stadtbild verschandeln“, sagte SPD-Fraktionschef Christian Joisten. Wenn die bisherigen Regelungen nicht ausreichen würden, müsse die Stadtverwaltung dringend nachbessern.
Anbieter sollen gegensteuern
„Das ist genau der Wildwuchs, den wir in der Stadt nicht haben wollen“, sagte CDU-Fraktionsgeschäftsführer Niklas Kienitz. „E-Scooter gehören vermutlich zum quirligen Treiben einer Großstadt dazu, aber wenn es dermaßen ausartet, braucht es strengere Regeln.“ Insbesondere die Anbieter seien gefordert, gegenzusteuern.
„Die Betreiber müssen hier grundsätzlich stärker in die Verantwortung genommen werden, um dafür zu sorgen, dass auch Gehwege frei bleiben und die Barrierefreiheit gewährleistet ist“, sagte Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Lino Hammer.