Köln – „Wir haben mit nichts anderem gerechnet“, sagt Daniel Rabe. Der Gastronom, der unter anderem die Bagatelle in der Südstadt betreibt, und seine Kollegen von der IG Gastro waren auf die Verlängerung des Lockdowns vorbereitet. Und sie rechnen auch mit einer weiteren Verlängerung. „Ich habe meinen Mitarbeitern schon gesagt, dass wir vor März nicht wieder aufmachen.“
Was die Lage dramatisch macht: Die finanziellen Hilfen fließen nur sehr langsam. Eine Umfrage der IG Gastro bei den Mitgliedern ergab, dass bisher nur etwa zehn Prozent einen ersten Teil der Novemberhilfe bekommen haben. Gastronomiebetriebe bekommen nach dem erneuten Lockdown bis zu 75 Prozent ihres durchschnittlichen Umsatzes im Vergleichsmonat vor einem Jahr. Für den Dezember gilt das gleiche.
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Doch noch ist wenig angekommen. Dabei laufen die Kosten, vor allem die Mieten, weiter. „Ich bin finanziell ganz gut aufgestellt, aber ich weiß bei zwei meiner vier Betriebe zur Zeit nicht mehr, wie ich die Miete zahlen soll“, sagt Rabe. „Und das geht vielen so. Ich gehe davon aus, dass sich viele verschulden werden.“
Gastronomen kämpfen weiter
An Aufgeben denke aber seines Wissens nach noch kein Kollege. „Wir kämpfen weiter.“ Dabei hilft auch, dass die Insolvenzantragspflicht zur Zeit ausgesetzt ist, die Gastronomen also mehr Luft haben, auch wenn sie in finanzieller Schieflage sind.
Traurig ist das Bild in der Altstadt, die durch die Schließungen und das Ausbleiben von Touristen gleich doppelt getroffen ist. „Wir haben uns schon lange darauf eingestellt, dass die Altstadt erst wieder belebt sein wird, wenn die Impfungen durch sind und die Leute auch wieder das Vertrauen haben, auszugehen und die Maschinerie des Besucherstroms hier wieder anläuft“, sagt Wilhelm Wichert, Inhaber des Haxenhauses und Vorstandsmitglied der IG Altstadt. „Die Lokale in den Veedeln mit den treuen Stammkunden haben es da einfacher.“
Altstadt will Image ändern
Aufgegeben habe noch keiner der Altstadt-Wirte, obwohl das alles ein Drahtseilakt sei. Wichert hat viel Zeit damit verbracht, Kollegen – viele haben einen Migrationshintergrund – dabei zu helfen, die Anträge auf die staatlichen Hilfen auszufüllen. Auch seine Erfahrung ist: Das Geld fließt nur sehr langsam. Aber es gebe auch Positives. So seien die Gespräche mit der Stadtverwaltung über Veränderungen in der Altstadt hin zu mehr Qualität, weniger Ramsch und mehr Wohnanteil noch nie so gut verlaufen wie jetzt in der Krise. „Ich bin Optimist, ich bin erst tot, wenn ich auf Melaten liege“, sagt Wichert.
Gähnende Leere herrscht auch im Kwartier Latäng. Bei Oma Kleinmann wurde noch bis kurz vor Weihnachten außer Haus verkauft. „Das hat sich gelohnt, wir haben hier in der Nachbarschaft viele Stammgäste“, sagt Inhaber Olaf-Maria Wolf. Jetzt macht er Urlaub, ob er am 11. Januar weiterverkauft, will er noch durchrechnen. Zur Verlängerung des Lockdowns gebe es keine Alternative. „Gesundheit geht vor.“ Finanziell komme er noch zurecht. Es gebe viel Unterstützung, sogar zinslose Kredite von treuen Gästen.
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Auch Anna Heller, Chefin vom Hellers Brauhaus, rechnet nicht vor März mit einer Öffnung. Sie hat schon einen großen Teil der Novemberhilfe erhalten. Ob sie mit einem blauen Auge aus der Krise herauskommen wird? „Das kann kann ich erst in einem Jahr sagen.“ Denn alle Reserven seien aufgebraucht. Wenn dann irgendwann noch eine schlechte Phase käme, würde es eng.
Spenden für die Mitarbeiter
Ihr Kollege vom Soylent Green in der Kyffhäuserstraße setzt zur Zeit auf die Mithilfe der Stammgäste. Er ruft zu Spenden für besonders bedürftige Mitarbeiter auf. Außerdem gibt es Gutscheine, zum Beispiel für einen Deckel im Wert von 100 Euro. Den man dann irgendwann einmal einlösen kann, wenn die Türen wieder offen sind.