Das Familienunternehmen wurde 1918 gegründet. Die Experten sagen: Früher waren Füße in einem besseren Zustand.
75 Jahre auf der Breite StraßeIn diesem Kölner Schuhhaus gibt es sogar orthopädische Flipflops
Diese Schuster bleiben wirklich bei ihren Leisten. Im Keller des Schuhhauses Lachmayr an der Breite Straße hängen sie: Leisten – Holzmodelle, die Füße der Kunden genau abbilden und auf denen später dann passende Schuhe angefertigt werden. Hunderte davon baumeln an Haken, sorgfältig mit Namen beschriftet. Solche Leisten können heutzutage natürlich digital gefräst werden, doch die Lachmayrs halten die Tradition hoch.
Die Formen werden mit der Hand und Arbeitsgeräten aus Holz-Rohformen herausgearbeitet. „Ich habe den Fuß angefasst, ihn mit dem Maßband vermessen und mir dann schon überlegt, wo er Unterstützung braucht. Ich setze meine Erfahrung ein, das ist immer noch der Kern“, sagt Seniorchef Lorenz-Jörg Lachmayr.
Seit 75 Jahren sitzt das Familienunternehmen an der Breite Straße, in diesem Jahr übernahm Sohn Lorenz-Stefan Lachmayr (33) die Geschäftsführung – die Söhne haben seit Generationen denselben Vornamen. „Ich bin Lorenz der Siebte“, sagt Lorenz-Stefan. 1918 wurde die Firma gegründet, der Gründer-Lorenz stammte aus Bayern und hatte sich auf der Walz in eine Kölnerin verliebt. So kam der bayerische Name in die Stadt. Die erste Werkstatt war in der Küche der Familienwohnung in Sülz untergebracht.
Lachmayr junior wollte eigentlich nichts mit Füßen zu tun haben
Der Junior-Chef erzählt ganz offen, dass er in der achten, neunten Klasse nicht daran gedacht hat, das Unternehmen mal weiterzuführen. „Weil ich nichts mit Füßen und Schuhen zu tun haben wollte.“ Füße sind nun mal ein sehr spezieller Körperteil. Sie ständig anfassen zu müssen, war für ihn erstmal keine schöne Vorstellung. Doch dann habe er die Vielfältigkeit der Arbeit in einem Familienunternehmen entdeckt: Planung, Buchhaltung, Ladenbau, Digitalisierung (außer bei den Leisten), Werbung. Vor zehn Jahren machte er dann den Meister als Orthopädieschuhtechniker.
„Wir sind immer spezieller geworden, so haben wir es bis heute geschafft“, sagt der Vater. Die Vorfahren hatten sogar noch Ski- und Reitstiefel im Sortiment – das war, bevor sich Sportfachhändler etablierten. Die Lachmayrs – auch Mutter Birgit arbeitet im Büro mit – konzentrieren sich heute auf die Herstellung von Einlagen, die Fertigung von Spezialschuhen etwa für Menschen mit Behinderungen und den Verkauf von sogenannten Bequemschuhen. Die gibt es pro Modell in bis zu neun verschiedenen Weiten, damit jeder Fuß samt Einlage hineinpasst. 5000 Paar lagern hinter dem Verkaufsraum in Schränken, die normalerweise in Archiven verwendet werden.
Die Branche hat Zukunft, denn: Die Füße seien heutzutage in einem schlechteren Zustand als früher. „Das liegt vor allem daran, dass früher festere Schuhe getragen wurden, die den Füßen mehr Halt gaben“, sagt der Senior. Schuhe mit hohem Absatz förderten zum Beispiel den Spreizfuß und den Hallux Valgus, den unansehnlichen Ballenzehn. Und die allgegenwärtigen Sneaker ohne Fußbett hätten häufig Plattfuß und Senkfuß zur Folge. Lorenz-Stefan Lachmayr scherzt: „Den Sneaker-Trägern können wir dann später mit Einlagen gut weiterhelfen.“
Kölner Schuhhaus will weg vom Image der Omaschuhe
Lachmayr bedient eher ältere Käufer. „Die Kunden sind in der Regel ab 60 aufwärts. Aber es kommen auch verstärkt Jogger und andere Sportler, die Prophylaxe betreiben wollen“, sagt Lachmayr Senior. Und: „Bequemschuhe müssen keine Omaschuhe sein.“ Er zeigt auf Wanderschuhe und Stiefel, die nicht in den üblichen dunklen Farben oder Beige gehalten sind. Es gibt sogar orthopädische Flipflops in knalligen Ausführungen. Dabei bildet die Einlage quasi die Sohle. Sie kosten allerdings um die 200 Euro. Am Strand liegenlassen sollte man sie nicht.
Das Schuhhaus gehört zu den letzten Traditionsunternehmen, die auf der Breite Straße noch bestehen: Schirm Busch, Juwelier Gadebusch, Printen Schmitz, der Bier-Esel und Geigenbauer Bünnagel sind Nachbarn. Das Café Fromme machte vor kurzem zu. Bei Lachmayrs ist die Zukunft durch die Übergabe an den Junior erst einmal gesichert. Und im März 2025 kommt Lorenz der Achte zur Welt.