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Demo mit Pauken und Trompeten„Von Köln soll Samstag ein lautstarkes Signal gegen Rechts ausgehen“

Lesezeit 5 Minuten
Demonstration auf dem Heumarkt mit dem Slogan "Gemeinsam gegen den Rechtsruck".

Bei Demonstrationen im Januar 2024 versammelten sich 70.000 Kölnerinnen und Kölner, um gegen den Rechtruck zu demonstrieren.

Ein breites Bündnis der Kölner Zivilgesellschaft ruft dazu auf, die Demokratie zu verteidigen. Es werden mehr als 10.000 Teilnehmer erwartet.

Es soll ein starkes Signal werden, das von Köln ausgeht. Unter dem Motto „#5vor12. Laut für Demokratie“ hat das Bündnis „Köln stellt sich quer“ für kommenden Samstag, 25. Januar, zu einer Kundgebung aufgerufen.

Eine Großdemonstration mitten im Bundestagswahlkampf – das ist ein Novum. Warum hat das Bündnis dazu aufgerufen?

Anders als bei früheren Regierungswechseln steht bei der Bundestagswahl am 23. Februar viel auf dem Spiel. Es droht eine „Zerschlagung der Strukturen der Demokratie“, wie Mit-Organisator und DGB-Chef Witich Roßmann betont. Es steht zu befürchten, dass die AfD ihren Einfluss deutlich vergrößern kann. Völkisch-nationale, rassistische und antisemitische Hetze und die wirtschafts- und klimafeindliche Programmatik drohten den Rechts- und Sozialstaat in seinen Grundfesten zu erschüttern. „Das, was wir in den USA und Österreich sehen, ist kaum auszuhalten. Umso stärker müssen wir unsere Demokratie hier in Deutschland schützen und alle aufrütteln“, ergänzt Mit-Organisatorin Brigitta von Bülow.

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Was ist am Samstag genau geplant?

Das Bündnis will allen Kölnerinnen und Kölnern die Möglichkeit geben, aus der Ohnmacht herauszukommen und sich aktiv für Demokratie einzusetzen. Der Auftakt ist um 11.55 Uhr auf dem Heumarkt mit einer kurzen Kundgebung. Anschließend setzt sich der Demonstrationszug in Bewegung, um über die Route Neumarkt, Richmodstraße, Auf dem Berlich, Zeughausstraße, Magnusstraße, Friesenplatz und Hohenzollernring zum Rudolfplatz zu ziehen. Dort findet um 13.30 Uhr die Abschlusskundgebung statt. Und von dort kann sich die Menge dann Richtung Hohenzollernring verteilen.

Mit wie vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmern wird gerechnet?

Prognosen sind laut Polizei und Veranstaltern sehr schwer abzuschätzen. Die Resonanz und die intensive Verbreitung über Social Media lassen aber vermuten, dass der Zuspruch sehr groß sein wird. Man rechnet mit mehr als 10.000 Menschen. Daher wurde anders als ursprünglich geplant der Heumarkt nicht als Ort für die Abschlusskundgebung genehmigt, da dieser zu klein sein wird, um die Menge zu fassen. Nach Gesprächen mit der Polizei wurde die Abschlusskundgebung nun auf den Rudolfplatz verlegt.

Was bedeutet das für den Verkehr am Samstag in Köln?

Die Polizei rechnet mit erheblichen Verkehrsstörungen und bittet Autofahrer, die Innenstadt zu umfahren oder auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen. Der Hohenzollernring wird wegen der Aufbauarbeiten für die Bühne am Samstag bereits ab 7 Uhr bis etwa 16 Uhr zwischen Friesenplatz und Rudolfplatz gesperrt sein. Auch entlang der Strecke des Demonstrationszuges wird die Straße ab etwa 12 Uhr gesperrt.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollen laut werden für die Demokratie. Wie genau?

Ziel ist, dass von Köln ein im Wortsinn lautstarkes Signal ausgeht. Das Motto lautet „Mit Pauken + Trompeten gegen die AfD“. Alle Teilnehmer sollen Instrumente oder Küchenutensilien mitbringen: Pauken und Trompeten, Blasinstrumente, Trillerpfeifen, Kochtöpfe mit Löffeln, Rasseln, Glockenspiele oder Tubas. Willkommen sind auch Musikgruppen und Musikwagen. „Wir wollen so laut sein, dass ganz Köln es hört“, so von Bülow. Ein „unüberhörbares Zeichen für ein demokratisches, soziales, klimagerechtes, vielfältiges, weltoffenes und friedliches Deutschland“ solle es werden. Die Veranstalter setzen darauf, dass viele diese Gelegenheit nutzen, um ein Ventil für ihre Ohnmacht zu finden.

Wer ist alles dabei?

Das Bündnis wird von einer breiten Unterstützung der Zivilgesellschaft getragen. Zu den Unterzeichnern des Aufrufs gehören Religionsgemeinschaften genauso wie Sport- und Karnevalsvereine, Kulturschaffende, Gewerkschaften sowie zahlreiche Politikerinnen und Politiker aus Bund, Ländern und aus dem Rat sowie Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft.

Ein „5vor12“ aus Menschen

Schülerinnen und Schüler bilden am Freitag vor Kölner Schulen ein „5vor12“ aus Menschen, um auf die Demo am Samstag aufmerksam zu machen.

Sind auch die Kölner Schülerinnen und Schüler mit im Boot?

Die Bezirksschülervertretung Köln ist mit im Organisationsteam. Ziel sei, möglichst viele Schülerinnen und Schüler für dieses Engagement für die Demokratie zu gewinnen, erläutert Judith Ternes vom Vorstand der Bezirksschülervertretung. Da die Schulen zu politischer Neutralität verpflichtet sind, setzen die Schülerinnen und Schüler auf Selbstermächtigung. Am Freitag werden die jeweiligen Schülervertretungen auf die Demonstration aufmerksam machen, indem sie vor den Schulen aus Menschen das Symbol „5 vor 12“ formen als Kreis mit einer Uhr mit Zeigern. „Der wachsende Rechtsruck macht mir Angst. Doch jetzt ist es an der Zeit, nicht in dieser Angst zu versinken, sondern meine Stimme zu nutzen und laut zu werden. Denn wir haben eine Stimme, gemeinsam sind wir laut, gemeinsam müssen wir für unsere Demokratie, gegen die AfD einstehen“, betonte Marie Hacker vom Vorstand der Bezirksschülerinnenvertretung. Aus dem Schulministerium NRW hieß es auf Anfrage, Schulministerin Dorothee Feller begrüße die Teilnahme von Schülerinnen und Schülern an Demonstrationen für die Demokratie und gegen die Feinde des Rechtsstaates. Sie rufe aber im Sinne des Neutralitätsgebots nicht zur Teilnahme an Demonstrationen gegen die AfD auf.

Wer wird auf der Bühne reden?

Als Rednerinnen und Redner haben bisher zugesagt: Oberbürgermeisterin Henriette Reker, Jakob Kindler vom Verein „Cologne Pride“, Bita Kermani vom „Avicenna Hilfs- und Kulturverein“ und die stellvertretende evangelische Superintendentin Miriam Haseleu.

Was wird musikalisch geboten?

Die Karnevalsbands sind derzeit im Sitzungskarneval eng getaktet gebunden. Trotzdem hätten Brings zugesagt, auf der Bühne „ein musikalisches Zeichen gegen Rechts zu setzen“, erklärte von Bülow. Außer Brings werden noch die Kölner Rap-Band Retrogott sowie das Kunstorchester „Kwaggawerk“ und die Band „Buntes Herz“ auftreten.

Im vergangenen Januar gelang es, bei der Demo nach dem Potsdamer Geheimtreffen der AfD 70.000 Kölnerinnen und Kölner zu mobilisieren. Ist das zu toppen?

„Das wäre unglaublich“, sagte von Bülow. Ungünstig sei, dass der 1. FC Köln zeitgleich ein Spiel hat. „Aber vielleicht schaffen wir es ja trotzdem.“

Köln reiht sich ein in eine Reihe von Städten, von denen das gleiche Signal ausgehen soll. Was findet woanders in der Republik statt?

Bislang sind in den kommenden beiden Wochen in 30 deutschen Städten Demonstrationen für die Demokratie geplant. Die größte findet ebenfalls am 25. Januar in Berlin vor dem Brandenburger Tor statt. Dort ist der Akzent ein anderer: In der Dämmerung soll ab 16.30 Uhr ein „Lichtermeer für die Demokratie“ die Dunkelheit erhellen. Alle Teilnehmer sollen Taschenlampen, Lichterketten und Kerzen mitbringen. Hauptorganisator ist dort Fridays for Future.