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AgnesviertelBäckerei Kohlenbeck schließt nach 110 Jahren

Lesezeit 3 Minuten

Das Verkäuferinnen-Team mit Renate Löhr, Sophie Ludewig und Trudi Zilken (v.l.).

Innenstadt – Die Stimmung in der liebgewonnenen „Kaffeebud“ des Veedels ist gut. Im Hintergrund laufen Karnevalshits von den Bläck Fööss & Co.; eine Gruppe von Stammkunden sitzt bei Kartoffelsalat, belegten Brötchen und Sekt an einem Tisch. Als Dank für die jahre- und teils sogar jahrzehntelange Treue gab das Bäckerei-Team einen aus und feierte einen ganzen Tag lang mit der Kundschaft ein jeckes Fest. „Doch am Aschermittwoch ist alles vorbei“, verkündet Sophie Ludewig.

Und das gleich im doppelten Sinne – denn am Karnevalsdienstag ist der letzte Verkaufstag in der Bäckerei Kohlenbeck an der Weißenburgstraße 62. Das Haus war verkauft worden, demnächst soll hier ein Musikinstrumente-Geschäft einziehen.

„Ich selbst bin 51 Jahre hier; am 2. Januar 1966 habe ich als Fräulein Sophie hier angefangen“, erinnert sie sich Ludewig lächelnd. Zuerst hat sie die Bäckerei mit ihrem Mann Johannes Ludewig betrieben; nach dessen Tod übernahm Bäckermeister Stefan Kohlenbeck vor rund 20 Jahren die Leitung. Doch insgesamt bestand an dem Ort schon seit 110 Jahren eine Bäckerei; sie hieß ganz früher Messmer. „Als das Haus 1907 gebaut wurde, kam direkt eine Bäckerei hier rein.“ Dass nun bald Schluss ist, betrübt Ludewig auch ein wenig. „Ich habe die Kunden geliebt, und sie mich.“ Das Wort Ruhestand mag sie nicht so, sie will agil und aktiv bleiben.

„So verschwindet wieder ein Teil des Veedels“

Auch die Kunden bedauern die Schließung. „Es war ein wunderbares Familiencafé, mit ganz vielen Stammkunden, die mit der Zeit zu Freunden wurden“, erzählt Reinhard Neukirchen, der mit seinem Lebenspartner Wolfgang zur Feier gekommen ist. „Die Chemie zwischen Verkäuferinnen und Kunden stimmte.“ Die Tischnachbarin meint: „Es ist unser Wohnzimmer, unser zweites Zuhause. Wir sind ab Aschermittwoch quasi obdachlos.“ Ein weiterer Kunde beklagt, dass erneut ein Laden des täglichen Bedarfs verloren gehe. „So verschwindet wieder ein Teil des Veedels. Wir haben auch keinen Schreibwarenladen mehr, und wenn man eine Schraube will, muss man bis zum Rewe am Eigelstein.“

Bereits seit langem ist die Zahl der traditionellen Bäckereien rückläufig, Gründe sind neben der Konkurrenz durch Laden-Backstationen und Selbstbedienungs-Bäckereien auch Nachwuchsprobleme, vor allem bedingt durch schwierige Arbeitszeiten.

Die beiden Kolleginnen von Sophie Ludewig hinter der Theke, Renate Löhr und Trudi Zilken, wechseln in die kleinere, zweite Kohlenbeck-Bäckerei in der Nähe, am Thürmchenswall 66 im Kunibertsveedel. Daneben gibt es einige rechtsrheinische Filialen. „Wir haben einen sehr guten Chef, wir wollen beim Betrieb bleiben“, loben die zwei. Für die Kunden ein kleiner Trost. „Da kann man mal hinspazieren, wenn man Zeit hat“, so Reinhard Neukirchen. Aber wie hier wird es nicht mehr werden.“