AboAbonnieren

Kölner Apotheker zieht Corona-Bilanz„Krankheiten werden nicht nachgeholt“

Lesezeit 4 Minuten
Coronavirus_Mundschutz

Eine Frau trägt vor einer Apotheke eine Mund- und Nasenmaske. (Symbolbild)

Köln – „Die Apotheken vor Ort waren eine feste Säule im Kampf gegen Covid-19. Der Notdienst war stets gewährleistet, ebenso die Versorgung der Kunden mit Medikamenten und Hilfsmitteln. Die Lagerbestände sind rechtzeitig aufgestockt worden“, sagte Dr. Armin Hoffmann am Rande der Versammlung der Apothekenkammer Nordrhein im Gürzenich in Köln, bei der sich etwa 120 Delegierte aus dem gesamten Kammerbezirk trafen. Bevor es im großen Saal mit Abstand und Hand-Desinfektionsfläschchen an jedem Platz losging, zogen Kammerpräsident Hoffmann und Vizepräsidentin Kathrin Luboldt vor Pressevertretern eine erste Corona-Zwischenbilanz.

Wie unerlässlich die Apotheken vor Ort seien, habe gerade die Corona-Krise gezeigt. „Die Menschen waren zu Beginn stark verunsichert. Sie hatten schlichtweg Angst, ob sie wie gewohnt ihre Medikamente bekommen würden. Und ob die Apotheken überhaupt offenbleiben dürfen. Es gab einen unglaublichen Aufklärungsbedarf“, sagte Kathrin Luboldt, Inhaberin von zwei Apotheken in Dinslaken und Duisburg. Sie wies auf die enorme physische und finanzielle Mehrbelastung der Apothekerinnen und Apotheker hin. Allein für den Kauf und die Installation von transparenten, stabilen Spuckschutzwänden, Desinfektionsmittel und Schutzmasken für den Eigenbedarf wurden laut Apothekerverband Nordrhein mehr als 3,6 Millionen Euro ausgegeben. Darin sind außerplanmäßige Personalkosten nicht enthalten.

Bürger machen sich die Hausapotheken voll

Im Gegenzug seien die zurückliegenden Wochen für die meisten Apotheken wirtschaftlich keine Erfolgsgeschichte gewesen. „Das glich einer Achterbahnfahrt. Zu Beginn der Krise im März gab es eine hohe Nachfrage an Arzneimitteln und weiteren Produkten. In den ersten Wochen wurden viele Rezepte eingereicht, das hat im April und Mai stark nachgelassen.

Das könnte Sie auch interessieren:

Auch die Hausapotheken dürften aktuell gut gefüllt sein“, sagte der Kölner Apotheker Thomas Preis, Vorstandsvorsitzender des Apothekerverbandes Nordrhein. Die nächsten Wochen würden zeigen, ob die Apotheken mit einer ausgeglichenen Bilanz aus der Krise herausgehen. Preis rechnet damit, dass es im zweiten Halbjahr eher auf ein leichtes Minus hinauslaufen wird. Zudem schließt er nicht aus, dass Hilfe des Bundes notwendig sein könnte. „Eventuell müssen wir zum Jahresende einen Rettungsschirm einfordern.“ Kammerpräsident Hoffmann wies in dem Zusammenhang darauf hin, dass die Apotheken nicht mit verspäteten Einnahme-Effekten rechnen können. „Krankheiten werden nicht nachgeholt.“

Apotheke fordern Verbot des Versandhandels

Er hält es für unerlässlich, dass die Leistung der Branche während der Corona-Pandemie von den Politikern nachhaltig anerkannt und gewürdigt wird. „Die Apotheken vor Ort haben gezeigt, wie leistungsstark und unerlässlich sie für die Versorgung der Menschen mit lebenswichtigen und essenziellen Arzneimitteln sind. Die Mitarbeiter haben sich als kompetente Gesundheits- und Krisenmanager in der Corona-Zeit bewährt. Dieses Sicherheitsnetz muss erhalten bleiben.“ Daher fordert die Kammerversammlung den „Gesetzgeber auf, ein Gesetz zur wirkungsvollen Stärkung der Vor-Ort-Apotheken in das Gesetzgebungsverfahren einzubringen und in Kraft zu setzen.“ Das bedeutet vor allem: „Ein zeitnahes, klares Bekenntnis zum Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln.“

Köln hat hohe Apothekendichte

Die Apothekenkammer Nordrhein (AKNR) vertritt die Interessen von rund 11300 Apothekerinnen und Apothekern, die in öffentlichen Apotheken, in Krankenhäusern, in der Industrie sowie in Wissenschaft und Forschung in den Regierungsbezirken Köln und Düsseldorf tätig sind. Zur AKNR gehören 2142 Apotheken in 28 Kreisen und kreisfreien Städten.

Bei den Städten weist Köln mit 228 Apotheken die höchste Dichte auf, gefolgt von Düsseldorf (172) und Essen (123). Die wenigsten Apotheken verzeichnen Remscheid (19), Solingen (35) und Mülheim (38). Kammerpräsident Dr. Armin Hoffmann hob hervor, dass im Kammerbezirk „wegen Corona keine Apotheke schließen musste“, aber insgesamt deren Zahl sinke. Aktuell gebe es 170 weniger als vor fünf Jahren. Der Kölner Hoffmann steht seit knapp Monaten an der Spitze der Apothekenkammer Nordrhein. (mos)

Ferner plädieren die Interessensvertreter dafür, bestimmte Regelungen aus der befristeten „SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsordnung“ generell beizubehalten. Dazu zählt zum Beispiel die Vergütung der Botendienste der Apotheken. Seit Beginn der Krise sei die Nachfrage um bis zu 50 Prozent gestiegen. Diesen Service würden die Apotheken gerne weiter anbieten, sofern die Honorierung geregelt ist. Stand jetzt: Die Zuschläge können nur bis zum 30. September abgerechnet werden.

Die Smartphone-App von Robert-Koch-Institut und Bundesregierung zur Nachverfolgung von Corona-Infektionen unterstützen die Apothekerinnen und Apotheker in Nordrhein ausdrücklich. „Auch, wenn wir langsam zur Normalität zurückkehren, sollte niemand meinen, dass Corona kein Thema mehr ist. Das Virus ist weiter gefährlich und digitale Helfer wie die Corona-Warn-App sind ein guter Baustein bei der Bekämpfung dieser Pandemie“, sagte Armin Hoffmann, „gerade in der Zeit der Lockerungen und auf dem Weg in eine verantwortungsvolle Normalität ist so ein modernes Instrument mehr als sinnvoll.“