Köln-Südstadt – „För de Ping“ (Für die Schmerzen) steht auf einem Regal, „För Enzerieve“ (Zum Einreiben) auf einem anderen, und auf einem dritten schon verständlicher für all diejenigen, die mit der kölschen Mundart nicht vertraut sind: „Mage un Därm“. Dirk Vongehr, seit zehn Jahren Inhaber der Paradies-Apotheke in der Severinstraße, ist es wichtig, den lokalen Charakter seines Geschäfts zu betonen, die Verbundenheit mit der Stadt, dem Veedel und den – häufig Kölsch sprechenden – Stammkunden, von denen es viele gibt. Doch das Lokalkolorit ist nicht das Bedeutendste, das die Apotheke aus der Vielzahl der anderen heraushebt: Vongehrs Apotheke besteht seit 400 Jahren und ist damit die älteste in Köln.
1618 taucht der Ort, an dem Arzneimittel verkauft werden, zu ersten Mal in Dokumenten auf, als „Apotheke an den Vierwinden“ im „Haus zum Gryn“ in der Hohe Straße. Zwischen 1744 und 1781 wurde der Betrieb nach Obenmarspforten verlegt, ins „Haus zum Paradies“, von dem er seinen neuen Namen erhielt. Außerdem das Logo eines Apfels. „Der Paradiesapfel war von Beginn an Erkennungsmerkmal für die Bevölkerung“, erzählt Vongehr, „denn nicht jeder konnte im 17. Jahrhundert lesen und schreiben.“
Unter Beibehaltung des Namens zog die Apotheke 1845 erneut um, in die Severinstraße 160. 1943 wurde das Gebäude bei einem Luftangriff schwer getroffen, und nach dem Krieg, von 1948 bis 1951, die Ruine abgebrochen. Nach dem Wiederaufbau nahm die Paradies-Apotheke 1956 den Betrieb an der alten Stelle wieder auf. Seit November 1990, nach dem dritten Umzug in ihrer Geschichte, befindet sie sich im Nachbarhaus Severinstraße 162 a.
Schon vor 20 Jahren begann Dirk Vongehr, dort zu arbeiten, bis er die Apotheke übernahm. „Wir sind ein Vollversorger in der Südstadt“, sagt er. „Und wir sind ein Stück gelebtes Köln, ein wichtiger Bestandteil des Veedels. Gerne duzt er die Kundschaft, und die lässt es sich gefallen, „Die Leute schätzen es, dass es Fachgeschäfte gibt, in denen man sich persönlich um sie kümmert.“ Vongehr, 50 Jahre alt, übt seine Tätigkeit offensichtlich mit Leidenschaft aus. „Ich würde den Beruf wiederergreifen und mich selbstständig machen.“ Außer ihm bedienen vier Apotheker die Kunden, hinzu kommen Pharmazeutisch-technische Assistenten und Pharmazeutisch-kaufmännische Angestellte.
Rund 95 Prozent des Sortiments sind Arzneimittel, die verpackt angeliefert werden. Das restliche Angebot sind Salben, Tinkturen oder Zäpfchen aus eigener Herstellung. So alt die Apotheke ist, so sehr ist der Inhaber bestrebt, sie auf die Höhe der Zeit zu bringen und dort zu halten. Dazu gehört, dass Kunden die Rezepte mit einer speziellen App des bundesweiten Zusammenschluss es „Linda Apotheken“ schicken können, unter der Garantie, dass die Daten geschützt werden; und im Online-Shop lassen sich nicht-verschreibungspflichtige Medikamente und andere Produkte bestellen. Auf Facebook ist die Paradies-Apotheke ebenfalls präsent; mittlerweile hat sie mehr als 13.000 Follower.
Zum Jubiläum hat sich Dirk Vongehr etwas Besonderes einfallen lassen: die Herstellung eines Wacholderbrands nach eigener Rezeptur. „Ich selbst mag Gin und konnte in Köln noch keinen finden, der mir wirklich schmeckt“, sagt der Apotheker. Also habe er sich Unterstützung bei einer Brennerei geholt und mit ihrer Hilfe den „1618 Pharmacists Dry Gin“ entwickelt. Zu den 16 pflanzlichen Zutaten zählen unter anderem Lavendel, Salbei und Melisse. 800 Flaschen wurden abgefüllt. Verkauft werden sollen sie in kleinen Geschäften in der Südstadt, nicht aber in der Apotheke selbst, denn dem steht die Betriebsordnung entgegen.