Köln – In Köln hält bekanntlich nichts länger als ein Provisorium. Eines der im Stadtbild prominentesten Beispiele dafür ist der Musical Dome. Seit einem Vierteljahrhundert steht das für gerade einmal drei Jahre geplante Theater mit dem blauen Zeltdach am Rheinufer. Und ein baldiges Ende ist nicht in Sicht. „Wir sind jetzt im 25. Jahr – nochmal 25 werden es nicht, aber sicherlich noch ein paar mehr“, sagt Theaterleiter Henning Pillekamp.
Musical Dome war nur eine Übergangslösung
Ursprünglich sollte der Breslauer Platz, auf dem der Musical Dome steht, in den 1990er-Jahren aufwendig umgestaltet werden. Architektenbüros legten Entwürfe vor, der damalige Oberbürgermeister Norbert Burger rechnete mit einem Abschluss der Umgestaltung bis zum Jahr 2000. Bekanntermaßen kam es anders.
Die Bahn blockierte, weil Grundstücksgrenzen unklar waren, dann wurden unterhalb des Breslauer Platzes Versorgungsleitungen entdeckt, deren Verlegung Millionen gekostet hätte. Die – so dachte man damals noch – Übergangslösung: Ein Theaterzelt. 1996 feierte man Premiere mit dem Musical „Gaudi“.
Eine Umgestaltung des Breslauer Platzes hat es seitdem immer noch nicht gegeben. Stattdessen: Elf Änderungsanträge im Stadtrat zur Verlängerung des Mietvertrages des Musical Domes, Aufführungen von großen Shows wie „We Will Rock You“, „Haispray“ und „Bodyguard“. Der aktuelle Mietvertrag läuft Ende 2024 aus. Ein Umzug zu diesem Zeitpunkt in die geplante Dauerstätte des Musical Domes, das Staatenhaus in Deutz, ist allerdings fraglich.
Denn mittlerweile sind nicht mehr nur die Pläne für den Breslauer Platz und den Musical Dome das Problem. „Das hängt nicht nur von uns ab, denn gerade wird das Staatenhaus noch durch die Oper bespielt. Erst wenn die final raus sind, können wir anfangen, unser Theater dort umzusetzen“, so Pillekamp.
Solange Oper nicht saniert ist, passiert nichts
Ergo: Solange die Oper am Offenbachplatz nicht fertig saniert ist, bewegt sich auch im Musical Dome nichts. Anfang des Jahres wurde die schlüsselfertige Übergabe der Oper und des Schauspielhauses vom dritten Quartal 2023 auf das Frühjahr 2024 verschoben. „Wir versuchen natürlich einen reibungslosen Übergang zu erwirken. Wenn wir hier aufhören, würden wir drüben am nächsten Tag gerne direkt den Vorhang hochgehen lassen. Das ist das Optimalszenario“, sagt Pillekamp.
Dazu sei man in Gesprächen mit der Oper. Der Anspruch an die Produktionsbedingungen im Staatenhaus seien zudem hoch. Mit Moulin Rouge komme 2022 die bislang größte und aufwendigste Produktion in den Musical Dome. „Das ist der Standard, den wir zukünftig haben wollen. Dementsprechend wird im Staatenhaus auch so gebaut, dass wir da die größten Produktionen der Welt spielen können“, erklärt der Theaterleiter.
Von Langzeit-Musicals zum Gastspielhaus
Die Ausrichtung des Musical Domes hat sich in den vergangenen 25 Jahren dabei deutlich verändert. „Als wir angefangen haben, gab es den großen Musical-Boom, jede Stadt wollte ein Musical haben. In den ersten 15 Jahren sind Produktionen noch langfristig hier geblieben“, sagt Pillekamp. Mit dem Interim der Oper im Musical Dome von 2012 bis 2015 habe man sich dann auf die Zusammenarbeit mit einer öffentlichen Einrichtung einstellen müssen, seit der letzten großen „En-Suite“-Produktion mit „Bodyguard“ sei man dann zum Gastspielhaus geworden.
„Die Branche ist immer vielfältiger geworden. Wo es anfangs nur fünf bis sechs große Musicals gab, ist es jetzt kaum mehr zu zählen, sowohl Musical als auch Shows. Jetzt gibt es hier viele One-Nighter: Morgens rein, abends raus. Das ist wesentlich intensiver und ein ganz anderes Volumen, was hier gestemmt werden muss.“
Besonders große Eile scheint man von Seiten des Musical Domes mit dem Umzug daher nicht zu haben. Das Verhältnis der Kölnerinnen und Kölner zur Übergangslösung habe sich in den letzten 25 Jahren deutlich verändert, meint Pillekamp.
„Wir werden ja auch gerne mal ‘der blaue Müllsack’ genannt. Das blaue Zeltdach ist sehr markant in der Skyline und von überall aus zu sehen. Mittlerweile ist es aber schon etwas Herzliches geworden. Wo man am Anfang dachte, es ist nur etwas temporäres, haben wir uns nach 25 Jahren in der Stadt etabliert. Man kennt uns, man liebt uns, es ist eine viel bessere Wahrnehmung. Wir sind großer Teil der Kulturlandschaft und wollen das langfristig in Köln auch bleiben.“