Der Architekt Paul Böhm hat eine Vision von einem Tunnel unter dem Rhein, einer begrünten Hohenzollernbrücke, einer „High Line“ wie in New York.
Dafür will der Kölner den Hauptbahnhof verlegen, um die Innenstadt freundlicher, grüner und moderner zu machen.
Der Vorschlag klingt aberwitzig und provokant, aber wie realistisch ist die Vision von Kölns grüner Innenstadt-Oase?
Köln – Ein neuer Hauptbahnhof für Köln, ein Tunnel unterm Rhein, eine grüne „High Line“ wie in New York – der Architekt Paul Böhm spricht von „visionären Gedanken“, mit denen er eine stadtentwicklungspolitische Diskussion anzetteln will.
Das klingt ein bisschen untertrieben. Denn tatsächlich geht es um eine revolutionäre Umgestaltung der nördlichen Kölner Innenstadt, für die man sehr viel Geld locker machen müsste.
Die Herausforderungen, vor denen die wachsende Stadt steht, verlangen, über Größeres nachzudenken, findet Böhm. Ausgangspunkt für seine Pläne ist eine Überlegung, die so alt ist wie der Kölner Hauptbahnhof und die „Dombrücke“, der Vorläuferbau der Hohenzollernbrücke: Beide stehen eigentlich am falschen Platz.
„Wo würde man den Hauptbahnhof hinbauen, wenn es keinen gäbe?“, habe er sich gefragt. „Mit Sicherheit nicht dahin, wo er steht“, lautet seine Antwort. Weil der heutige Hauptbahnhof kaum weiter ausgebaut werden kann, solle er verlegt und neu errichtet werden, so Böhm. Zusammen mit dem Verkehrsplaner Günter Harloff hat er nach Standorten für einen zentralen Bahnhof gesucht.
Böhm hatte zunächst im Sinn, einen modernen Bahnhof zwischen Mediapark und Agnesviertel vorzuschlagen. Harloff überzeugte ihn davon, Regional- und Fernverkehr klar zu trennen. „Köln hat den Nachteil, dass es die Römer auf der falschen Rheinseite gegründet haben“, so Harloff. Weil der Fernverkehr vor allem auf der rechten Rheinseite abgewickelt werde, müsse entweder der Deutzer Bahnhof erweitert oder ein neuer Bahnhof auf dem benachbarten „Deutzer Feld“ errichtet werden. Der alte Hauptbahnhof wäre fast nur noch für den Nah- und Regionalverkehr zuständig.
Eisenbahntunnel unter dem Rhein
Folgt man diesem Gedanken ergeben sich faszinierende Perspektiven für die Entwicklung der Innenstadt: Böhm will einen Eisenbahntunnel unter dem Rhein entlangführen. Die unterirdische Streckenführung würde in der Altstadt fortgesetzt, erst am Mediapark kämen die Gleise wieder nach oben. Die Eisenbahntrasse einschließlich der Hohenzollernbrücke würde zu einer neuen, grünen Verbindung für Fußgänger und Radfahrer.
Die seltsame Idee aus dem vorletzten Jahrhundert, die Brücke genau auf die Mittelachse des Doms auszurichten, bekäme endlich einen Sinn, denn aus dem Zug – so wie es Bauherrn und der Kaiser wollten – konnte man den Dom nie sehen.
So eine Parkanlage auf einer Eisenbahntrasse gibt es in Manhattan. Die über 2,3 Kilometer lange „High Line“ hat weite Areale in New York aufgewertet. In Köln würde die Einbeziehung der prachtvollen historischen Verkehrsbauwerke das Projekt noch attraktiver machen. Bahnhof und Brücke würden zu „Ausflugszielen, Ausstellung- und Erholungsorten“, so Böhm. Die grüne Rheinbrücke führt zur dreigliedrigen Bahnsteighalle, in der keine Züge mehr halten, weil alles unterirdisch abgewickelt wird.
Offener Raum im Herzen der Stadt
Unter dem Hallendach entstünde ein öffentlicher Raum mitten in der Stadt. Böhm kann sich hier Kunst und Kultur vorstellen. Viele andere Funktionen sind denkbar. Im weiteren Verlauf bis zum Mediapark könnten entlang der Trasse, die keine Viertel mehr zerschneidet, neue Wohngebäude entstehen.Böhm und Harloff werden ihre Ideen am Freitag beim Städtebauforum der Kölner Industrie- und Handelskammer vorstellen.
Dort wie bei anderen Anlässen wird man ihn fragen, was das alles kosten wird und wer es bezahlen soll. Konkrete Zahlen zu nennen, sei nicht seriös, so Böhm. Das umstrittene Bauprojekt „Stuttgart 21“ sei komplexer als diese Idee für Köln. Die Kosten seien vielleicht „vergleichbar“. In Stuttgart geht man von Gesamtkosten von acht bis zehn Milliarden Euro aus.
Auch technische Fragen vor allem zur Gleisführung in Deutz vom oberirdischen Gleisbett in den Tunnel sind nicht leicht zu beantworten. „Wenn man diesen städtebaulichen Plan aber wirklich will, sind alle Probleme lösbar“, ist sich Harloff sicher. Der 60-jährige Böhm spricht von Perspektiven für die nächsten 20 bis 30 Jahre. „Das werde ich nicht mehr erleben.“
Am Freitag, 10. Mai, 13 Uhr, stellt Paul Böhm seine „Neue Gedanken zum Hauptbahnhof“ im Merkens-Saal der IHK, Unter Sachsenhausen 10-26, öffentlich vor. Der Eintritt ist frei.