Architekt Paul Böhm schlägt vor, den Hauptbahnhof für den Fernverkehr nach Deutz zu verlagern
Oberbürgermeisterin Henriette Reker äußert sich positiv.
Wenn das Milliardenprojekt überhaupt eine Chance haben soll, müsste die Deutsche Bahn einsteigen.
Köln – Die Vision des Kölner Architekten Paul Böhm zur Umgestaltung der nördlichen Innenstadt und des Kölner Hauptbahnhofs entfaltet bei der Politik ihren Reiz. Doch lohnt es sich für eine Stadt, in der in Sachen Bauen so viel schief geht und wenig zügig vorankommt, überhaupt über ein Projekt nachzudenken, das mehrere Milliarden kosten würde?
Sowohl Oberbürgermeisterin Henriette Reker wie auch der Vorsitzende des Verkehrsausschusses des Stadtrats, Bürgermeister Andreas Wolter (Grüne), äußerten sich positiv. „Das ist ein großes Rad, das Böhm da dreht“, so Wolter. „Sehr spannend und sehr ambitioniert“ seien Böhms Ideen. Böhm hat ein stadtentwicklungspolitisches Projekt in die Diskussion gebracht, das weit über die üblichen Herausforderungen hinausgeht:
Er schlägt vor, den Hauptbahnhof für den Fernverkehr nach Deutz zu verlagern. Unter dem Rhein soll ein Eisenbahntunnel gebaut werden, der von Deutz bis zum Mediapark reicht. Die oberirdische Trasse einschließlich der Hohenzollernbrücke würde zu einer neuen grünen Achse in der nördlichen Innenstadt. Der alte Hauptbahnhof am Dom ist in Böhms Konzept nur noch für den Regional- und Nahverkehr zuständig. Und weil dieser unterirdisch abgewickelt würde, könnte die schmucke Bahnhofshalle zu einem attraktiven überdachten öffentlichen Raum für verschiedenste Nutzungen werden.
Der renommierte Architekt hat in den vergangenen Wochen viel dafür getan, dass sein Plan nicht gleich als Schnapsidee abgetan werden kann. Bevor ihn der „Kölner Stadt-Anzeiger“ am Dienstag vorgestellt hat und Böhm sich am heutigen Freitag um 13 Uhr der Diskussion beim Städtebauforum der IHK stellt, hat er bereits mit zahlreichen Entscheidungsträgern gesprochen. So gab es Treffen mit der Oberbürgermeisterin und Vertretern von CDU, SPD und Grünen. Nach Informationen des Presseamtes hat OB Reker bereits mit dem für die Infrastruktur zuständigen Bahnvorstand Ronald Pofalla über die Idee gesprochen.
Am Mittwoch stellte Böhm sein Konzept Norbert Reinkober vor. Er ist Geschäftsführer des Verkehrsverbundes Rhein-Sieg (VRS) und des Zusammenschlusses Nahverkehr Rheinland (NVR), der sich um den Ausbau des Schienennetzes kümmert. Dort kümmert man sich zur Zeit um die Ertüchtigung des Hauptbahnhofs für eine Verbesserung des Angebots im Nah- und Regionalverkehr. Böhm will nicht, dass seine Ideen die dringend nötigen Ausbaupläne für den Hauptbahnhof ausbremsen. Man könne beides tun, so der Architekt. Die Ertüchtigung soll zeitnah für Verbesserungen sorgen. Seine Ideen seien eher langfristige Perspektiven. Nur solle nun nichts geschehen, was das Große blockieren könnte.
Er habe „viele positive Rückmeldungen“ bekommen, so Böhm. Nun beginne eine öffentliche Diskussion zur Meinungsbildung. Oberbürgermeisterin Henriette Reker sagt, dass sie Böhms Gedanken „viel abgewinnen“ kann. Sie habe das Thema bereits bei Gesprächen mit der Bahn angesprochen. Es sei sinnvoll, einen Bahnhof an einem neuen Standort zu planen, wo er viel leistungsfähiger wäre.
Technische Probleme
Klar ist: Wenn das Milliardenprojekt überhaupt eine Chance haben soll, müsste die Deutsche Bahn einsteigen. Dort wird man nicht nur über die enorme Höhe des Investments diskutieren. Es gibt auch Einwände aus der technischen Abteilung der Bahn. Es gebe in Deutz nicht genug Platz für eine Rampe, um Züge weit genug unter die Erde zu bringen, damit sie unter dem Rhein herfahren können. Die technischen Probleme rund um einen Bahnhofs-Neubau oder -Ausbau in Deutz seien nicht zu lösen, weil der Platz nicht reiche.
Dem widersprechen Böhm und der mit ihm zusammenarbeitende Aachener Verkehrsplaner und Ingenieur Günter Harloff. Wenn man das Projekt wirklich wolle, werde man auch Wege finden, um es möglich zu machen. Dass das Vorhaben aufwendig ist, bestreiten beide nicht.
Trotz der technischen Schwierigkeiten, der hohen Kosten und des Misstrauens in die Planungskompetenz von Stadt und Bauwirtschaft sei es richtig, sich Gedanken über Böhms Vorschlag zu machen, sagt Verkehrspolitiker Wolter. Fern- und Nahverkehr stünden vor Aufgaben und Problemen, die neue Lösungen erforderten. Außerdem sei es reizvoll, Raum zur zukünftigen Gestaltung der Innenstadt zu gewinnen.