Etliche Rolltreppen sind defekt, an einer Haltestelle fallen gleich sechs aus. Was die KVB zu den Gründen sagt und wo es besonders schlimm ist.
„Zustand ist eine Zumutung“Warum so viele Rolltreppen an Kölner KVB-Haltestellen stillstehen
Freitagmittag an der KVB-Haltestelle Neusser Straße/Gürtel in Nippes: Drei Frauen rennen eine kaputte Rolltreppe zum Bahnsteig hoch. Sie wollen die Linie 13 in Fahrtrichtung Ehrenfeld erreichen. Eine von ihnen schafft es noch zu einer Tür, um den Türknopf zu betätigen – doch sie ist zu spät. Die Bahn setzt sich ohne die Frauen in Bewegung. Ihnen bleibt nichts anderes übrig, als bei eisiger Kälte auf dem Bahnsteig auf den nächsten Zug zu warten.
Eine der drei gestrandeten Frauen ist Kerstin. Die 57-jährige Kölnerin fährt viel mit der KVB. Sie ist unzufrieden mit der aktuellen Situation an den Haltestellen: „Der ganze Zustand ist eine Zumutung. Ich wünsche mir die KVB zurück, wie wir sie vor zehn Jahren hatten.“ Sie sei froh, dass sie die Treppe nehmen könne und nicht gehbehindert sei.
Der Aufzug an der Haltestelle Neusser Straße/Gürtel funktioniert an diesem Tag, ist aber sehr stark frequentiert. Wer nicht hineinpasst, muss warten. Das ist nicht nur für Rollstuhlfahrer, die sowieso den Aufzug nehmen müssen, problematisch. Auch für Menschen, die nicht gut zu Fuß sind, aber noch rechtzeitig ihre Bahn erreichten möchten, ist das ein Ärgernis. Wem das Warten auf den Aufzug zu lange dauert, kann nur zwischen 74 Stein- oder 61 Stufen auf der defekten Rolltreppe wählen.
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KVB gibt Gründe für Zustand der Rolltreppen an
An der KVB-Haltestelle Rudolfplatz fallen am Freitag drei Rolltreppen auf, die nicht in Betrieb sind. Zwei von ihnen werden noch bis zum 21. Februar ausfallen. Ein Schild empfiehlt den Fahrgästen alternativ den Aufzug oder die Rolltreppe auf der gegenüberliegenden Straßenseite zu nutzen.
Ein älterer Herr hat den Aufstieg vom unterirdischen Teil der Haltestelle nach oben geschafft. Er sieht den Zustand der KVB-Rolltreppen gelassener: „Ab und zu eine Treppe laufen, das kann auch nicht schaden.“ Es könne schnell passieren, dass mal eine Rolltreppe kaputtgehe, schließlich würden sie viel genutzt.
Als KVB-Vorstandschefin Stefanie Haaks im vergangenen Oktober die Betriebsqualität „unzumutbar“ nannte, sprach sie über den ausgedünnten Fahrplan und die erheblichen Mängel bei den eingesetzten Stadtbahnen – doch genau das ist das Rolltreppen-Angebot in den Augen vieler Kölnerinnen und Kölner: unzumutbar. „Gefühlt wird am Ebertplatz einmal im Monat die Rolltreppe repariert, funktioniert zwei Tage und ist dann wieder kaputt“, berichtet eine Kölnerin, die die Haltestelle täglich nutzt. „Und das ist ja nur eine der wenigen Rolltreppen, die am Ebertplatz überhaupt noch funktionieren.“
Seit nunmehr zwei Jahrzehnten sind sechs Rolltreppen am Ebertplatz kaputt. Für diesen Fall können die KVB wenig: Die Reparatur soll zwei Millionen Euro kosten, die aber nie in die Hand genommen wurden, weil der Platz umgestaltet werden sollte. Passiert ist bis heute nichts. Einige wurden 2019 künstlerisch in Szene gesetzt, die entstandenen Werke geben inzwischen kein gutes Bild mehr ab.
Ein KVB-Sprecher gibt auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ zahlreiche Gründe für die häufigen Ausfälle an. Nicht nur defekte Bauteile, wie zum Beispiel gerissene Ketten, gebrochene Trittstufen und altersbedingter Verschleiß der Anlagen seien ein Faktor. Immer wieder führen auch Gegenstände, die in die Rolltreppe gelangen, zu Problemen: Blätter, Plastiktüten oder Verpackungen von Fast-Food-Ketten gehören dazu. „Was unsere Kollegen regelmäßig aus unseren Rolltreppen herausholen, ist wirklich erstaunlich und teilweise eklig“, sagt der KVB-Sprecher. „Das berühmteste Fundstück war ein sehr teurer Diamantring, den die Kollegen glücklicherweise der Besitzerin zurückgeben konnten.“
Auch Vandalismus, wie das unrechtmäßige Betätigen des Notstopps, spiele eine Rolle. Nach einem solchen Stopp gehe die Rolltreppen-Anlage nicht automatisch wieder in Betrieb.
In der Vergangenheit hatten sich das auch immer wieder Taschendiebe zu Nutze gemacht. Die Täter wendeten dabei oftmals einen perfiden Trick an: Einer von ihnen stellte sich auf der Rolltreppe hinter sein Opfer, während sein Komplize das Rollband außer Betrieb setzte. Das ruckartige Stehenbleiben nutzte der Taschendieb dann, um seine Tat auszuführen. Wie die KVB mitteilt, könne die Einrichtung des Notstopps nicht abgeschaltet werden, da diese im Gefahrfall Schlimmeres, wie das Einziehen von Haaren am Ende der Rolltreppe, verhindern soll.
Großteil der Störungen sei innerhalb von vier Stunden zu beheben
Ein Großteil der Rolltreppen-Störungen kann nach Auskunft der KVB in binnen vier Stunden behoben werden. In manchen Fällen sei das Unternehmen jedoch auf Ersatzanteile angewiesen, die erst bestellt werden müssten. In diesem Fall sei man davon abhängig, wann diese geliefert würden.
Bis 2027 sollen 43 Rolltreppen ausgetauscht werden. Wie die KVB mitteilt, waren am Freitag von 263 Rolltreppen, die in die Zuständigkeit des Unternehmens fallen, 28 defekt – knapp elf Prozent. Ausgenommen davon seien allerdings jene Anlagen, die durch Betätigung des Notstopps ausfallen. Nach KVB-Angaben könnten solche Anlagen häufig bereits innerhalb der ersten Stunde wieder in Betrieb genommen werden. 20 Personen sind bei der KVB dafür zuständig, die Rolltreppen zu warten, zu reparieren und Störungen zu beheben.
Am Sonntag führt die KVB auf ihrer Webseite insgesamt 43 Rolltreppen, die außer Betrieb sind – 16 Prozent und damit mehr als jede siebte. Auffällig ist die Häufung der Ausfälle am Rudolfplatz und am Friesenplatz. Allein am Friesenplatz sind sechs Rolltreppen defekt. Mindestens drei stehen auch den Haltestellen Neusser Straße/Gürtel, Heumarkt und Hans-Böckler-Platz/Bahnhof West still. Jeweils zwei sind es am Ebertplatz, Chlodwigplatz, Appellhofplatz, Bahnhof Mülheim, Kalk Post, Kalk Kapelle, Leyendeckerstraße und an der Haltestelle Dom/Hauptbahnhof.
An der Haltestelle Amsterdamer Straße/Gürtel scheint die Fahrt auf der proppenvollen Rolltreppe am Freitagabend zunächst reibungslos zu funktionieren. Es geht gemächlich abwärts – bis die Rolltreppe abrupt stoppt. Ein Grund dafür ist auf den ersten Blick nicht auszumachen. Nach einem kurzen Moment des Erschreckens setzen sich die Männer und Frauen zu Fuß für die letzten Meter in Bewegung. Wirklich überrascht scheinen nach dem ersten Schreck die Wenigsten zu sein.