Auf Hohe Straße und Schildergasse wird derzeit viel umgebaut. Dahinter steckt oft ein und dasselbe Kölner Architektenbüro.
Kölner CityDiese Architektin sorgt für das Shopping-Erlebnis auf der Schildergasse
Wenn Claudia Pannhausen durch die Kölner City geht, dann kann sie an ganz vielen Stellen sagen: „Das haben wir gemacht.“ Zum Beispiel den vor kurzen eröffneten Flagship-Store der internationalen Brillenmarke Ray-Ban auf der Schildergasse, schräg gegenüber der Antoniterkirche. Hier hatte einst der zu Gold-Krämer gehörende Juwelier Deiter seine Filiale – hinter einer eher dunklen und abweisenden Fassade, einem großen Vordach und schaukastenähnlichen, verwinkelten Schaufenstern.
Für den neuen Mieter hat das Kölner Architekturbüro Pannhausen und Lindener das Gebäude aufwendig umgebaut und kernsaniert. Das Auffälligste: Die Fassade ist nun komplett verglast, die erste Geschossdecke innen wurde zurückgenommen, so dass eine Empore entstand. „Raum, Luft und Sichtbarkeit ist hier das Grundprinzip“, sagt Claudia Pannhausen.
Der Geschäftsraum ist von außen komplett einsehbar. Von drinnen leuchten die Multimediawände. „Solche Wände sind in Köln an Außenfassaden nicht erlaubt. Sie werden aber in Innenräumen immer wichtiger werden.“ Kurios: Die oberen Stockwerke des Gebäudes wurden nicht mit angemietet – sie bleiben ungenutzt und verschwinden hinter einer gitterartigen Schaufassade.
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Der Umbau ist wie eine Blaupause für den Trend auf der Schildergasse und der Hohe Straße. Auch die beiden Häuser neben Ray-Ban hat das Büro umgestaltet. Schon vor einigen Jahren wurden rechts im ehemaligen Domizil des legendären Spielwarenhauses Feldhaus drei Geschosse zu einem lichtdurchfluteten Verkaufsraum gemacht. Hier ist das Modelabel Bershka zu Hause – hinter einer ebenso hohen Glasfassade wie der Nachbar.
Auch das Gebäude links neben Ray-Ban gibt es eine hohe Glasfront, hier ist die Modemarke Only eingezogen. „Ursprünglich war noch eine Treppe in das zweite Geschoss geplant“, sagt Pannhausen. Doch diese Verkaufsfläche wurde vom neuen Mieter nicht benötigt. Der Luftraum wird mit seiner Blumenwand so zu einer hellen, von außen einsehbaren, freundlichen Dekofläche.
Die Entwicklung sei eindeutig, sagt Pannhausen: „Die Verkaufsflächen werden kleiner.“ Vollgestopfte, mehrstöckige Geschäfte sind nicht mehr gefragt, was zählt, ist das Erdgeschoss. Große Marken wollen sich auf schön gestalteten Flächen zeigen. Wobei nicht wichtig ist, alle Produkte vor Ort anbieten zu können, den Rest könne man ja bestellen. Die Leute wollten auf den Fußgängerzonen nicht nur einkaufen, sondern auch etwas Besonderes sehen und erleben.
Augenfälliger als bei „Cheese and More“ auf der Hohe Straße, das ebenfalls vom Büro konzipiert wurde, geht es nicht. Hinter der Glasfassade sind gelbe Käselaibe bis in schwindelnde Höhen in Regalen gestapelt. Die eigentliche Verkaufsfläche befindet sich aber nur im Erdgeschoss. „Die Hohe Straße hat den Vorteil, dass hier ohnehin viele kleinteilige Einheiten bestehen, die in Zukunft leichter besetzt werden könnten als die großen Häuser auf der Schildergasse.“
Ebenso zu verantworten hatte das Büro in den vergangenen Jahren die Revitalisierung des Gebäude Neumarkt 1a/Schildergasse (Starbucks im Untergeschoss), das TK-Maxx-Gebäude am Neumarkt, die Zeppelinstraße 4-8 (Görtz) und die Hohe Straße 69-71 (Maisons du Monde). Es sei kein Zufall, dass ausgerechnet ein Architekturbüro unter weiblicher Leitung sich hier einen Ruf erarbeitet habe, so Pannhausen. Als die mitnamensgebende Claudia Lindener sich 1981 mit dem Büro selbstständig machte, war das für eine Frau sehr ungewöhnlich. In die Männerdomäne und ihre Zirkel einzubrechen, sei fast unmöglich gewesen.
Lindener konzertierte sich deshalb auf Umbauten und Aufwertungen von Geschäftshäusern – was vielen männlichen Kollegen nicht prestigeträchtig genug war. Claudia Pannhausen stieg 2017 ein, 2020 setzte sich Lindener zur Ruhe. „Wir machen das für die Leute“, ist das Motto von Pannhausen. Und eher nicht, um sich selbst ein Denkmal zu setzen, könnte man hinzufügen. Das Büro muss sehr stark auf die Vermieter, aber auch auf die Mieter eingehen. Früher vermieteten sich die Gebäude in der Kölner City zu jedem verlangten Preis quasi von selbst.
Seit einigen Jahren ist das nicht mehr so. Mieter stellen heutzutage Bedingungen. Und sie bleiben nicht (fast), wie es früher bei den inhabergeführten Geschäften war. Deshalb dürfen die Umbauten auch nicht zu modisch und irreversibel sein, weil sonst bei einem erneuten Mieterwechsel alles wieder komplett geändert werden muss. Pannhausen weist zum Beispiel auf eine Fuge auf halber Höhe der Ray-Ban-Fassade hin, die eine Änderung der Gestaltung leicht möglich macht. Grenzen werden aber auch oft durch die Tatsache gesetzt, dass die Häuser auf den Einkaufsmeilen nach dem Krieg einfach schnell hochgezogen wurden. „Statisch ist das oft eine Katastrophe.“
Und manchmal muss man sich trotz aller Mühe von einem Gebäude ganz verabschieden. So hat Claudia Lindener bereits vor zehn Jahren den Komplex im Knick von Schildergasse und Hohe Straße neu gestaltet. Nach einem Eigentümerwechsel übernimmt nun ein anderer Architekt diese Aufgabe. Das Gebäude wird komplett leergezogen und umgebaut, weil die Zentralbibliothek hier ihr Interims-Quartier während der Sanierung bekommt. „Architektur muss das aushalten“, sagt Claudia Pannhausen.