Mittelständische Händler stehen unter großem Druck. Nun gibt auch das „Traumkonzept“ am Friesenplatz auf.
„Traumkonzept“ am FriesenplatzWarum in Köln mehrere Betten-Fachhändler aufgeben
Die Plakate mit der Aufschrift „Räumungsverkauf“ im Fenster passen so gar nicht zum Namen des Ladens. Das Bettenfachgeschäft „Traumkonzept“ am Friesenplatz schließt. 31 lange lang beriet Juliane Borghorst zunächst am Hohenzollernring und seit 2009 dann am Friesenplatz ihre Kunden. Nun gibt sie schweren Herzens auf. Und das liegt nicht an zu wenig Umsatz. „Das Geschäft läuft gut, aber mit 62 Jahren möchte ich noch etwas anderes mit meinem Leben anfangen als Arbeiten. Einen Nachfolger habe ich trotz langer Suche nicht gefunden“, sagt sie. Denn einen eigenen Laden zu führen, sei sehr kräftezehrend. Und der Druck auf Mittelständler durch den Online-Handel und die Möbelriesen groß.
Das „Traumkonzept“ ist nicht das einzige Betten-Fachgeschäft, das zumacht. Die „Bettenwelten“ am Hansaring sind schon länger geschlossen. Und auch im „Lux 118“ an der Luxemburger Straße muss nun auch „alles raus“ wegen Geschäftsaufgabe. „Wir Händler kennen uns ja untereinander, es ist überall das Gleiche“, sagt Juliane Borghorst.
Massivholz-Betten am Friesenplatz
Die gelernte Betriebswirtin hatte eine Mission: hochwertige, nachhaltige, selbst designte Massivholz-Betten. Gefertigt wurden sie von ausgesuchten Tischlerbetrieben. Kunden konnten sich Holz – zehn verschiedene standen zur Auswahl – und Varianten der Gestelle aussuchen. Erst dann wurde produziert. Die Ergebnisse sind dementsprechend hochpreisig. Ein Modell aus Nussbaum kostet zum Beispiel 4559 Euro, es ist nun auf 2495 Euro heruntergesetzt. „Für eine solche Qualität ist das günstig“, sagt Borghorst.
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Ihre Kunden seien ohnehin eher besserverdienend – deshalb sei das Geschäft nicht so von Inflation und der derzeit schlechten Lage im Möbelhandel betroffen. Aber: „Wir können keinen Preiskampf gewinnen.“ Der Mittelstand leide unter der Konkurrenz der riesigen Möbelhäuser, die einen ganz anderen Angebots-, Werbe- und Serviceapparat hätten.
Am Hansaring sind die „Bettenwelten“ schon lange geschlossen
Hinzu komme die überbordende Bürokratie, die von Alleinunternehmern nur schwer zu stemmen sei. Lebenswichtig sei die Sichtbarkeit bei Google. „Wenn man dort nicht präsent ist, kann man einpacken. Doch das ist sehr pflegeaufwendig. Ich muss da wirklich jeden einzelnen Preis eintippen.“ Die vielen Arbeitsstunden, die Verantwortung, das schrecke viele ab. „Das will keiner mehr machen“, hat sie bei Gesprächen mit Interessenten für das „Traumkonzept“ festgestellt. „Das kann ich auch teilweise verstehen: Junge Eltern etwa wollen sich so etwas nicht aufbürden.“
Ähnlich ist die Situation bei Michael Jäschke, dessen Familie seit 1925 Polstereien und Bettengeschäfte in Köln betreibt, und seiner Frau Jacqueline von Hobe. Sie gründeten 2014 das „Lux 118“ mit 1400 Quadratmetern Verkaufsfläche samt 3-D-Raumberatung für Schlafzimmer. Der Laden läuft. „Wir müssen nicht schließen“, sagt Jacqueline von Hobe (47).
Aber: Das Pensum sei kaum zu schaffen. „Wir stecken hier sehr viel Arbeit hinein, haben aber gar keine Entlastung“, sagt sie. Die Arbeitswoche habe sechs bis sieben Tage, selbst im Urlaub werde man noch angerufen, weil man für alles verantwortlich sei. „Als Unternehmer braucht man sehr viel Mut.“ Mut, Geld zu investieren und Mut, Mitarbeiterverantwortung zu übernehmen. Gerne hätten sie leitende Funktionen besetzt, um diese Verantwortung zu teilen. Doch sie fanden niemanden.
Dietmar Klöppel hat seine „Bettenwelten“ am Hansaring schon vor längerer Zeit geschlossen, ebenso seinen Düsseldorfer Laden. Zurzeit wickelt er seine letzte Niederlassung in Bensberg ab. 30 Jahre lang war er im Bettengeschäft. Auch er setzte auf individuelle Beratung. Immer häufiger sei es aber vorgekommen, so schildert er, dass sich Kunden von ihm alles zeigen ließen und dann im Internet nach ähnlichen, aber günstigeren Angeboten suchten und dort kauften. Und das oft nach stundenlanger Beratung. Auch Klöppel gibt schweren Herzens auf, aber freut sich nun auf den Ruhestand. Um die Innenstädte macht er sich allerdings Sorgen.