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„Danke für Ihr Vertrauen“Kölner Teststelle bescheinigt Negativ-Ergebnis ohne Test

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Bürgertest

In  einzelnen privaten Teststellen hat es offenbar Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung gegeben.

Düsseldorf/Köln – Wie groß das Ausmaß des Abrechnungsbetrugs mit Corona-Schnelltests bundesweit ist, kann derzeit niemand sagen. Doch gibt es immer wieder neue Fälle wie am Montag in einem Test-Zelt im Rheinauhafen. Sie sei zufällig vorbeigeradelt und habe spontan entschieden, sich testen zu lassen, berichtet eine Kölnerin. Gesagt, getan. Mit dem Smartphone den QR-Code eingescannt, sich online angemeldet und in die Schlange eingereiht. „Das hat mir dann aber doch zu lange gedauert. Deshalb bin ich weitergefahren.“ Als sie ein paar Stunden später ihre Mails checkt, traut die Kölnerin ihren Augen nicht. „Ihr Testergebnis ist da. Testergebnis negativ. Vielen Dank für Ihr Vertrauen.“

Nur ein Fehler oder Abrechnungsbetrug? In dem am Wochenende bekannt gewordenen Fall eines in Bochum ansässigen Unternehmens, das mehrere Teststellen in NRW betrieben hat, hat die Staatsanwaltschaft Bochum keine neuen Erkenntnisse, spricht von einem Anfangsverdacht. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) ist stocksauer. „Wenn einige Personen meinen, sie könnten sich durch das Betreiben eines Testzentrums bereichern, indem sie mehr Tests abrechnen, als tatsächlich gemacht wurden, dann ist das eine absolute Sauerei und muss zur Anzeige gebracht werden.“

Was ist passiert?

Medienberichten zufolge haben einzelne private Testzentren deutlich mehr Bürgertests bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) abgerechnet als vollzogen wurden. Nach Recherchen von NDR, WDR und „SZ“ gab es solche Unregelmäßigkeiten in mehreren Städten in NRW, darunter in Köln. In einer Test-stelle vor einem Möbelhaus in Marsdorf wurden fast 1000 Tests angegeben, offenbar haben aber nur etwa 70 stattgefunden. Die Stadt hatte wegen der Berichterstattung das Testzentrum in Marsdorf kontrolliert, die Zahlen als „nicht plausibel“ eingestuft und die KV benachrichtigt. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft Bochum gegen zwei Mitarbeiter des Betreibers Medican, der neben Marsdorf auch Einrichtungen in weiteren Städten verantwortet.

Wer bezahlt die Testzentren und wie rechnen sie ab?

Der Betreiber muss für die Einrichtung eines Testzentrums selbst aufkommen. Er erhält aber finanzielle Unterstützung. Für private Teststellen zahlt der Bund eine Pauschale von zwölf Euro, in Arztpraxen 15 Euro pro Test, sowie sechs Euro Sachkosten für den Test selbst. Zudem gibt es eine einmalige Einrichtungspauschale von 1000 Euro und eine Monatspauschale von ebenfalls 1000 Euro, wenn das Zentrum mindestens 20 Stunden in der Woche inklusive Wochenendzeiten geöffnet ist. Arztpraxen sind von diesen Subventionen ausgenommen. Diese Förderung ist am 30. April ausgelaufen, weil es landesweit genügend Zentren gibt. Sollte das Testangebot in Einzelfällen örtlich noch unzureichend sein, kann das Land Ausnahmen machen. Die Auszahlung koordiniert die Kassenärztliche Vereinigung (KV), die der Einrichtungs- und Monatspauschalen das städtische Gesundheitsamt. Die KV Nordrhein, zuständig für große Teile von NRW, hat nach eigenen Angaben für Teststellen allein im Mai insgesamt 107 Millionen Euro mit dem Bundesamt für soziale Sicherung abgerechnet. Die Stadt hat die Monats- und Einrichtungspauschalen beim Land beantragt, jedoch sind hier noch keine Zahlungen erfolgt.

Wer kontrolliert die Abrechnungen?

Das ist der große Streitpunkt. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sieht die Kassenärztlichen Vereinigungen und mithin die Kommunen in der Verantwortung. Letztere sehen sich aber weder personell in der Lage noch zuständig. Etwa 300 der mehr als 800 Teststellen in Köln sind private Einrichtungen wie die in Marsdorf. Die anderen sind in Arztpraxen oder Apotheken. Die Stadt muss in den 300 privaten Testzentren in erster Linie die Einhaltung der Hygiene-Richtlinien kontrollieren – was mangels Mitarbeiter kaum funktioniert. In Marsdorf habe man am Wochenende nur wegen der Medienberichte neben der Hygiene auch die Testzahlen überprüft und die Auffälligkeiten an das Gesundheitsministerium übermittelt, sagt Stadtsprecher Alexander Vogel. „Wir haben dabei auch die Hygienekontrolle vorgezogen“. Ungereimtheiten bei anderen Kölner Teststellen seien nicht bekannt. Künftig werde man die Hygienekontrollen bei Einrichtungen mit sehr hohen Testzahlen vorziehen. „Bund und Land müssen dringend eine Lösung finden, wie die Abrechnungen kontrolliert werden können“, sagt Vogel.

Warum greift die KV bei den Kontrollen nicht ein?

Sie nimmt in Einzelfällen Plausibilitätskontrollen vor. Wie plausibel die Zahlen sind, die von den Betreibern angegeben werden, lässt sich aber kaum überprüfen. Die Anzahl der Tests allein ist kein ausreichendes Kriterium. Die Testverordnung ist so ungenau formuliert, dass nicht einmal klar ist, welche Unterlagen die Betreiber vorhalten müssen. Die Rede ist von abrechnungsrelevanten Daten, die vier Jahre lange aufgehoben werden müssen. Doch was ist damit gemeint? Die Namen der Getesteten? Oder nur ihre Zahl?

Jetzt sollen die Vorgaben verschärft werden. Aber wie?

Bund und Länder wollen Abrechnungsbetrügereien durch schärfere Vorgaben in der Testverordnung sowie mit Kontrollen durch Kassenärztliche Vereinigungen und Finanzämter erheblich erschweren. Darauf hat sich Spahn mit den Fachministern der Länder am Montag verständigt. Die Änderungen sollen mit den kommunalen Spitzenverbänden und den Krankenkassen auf den Weg gebracht werden. So sollen die Zahl der Testkits von den Kassenärztlichen Vereinigungen mit den abgerechneten Tests abgeglichen werden. Die Teststellen könnten den Kassenärztlichen Vereinigungen ihre Steuer-Identifikationsnummer angeben müssen, damit Finanzämter abgerechnete Tests mit angegebenen Umsätzen abgleichen können. Die Zentren könnten eine schriftliche Bestätigung des Gesundheitsamtes vorlegen müssen, dass sie die Tests ordnungsgemäß vornehmen.

Wer darf ein Testzentrum eröffnen?

Jeder, der die Bedingungen der Corona-Testverordnung NRW einhält. Betreibende müssen in einem Gesundheitsberuf ausgebildet sein oder die medizinische Expertise von anderen Beschäftigten oder durch eine Kooperationsvereinbarung einbeziehen. Das Testpersonal muss keine medizinische Ausbildung haben, aber eine Schulung durch medizinisches Personal absolvieren. Unter anderem müssen Räumlichkeiten, Hygiene-Konzepte und Testabläufe vorgestellt werden.

Warum will die Stadt Köln zurzeit keine weitere Testzentren beauftragen?

Das habe nichts mit den Betrugsvorwürfen zu tun, vielmehr bestehe derzeit kein Bedarf an weiteren Teststellen, sagt Stadtsprecher Vogel. Momentan liegt die Auslastung der Testzentren nur bei insgesamt rund 50 Prozent.

Hat der mutmaßliche Betrug Einfluss auf die Coronazahlen?

Nein. Die fingierten Bürgertests, die alle negativ waren, verfälschen die Statistik nicht. Grundsätzlich gilt: Wenn ein Schnelltest positiv ausfällt, schließt sich ein PCR-Test an. Sollte der positiv sein, wird das auch offiziell vermerkt und dem Robert-Koch-Institut gemeldet.