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Demonstration auf der Deutzer FreiheitHändler wollen die Autos zurück

Lesezeit 4 Minuten
300 Anwohner und Händler zeigen Schilder, auf denen sie die Verkehrsregelung auf der Deutzer Freiheit kritisieren.

300 Demonstration bei strömendem Regen auf der Deutzer Freiheit

300 Demonstranten zogen bei strömendem Regen über die Deutzer Freiheit und forderten die Aufhebung der Sperrung für Autos. Händler beklagten Umsatzrückgänge, Anwohner beschwerten sich über aggressive Radfahrer.

In einem sind sich alle einig: Die Deutzer Freiheit soll schöner werden. Das war es dann aber schon mit den Gemeinsamkeiten im Schatten von St. Heribert. Die Einkaufsstraße spaltet die Gemüter, seit die Bezirksvertretung Innenstadt im Juni 2020 beschlossen hat, versuchsweise die Autos von der Deutzer Freiheit weitestgehend zu verbannen. Julian Neumann hat einen Friseurladen an der Freiheit und gehört zu den schärfsten Kritikern der neuen Verkehrsregelung.

Er hatte für die „Initiative Deutz“ zu einer Demonstration gegen die Autofreiheit aufgerufen. 200 Menschen waren der Einladung gefolgt und liefen die Deutzer Freiheit bei Dauerregen einmal rauf und runter. Sie trugen Schilder mit Aufschriften wie „Leben und Überleben lassen“.

Ich selbst habe jetzt drei Monate hintereinander Minus gemacht.
Julian Neumann, Friseur

Vor allem die Geschäftsleute ärgern sich, dass ihre Kunden sie nicht mehr mit dem Auto erreichen können. „Die Händler haben Umsatzeinbußen zwischen zehn und 35 Prozent. Ich selbst habe jetzt drei Monate hintereinander Minus gemacht. Wie lange soll das noch so weiter gehen?“, schimpft Neumann. Sogar Ärzten gehe es schlecht, weil Patienten ausblieben. Als „dilettantisch“ bezeichnet er die Umwandlung der Freiheit in eine weitestgehend autofreie Zone durch die Verwaltung.

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Deutzer Freiheit in Köln: Radfahrer preschen mit hohem Tempo über die Straße

Radfahrer preschten mit hohem Tempo über die Straße. Und nachts kämen die jungen Männer mit ihren PS-starken Boliden. „Hier geht es zu wie auf der Alfred-Schütte-Allee. Poser ohne Ende. Und gesoffen und gegrölt wird nachts auf der Deutzer Freiheit auch seit kurzem“, redet sich Neumann in Rage. Er war in der jüngsten Sitzung der Bezirksvertretung Innenstadt mit einem Eilantrag gescheitert, den Verkehrsversuch sofort zu beenden. Die Bezirksvertreter wollen auf das Ergebnis einer Studie die Universität Bochum warten, die den Versuch auswertet.

Bezirksbürgermeister Andreas Hupke steht im Mittelgang von St. Heribert und spricht zu den Gegnern und Befürwortern der aufofreien Deutzer Freiheit.

Bezirksbürgermeister Andreas Hupke moderierte die Veranstaltung in St. Heribert.

Im Anschluss an die Demo trafen sich Gegner und Befürworter der Autofreiheit in der Kirche St. Heribert. Eingeladen hatte Bezirksbürgermeister Andreas Hupke, der den Meinungsaustausch im Nachgang als „respektvoll und konstruktiv‘“ bezeichnete. Anwohner und Geschäftsleute erhielten die Gelegenheit, ihre Ansichten zu äußern. Am Mikrofon im Mittelgang von St. Heribert bildete sich eine lange Schlange.

Deutzer Freiheit in Köln: Geschäftsleute klagen über ihre Probleme

Geschäftsleute schilderten ihre Probleme. Heinz Luhr vom gleichnamigen Tabakgeschäft berichtete beispielhaft von seinen Einbußen: „Ich habe Stammkunden aus dem Bergischen. Die kamen früher mit dem Auto. Jetzt bleiben sie weg. Und alte Menschen haben Angst, die Deutzer Freiheit zu meinem Geschäft zu überqueren, weil sie fürchten, von Radfahrern überrollt zu werden.“

Radfahrer haben viele Deutzer als Problem identifiziert. „Die Deutzer Freiheit ist mittlerweile eine Fahrradschnellstraße, die als schnellste Verbindung in die Innenstadt genutzt wird“, sagt Daniel Wolk von der Interessengemeinschaft (IG) Deutz, die die Händler vertritt. Gemeinsam mit der Industrie- und Handwerkskammer hat die IG eine Umfrage unter den Geschäftsleuten gestartet, um deren Haltung zur autofreien Freiheit abzufragen. Die Ergebnisse werden am Dienstag vorliegen. Wolf rechnet damit, dass die Händler die neue Verkehrsregelung mit großer Mehrheit ablehnen werden.

Vielleicht sollte man Schwellen einbauen, um die Radfahrer zu bremsen
Sabine Büttner, Initiative Deutzer (Auto-)Freiheit

Gegner und Befürworter der Autofreiheit hielten sich die Waage in St. Heribert. Eine Anwohnerin wandte ein, dass dem Verkehrsversuch mehr Zeit eingeräumt werden müsse. Aus ihrer Sicht hat sich die Aufenthaltsqualität auf der Deutzer Freiheit deutlich verbessert. „Vor allem für die vielen Kinder aus den Schulen und Kitas in Deutz ist es entspannter geworden. Die Bürgersteige sind einfach sehr eng. Die Gefahr durch Autos ist verschwunden.“ Die Rednerin erntete Applaus von den hinteren Kirchenbänken.

Die Kritiker saßen weiter vorn und offensichtlich getrennt von den Befürwortern. Sabine Büttner von der Initiative Deutzer (Auto-)Freiheit, die in der Bezirksvertretung Innenstadt den Antrag auf die Verbannung der Autos gestellt hatte, ist mit der Umsetzung auch nicht restlos zufrieden. Auch für sie sind die Radler ein Problem: „Vielleicht sollte man Schwellen einbauen, um die Radfahrer zu bremsen.“ Viele Radfahrer wüssten schlicht und ergreifend nicht, dass sie dort nur in Schrittgeschwindigkeit radeln dürften. Büttner kritisiert, dass die Einhaltung der Verkehrsregeln nicht konsequent überwacht werde.

Deutzer Freiheit in Köln: Fahrradfahrer halten sich nicht an Verkehrsregeln

Am Ende des Monats werden sich Vertreter von Politik, Verwaltung und der Initiativen zusammensetzen, um die Situation auf der Freiheit zu bewerten. Daniel Wolf von der IG hat im Vorfeld schon eine Idee: „Vielleicht Fußgängerzone am Wochenende ohne Autos. Und unter der Woche mit Autos und einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf sieben Stundenkilometer.“