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Gedenken an ArchiveinsturzKölner Stadtrat streicht unterirdischen Kulturraum am Waidmarkt – Alternative geplant

Lesezeit 3 Minuten
22.02.2021, Köln: Ansichten der Einsturzstelle des Kölner Stadtarchiv am Waidmarkt in Köln. Foto: Thilo Schmülgen

Die Einsturzstelle des Kölner Stadtarchivs am Waidmarkt.

Der Kölner Stadtrat nimmt seinen Beschluss von 2020 zurück. Das gesparte Geld soll einem oberirdischen Gedenkraum zugutekommen.

Der Stadtrat hat den bisher geplanten unterirdischen Kulturraum am Waidmarkt zum Gedenken an die Opfer des Archiveinsturzes 2009 am Donnerstagabend endgültig gestrichen. Stattdessen soll ein oberirdischer Gedenkort entstehen.

Grüne: „Nicht alle Ideen lassen sich eins zu eins umsetzen“

Der Rat folgt damit einem Vorschlag der Stadtverwaltung. 2020 hatte der Stadtrat die Planung und Errichtung der unterirdischen Halle „K3“ (Kunst, Kultur und Kommunikation) noch beschlossen. Der Entwurf ging damals auf die „Initiative Archivkomplex“ zurück. Doch nun hat sich die Ratsmehrheit von der Stadt überzeugen lassen.

„Es war eine gute Idee, dass aus der Bürgerschaft die Halle K3 entwickelt wurde“, sagte Lino Hammer, Fraktionsgeschäftsführer der Grünen. „Doch nicht alle guten Ideen lassen sich am Ende immer eins zu eins umsetzen.“

Alles zum Thema Henriette Reker

Bedenken gegen Kulturraum wegen Nähe zu KVB-Gleisen

Die Stadt begründete ihren Wunsch zuletzt mit vielen Risiken in der unterirdischen Ebene im Gleiswechselbauwerk der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB). Unter dem Waidmarkt soll die Nord-Süd-Bahn verlaufen. Kulturdezernent Stefan Charles hatte zuletzt bei einer Pressekonferenz zum Thema auch gesagt, dass der Raum durch die Nähe zu den Gleisen ständig erschüttert werden könnte und zu laut wäre – damit sei eine kulturelle Nutzung ausgeschlossen.

Stadtarchiv Einsturz Köln Modell Luczak Architekt

So sollte die unterirdische Halle aussehen.

Die Arbeitsgemeinschaft, die die Folgen des Stadtarchiv-Einsturzes am 3. März 2009 bewältigt, war eigentlich vertraglich verpflichtet, den „K3“-Raum zu bauen. Dafür wurden maximale Kosten von 4,8 Millionen Euro veranschlagt. Diese werden nun an die Stadt gezahlt – und sollen für einen oberirdischen Gedenkort investiert werden. Doch dieser ist seit Jahren ohnehin geplant.

CDU: Archiveinsturz „Urkatastrophe dieses Jahrtausends für die Stadt“

Der Beschluss behauptet nun dennoch, mit dem Gedenkraum einen Ersatz für den unterirdischen Raum zu schaffen. Neu ist zumindest die kulturelle Funktion, die der Gedenkraum künftig übernehmen soll. „Es soll am Ende nicht nur eine Plakette geben, sondern einen Ort zum Verweilen und Gedenken“, sagte Hammer. Niklas Kienitz, Fraktionsgeschäftsführer der CDU, nannte den Archiveinsturz „die Urkatastrophe dieses Jahrtausends für die Stadt“ und forderte, dass das aktive Erinnern am Waidmarkt einen Ort benötige.

Die „Initiative Archiveinsturz“ kommentierte die sich andeutende Entscheidung zuletzt wenig begeistert. „Die Stadt Köln verpasst gerade eine große Chance – und wird hoffentlich mit viel Energie eine neue Gelegenheit ergreifen“, hieß es. Ein breites Bündnis im Stadtrat aus Grünen, CDU, SPD, Linken, FDP, Volt und Einzelmandatsträger Thor Zimmermann verankerte im Ratsbeschluss, im weiteren Verfahren die Denkanstöße der Bürgerinitiativen weiterhin zu berücksichtigen.

Reker mit Lösung zufrieden

„Die jahrelange Arbeit, die in die Entwicklung des unterirdischen Ortes aufzugeben, ist nicht leicht“, sagte Maria Helmis (SPD) in Bezug auf die Bürgerinitiativen. SPD und Linke stießen zusätzlich an, dass die Verwaltung prüfen solle, inwiefern die 4,8 Millionen Euro auch für temporäre, ortsbezogene Kulturaktionen am Waidmarkt verwendet werden können.

Oberbürgermeisterin Henriette Reker sagte dazu: „Ich habe großes Verständnis dafür, dass die Mittel, die wir nicht ausgeben, weil wir K3 nicht bauen, weiterhin verwendet werden. Wobei ich nie die Vorstellung hatte, dass das das Geld nur in Backsteine fließen kann.“ Reker hatte seit ihrem Amtsantritt 2015 das Thema Gedenkarbeit am Waidmarkt innerhalb der Stadtverwaltung vorangetrieben, nachdem es zuvor jahrelang vernachlässigt worden war.