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„Längere Vorbereitung gewähren“Bezirksregierung stoppt Entscheidung über neuen Kölner U-Bahn-Tunnel

Lesezeit 6 Minuten
So sieht eine erste Gestaltungsidee für den Rudolfplatz aus, wenn die Stadtbahn im Tunnel fährt. Die endgültige Planung folgt im Projektverlauf.

So sieht eine erste Gestaltungsidee für den Rudolfplatz aus, wenn die Stadtbahn im Tunnel fährt. Die endgültige Planung folgt im Projektverlauf.

Bekommt Köln einen neuen U-Bahn-Tunnel oder nicht? Darüber wird der Stadtrat am Donnerstag (12. Dezember) wohl doch nicht entscheiden.

Das „Tunnel-Bündnis“ aus CDU, SPD und FDP hält an seinen Ausbauplänen der Stadtbahn in der Innenstadt fest – obwohl laut Verkehrsdezernent Ascan Egerer die Planung für die Ost-West-Achse von vorne beginnen muss. Die verkehrspolitische Sprecherin der CDU, Teresa De Bellis-Ollinger sagte: „Wir lassen uns durch das Störfeuer von Herrn Egerer nicht aus der Bahn werfen. Seine persönliche Interpretation basiert darauf, dass er gegen den Tunnel sein muss.“

Im Verkehrsausschuss hatten CDU, SPD und FDP am Dienstagabend wie berichtet für ihre Pläne votiert, dort haben sie eine Mehrheit – anders als im Rat, der am Donnerstag (12. Dezember) tagt und eigentlich über den Änderungsantrag entscheiden sollte.

Bezirksregierung empfiehlt längere Vorbereitung

Allerdings wird die Entscheidung mit großer Wahrscheinlichkeit vertagt. Das wird Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) dem Rat vorschlagen und die Zustimmung gilt als wahrscheinlich, um formelle Probleme auszuschließen.

In einer E-Mail aus dem OB-Büro von Mittwochabend heißt es: „Die Bezirksregierung hat uns nach kursorischer Durchsicht der Unterlagen die Einschätzung mitgeteilt, dass der Änderungsantrag über den gewöhnlichen Umfang einer bloßen Änderung hinausgehe. Es empfehle sich daher, den Ratsmitgliedern eine längere Dauer zur Vorbereitung eines solchen Beschlusses zu gewähren.“ Die nächste reguläre Ratssitzung ist am 13. Februar. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Projekt im Überblick.

So sieht eine erste Gestaltungsidee für den Rudolfplatz aus, wenn die Stadtbahn weiter oberirdisch fährt. Die endgültige Planung folgt im Projektverlauf.

So sieht eine erste Gestaltungsidee für den Rudolfplatz aus, wenn die Stadtbahn weiter oberirdisch fährt. Die endgültige Planung folgt im Projektverlauf.

Worum geht es?

Um den Ausbau der sogenannten Ost-West-Achse. Der Begriff steht für den Umbau von 34 der 37 Haltestellen der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) zwischen dem rechtsrheinischen Bensberg und dem linksrheinischen Weiden-West. Die Strecke der Linie ist 26,5 Kilometer lang, täglich nutzen sie mehr als 100.000 Fahrgäste. Im Rechtsrheinischen fährt sie teils unterirdisch wie auch die Linien 7 und die 9, die dort auch verkehren. Die Linie 9 zweigt aber am Neumarkt ab, die 7 an der Kreuzung der Aachener Straße/Gürtel.

Was soll ausgebaut werden?

Auf eben jener Strecke zwischen Bensberg und Weiden-West soll die Fahrgast-Kapazität um 50 Prozent erhöht werden. Statt 60-Meter-Bahnen sollen dort 90-Meter-Stadtbahnen fahren. Darin ist Platz für 552 statt für 368 Fahrgäste wie bislang. Die große Frage lautet aber: Braucht es einen Tunnel vom Heumarkt Richtung Westen? Und wenn ja, wie lange soll dieser Tunnel werden?

So sieht eine erste Gestaltungsidee für den Heumarkt aus, wenn die Stadtbahn in einen neuen Tunnel fährt. Die endgültige Planung folgt im Projektverlauf.

So sieht eine erste Gestaltungsidee für den Heumarkt aus, wenn die Stadtbahn in einen neuen Tunnel fährt. Die endgültige Planung folgt im Projektverlauf.

Gab es das nicht schon einmal?

Ja. Ende 2018 stand schon mal die Frage Tunnel ja oder nein an, doch das damalige Minderheitsbündnis aus CDU und Grünen (43 von 90 Sitzen im Rat) konnte sich zunächst nicht einigen. Also beschloss der Rat mehrheitlich auf Vorschlag von CDU, Grünen und Ratsgruppe Gut eine parallele Planung, also sowohl oberirdisch- als auch unterirdisch – und zwar für die rund 2,1 Kilometer lange Strecke zwischen Heumarkt und dem Eisenbahnring am Aachener Weiher.

Was war das Ergebnis der parallelen Planungen?

Dass beide Varianten auf Fördergeld von Bund und Land hoffen können, weil der Nutzen-Kosten-Faktor größer als 1,0 ist. Heißt: Jeder eingesetzte Euro bringt einen Gegenwert, der darüber liegt, das Projekt hat also einen volkswirtschaftlichen Nutzen. Der Tunnel bis zum Aachener Weiher hat einen Faktor von 1,4 und kostet Stand jetzt 1,06 Milliarden Euro. Der oberirdische Ausbau kommt auf einen Faktor von 1,3 und kostet 193 Millionen Euro.

Was haben diese Planungen gekostet?

Laut Verwaltung waren das in den vergangenen fünf Jahren etwa zwölf Millionen Euro. Ein Sprecher teilte mit: „Welche Teile der erbrachten Leistungen weiter verwendet werden können, muss noch geprüft werden.“

So sieht eine erste Gestaltungsidee für die Hahnenstraße aus, wenn die Stadtbahn in einem neuen Tunnel fährt. Die endgültige Planung folgt im Projektverlauf.

So sieht eine erste Gestaltungsidee für die Hahnenstraße aus, wenn die Stadtbahn in einem neuen Tunnel fährt. Die endgültige Planung folgt im Projektverlauf.

Was war für den heutigen Donnerstag eigentlich geplant, bevor die Bezirksregierung Bedenken angemeldet hat?

Ein völlig neuer Plan steht – neben weiteren Anträgen und der Vorlage der Verwaltung mit den ursprünglichen Plänen von 2018 – zur Abstimmung. Diesen haben CDU, SPD und FDP (44 von 90 Sitzen) am Freitag präsentiert. Demnach soll unter anderem der Ausbau der Ost-West-Achse zunächst provisorisch zwischen Heumarkt und Aachener Weiher oberirdisch erfolgen, um möglichst schnell mehr Kapazitäten zu schaffen. Die U-Bahn wird nach den Vorstellungen des Bündnisses deutlich über diese 2,7 Kilometer lange Strecke hinausgehen, unter dem Rhein bis zum Deutzer Bahnhof und linksrheinisch unter der Dürener Straße bis zum Militärring verlängert werden. Vier Metrolinien mit Vorrang sollen die Stadt später mit dem Umland verbessern.

Ist damit die sechsjährige Planung der Stadt umsonst gewesen, wenn der Rat das beschließt?

Laut Verkehrsdezernent Egerer: ja. Im Verkehrsausschuss sagte er, die Stadt kann in dem Fall keinen Antrag auf Fördergeld stellen. „Wir können dann also nicht außerhalb der Innenstadt mit der Umsetzung beginnen. Wir brauchen definitiv eine klare Entscheidung für den Bereich Innenstadt. Sonst geht das Projekt an dieser Stelle nicht weiter.“

Was sagt das „Tunnel-Bündnis“ dazu?

Ralph Sterck von der FDP sagte: „Herr Egerer will den Antrag falsch verstehen und wirft eine Nebelkerze. Es soll einen klaren Beschluss für eine unterirdische Lösung geben und das oberirdische Provisorium für Dreifachzüge soll unverzüglich nach den im November 2023 im Begleitgremium vorgestellten Planungen umgesetzt werden.“ SPD-Fraktionschef Christian Joisten sagte: „Was insbesondere die Frage der kompletten Neuplanung angeht, wäre Herr Egerer gut beraten, sich einmal in Erinnerung zu rufen, dass bei der Nord-Süd-Bahn auch auf bestehenden Planungen aufgesetzt wurde; auch ein vorgezogener Baubeginn kann vom Fördermittelgeber durchaus genehmigt werden.“

Wie lange dauert es, die Ideen des „Tunnel-Bündnis“ zu planen?

Der Stadtsprecher sagte deutlich verhaltener als Egerer am Vortag: „Ob und wie die bisherigen Planungen Grundlage für zukünftige Planungen sein können, muss zuerst verkehrlich und technisch untersucht werden. Davon ist abhängig, wie lange die Planungen dauern.“

Verzögert sich dadurch der Einsatz der 90-Meter-Bahnen?

„Welche Auswirkungen dies für den Einsatz der neuen 90-Meter-Bahnen hat, muss noch geprüft werden“, teilte der Sprecher der Stadt mit.

Wie äußert sich die KVB?

Die KVB ist für den rechtsrheinischen Teil des Ausbaus zuständig. Eine Sprecherin antwortete, dass sich „aus einem eventuellen Beschluss einer der Änderungsanträge zunächst keine Anpassungsnotwendigkeiten“ ergebe. Alles weitere hänge vom Beschluss ab.

Finden die Pläne des „Tunnel-Bündnis“ eine Mehrheit?

Das ist unklar. Reker ist ebenfalls für eine Tunnel-Lösung, damit hätten die Tunnel-Befürworter 45 von 91 Sitzen. Es fehlt also eine Stimme, wenn alle Ratsmitglieder anwesend sind. Die Frage wird sein, wie die AfD und ihre vier Ratsmitglieder abstimmen. Die Grünen gemeinsam mit Volt, der Linken, der Ratsgruppe Gut/Klima-Freunde und dem Ratsherrn Thor Zimmermann lehnen den Tunnel ab und wollen eine oberirdische Lösung. Sie haben aber nur 39 von 91 Sitzen. Lino Hammer, Fraktionsgeschäftsführer der Grünen, sagte über die Tunnel-Pläne: „Ich halte es für fahrlässig, die Kapazitätserweiterung auf der Ost-West-Achse auf null zu setzen.“