Knut Osper (80) nimmt schweren Herzens Abschied. Und erklärt, warum viele wertvolle Bilder nicht zu sehen sind.
„In Köln gibt es viel altes Geld“Galerie Osper auf der Pfeilstraße schließt nach 60 Jahren – Luxus-Ausverkauf

Kunsthändler Knut Osper in seiner Galerie in der Pfeilstraße
Copyright: Michael Bause
Als Knut Osper seine Kunsthandlung auf der Pfeilstraße eröffnete, war er gerade mal 20, somit nach damaliger Gesetzeslage noch nicht volljährig und nicht geschäftsfähig. Sein Vater ließ ihn für volljährig erklären – das war rechtlich möglich. „Er wollte wohl nichts mit etwaigen Finanzproblemen zu tun haben“, meint der heute 80-jährige Osper und lacht. Doch die gab es nie. Im Gegenteil: Kaum ein anderer weiß so gut darüber Bescheid, wo und wie viel Geld in Köln mit Kunst zu verdienen ist. Knut Osper wurde der Kunsthändler, dem die betuchte Kölner Stadtgesellschaft vertraut.
Dabei sah es zunächst recht bescheiden aus. Die Gegend rund um die Galerie sei vor 60 Jahren „eine Katastrophe“ gewesen. Um die Ecke in der Kettengasse und in der Kleinen Brinkgasse gab es Bordelle. Die Brinkgasse war sogar mit einem Bretterzaun als Sichtschutz abgesperrt. Die Ehrenstraße, heute eine In-Meile, war recht heruntergekommen. Es gab aber immerhin viele Kneipen, die Bäckerei Zimmermann und ein kleines Lebensmittelgeschäft. „Da konnte man noch frische Milch in der Kanne holen.“
Für Kölner Bürgertum gehört Kunstsammeln zum Selbstverständnis
Knut Osper stammt aus einer Bocholter Kaufmannsfamilie, hatte bei einem Kunstverlag gearbeitet und war viel herumgekommen. Aber er wollte selbst ins Geschäft einsteigen und übernahm die Räume einer kleinen Kunsthandlung in der Pfeilstraße. Für ihn stand fest, dass Köln der richtige Standort ist – vor allem aus wirtschaftlicher Sicht. Denn: „In Köln und im Rheinland gibt es viel altes Geld.“ Weil es hier immer große Industriebetriebe und Unternehmen gegeben hat. Und damit Kunden, die teure Bilder kaufen: gehobenes Bürgertum, bei dem das Sammeln von Kunst zum Selbstverständnis gehört – wie früher bei den Adeligen.

Kurt Osper (l.) mit Maler Markus Lüpertz
Copyright: Galerie Osper
Osper konzentrierte sich bald auf die „Klassische Moderne“, also Kunst, die nach 1945 entstanden ist. Der Kölner Künstler Anton Räderscheidt, Georg Baselitz (der mit seinen auf dem Kopf stehenden Bildern weltweit berühmt wurde), Markus Lüpertz (wegen seines Auftretens gerne „Malerfürst“ genannt) und Niki de Saint Phalle (bekannt für ihre üppigen Nana-Skulpturen) gehören zu seinem Portfolio. Und natürlich Gerhard Richter, dessen Werke zu den teuersten eines lebenden Künstlers zählen.
Am Anfang traf er auf durchaus kaufwillige, aber doch etwas kunstferne Menschen. „Die kamen oft mit einer Stoffprobe von ihrem Sofabezug und wünschten sich dazu ein passendes Bild, möglichst 40 mal 50 Zentimeter groß, weil es über dem Zweisitzer aufgehängt werden sollte“, erinnert er sich mit Schaudern. Im Laufe der Zeit sei der Sachverstand aber sehr gewachsen. Und das Gespür dafür, dass Kunst eine gute Geldanlage sein kann.
Köln war einst das Zentrum der deutschen Kunstszene
1967 fand der erste Kunstmarkt in Köln statt, aus dem sich die Art Cologne entwickelte. Köln wurde zum Mittelpunkt der deutschen Kunstszene. Hier tummelten sich Künstler, Lebenskünstler, hier gab es die wichtigsten Galerien mit den neuesten Kreativen. Über die Ehrenstraße promenierte Paradiesvogel Hermann Götting in seinen wallenden Gewändern und Ma Braungart, Gründerin des Frauentreff-Lokals „George Sand“, fuhr mit dem Roller herum.
„Das war eine spannende Zeit“, sagt Osper. Auch seine Galerie florierte, obwohl oder auch gerade, weil er die eher konservativen Käufer ansprach und nicht die neueste Avantgarde anbot. Als Berlin 1990 wieder deutsche Hauptstadt wurde, zogen viele Kölner Galeristen dorthin. „Das habe ich nicht verstanden. Da gab es zwar günstige Räume, aber keine Kaufkraft wie hier in Köln.“

Der Galerist als junger Mann: Knut Osper (r.) mit Künstler Bruno Bruni Ende der 1980er Jahre
Copyright: Galerie Osper
Osper blieb in der Pfeilstraße und die Kunden legten nach seinen Ratschlägen Sammlungen an. Meistens nicht mehr, um die Bilder über der Couch aufzuhängen. Stattdessen wurden und werden viele Werke wie Goldbarren oder wertvoller Schmuck in Depots oder Tresorräumen aufbewahrt, erzählt Osper. So auch sein teuerstes Bild, das er vor acht Jahren an einen privaten Sammler verkauft hat: ein Gerhard-Richter-Werk für 8,7 Millionen Euro. Der sei heute sicher schon das Doppelte wert.
Das Bild wurde in der gerade zu Ende gegangenen Ausstellung „Verborgene Schätze“ mit 120 Richter-Werken aus Privatsammlungen gezeigt, die normalerweise nicht öffentlich zu sehen sind. Die meisten Besitzer wollten dabei anonym bleiben. Dass solche Bilder von Zeit zu Zeit ausgestellt werden, sei durchaus wichtig, so Osper. Dann erscheinen sie in Katalogen, bekommen eine „Biografie“.
Richter-Bild für 900.000 Euro im Büro
Netzwerken, Vertrauen schaffen, das gehört zu den Tugenden eines Kunsthändlers. Osper tut dies in wichtigen Fällen in seinem gediegenen Büro im Obergeschoss, manchmal auch bei einem Wein und gutem Essen. Über seinem Schreibtisch hängt ein Richter-Gemälde im Wert von 900.000 Euro, schräg gegenüber ein Ernst Ludwig Kirchner für 180.000 Euro, recht preiswert, weil „nur eine Papierarbeit“. Alles verkäuflich, versteht sich.
Osper fällt es nicht leicht, das alles aus Altersgründen nun aufzugeben. „Ich müsste 20 Jahre jünger sein, dann würde ich weitermachen.“ Ihm habe es immer Spaß gemacht und es sei unabhängig vom Geschehen in der Welt da draußen immer gut gelaufen. „Wir haben mit der Konjunktur nichts zu tun.“
Einen Nachfolger hat er nicht. Die auf 400 Quadratmeter angewachsene Galerie sei für heutige Verhältnisse sehr groß, so etwas möchte kaum jemand haben. Ein Interessent wollte seinen Namen übernehmen. Das lehnte er ab. Um die Pfeilstraße macht er sich ein bisschen Sorgen. Die „Henne Weinbar“ sei ganz wunderbar („Mein Lieblingslokal“), aber drumherum reihten sich Nagelstudios, Optiker und Leerstand aneinander. „Wir brauchen mal wieder richtig gute Geschäfte.“
Bis Ende Mai zeigt er in der Ausstellung „Schatzsuche“ Werke zu „attraktiven Preisen“. Dann ist Schluss. Nicht ganz, er macht in seinem Privatwohnsitz, einem alten Gutshof in Lövenich, mit Beratungen weiter. Das alte Geld muss ja investiert werden.