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Leserbriefe Ost-West-Achse„Die Kölner Tunnellösung grenzt an Größenwahn“

Lesezeit 9 Minuten
Eine Straßenbahn steht am Eingang zum Neumarkt. Autos kreuzen ihren Weg.

Straßenbahnen und Autos am Neumarkt behindern sich gegenseitig.

Die Pläne des Kölner Tunnelbündnisses erscheinen vielen Leserinnen und Lesern durchaus als visionär, aufgrund der Finanzlage aber auch realitätsfern.

Bündnis aus CDU, SPD und FDP will große Lösung für unterirdischen Ausbau (7.12.)

Tunnellösung: An der Realität vorbei

Das Bestreben einiger Parteien im Rat, die unterirdische Ost-West-Achse durchzusetzen, geht meines Erachtens an den Realitäten vorbei. Die schwierige finanzielle Situation der KVB ist bekannt, die dramatische Haushaltslage der Stadt Köln wurde in dem letzten eingebrachten Doppelhaushalt offenbar. Ist das ein guter Zeitpunkt für ein teures Großprojekt dieser Art? Wo ist da die kaufmännische Vernunft?

Hinzu kommen die zahlreichen Dauerbaustellen in Köln, deren Planungs- und Baukosten explodieren und bei denen kein Ende abzusehen ist. Um beim Thema Verkehr zu bleiben und nicht vom Operndrama zu sprechen, sollten sich die Befürworter des Tunnels nochmal mit der geplanten Nord-Süd-Stadtbahn, der Entwicklung dieses Projekts und dem aktuellen Stand auf der Bonner Straße beschäftigen, um daraus zu lernen.

Zudem wäre meine Frage, ob die Befürworter des Tunnels selbst den ÖPNV nutzen. Mehrheitlich vermutlich eher nicht. Denn wenn sie es täten, wüssten sie, wo bei ihm die Hauptprobleme liegen: Unzuverlässigkeit, technischer Rückstand, Haltestellen in teils extrem ungepflegtem Zustand, Ausdünnung des Fahrplans wegen Personalmangels – es wäre schön, wenn man mit weniger Mitteln den Ist-Zustand verbessern würde, um die Akzeptanz des ÖPNV zu erhöhen statt Luftschlösser und eine neue Dauerbaustelle zu produzieren. Ulrike Toprak Köln

Ost-West-Achse: Tunnellösung derzeit nicht finanzierbar

Will der Rat der Stadt Köln allen Ernstes das nächste Milliardenprojekt beschließen? Mindestens drei Gründe dagegen: Erstens hat der Rat 2019 den „Klimanotstand“ erklärt. Und jetzt ein U-Bahn-Neubau, der einen enormen CO₂-Ausstoß mit sich bringt? Wie passt das zusammen? Zweitens kann Köln keine Großbauten! Opernhaus, U-Bahn Waidmarkt, Kalkberg, MiQua, Erweiterungsbau Wallraf-Richartz-Museum und vieles mehr: Kostenexplosionen, ausufernde Zeitabläufe. Diese Fakten zur Kenntnis nehmen, Selbstüberschätzung vermeiden, aus Fehlern lernen!

Und drittens hat Köln kein Geld! Streichungen im Kultur- und Sozialbereich, aktuell in der Flüchtlings- und Frauenhilfe, marode Infrastruktur, Sanierungsstau in Schulen, „Neue Mitte“ nicht finanzierbar, Ausbau ÖPNV zusammengestrichen – die Liste lässt sich beliebig erweitern. Und jetzt eine Milliardeninvestition, die – bei zweifelhaftem Nutzen für die Stadtgesellschaft – auch noch die letzten Mittel auf Jahrzehnte blockiert?

Bleibt nur zu hoffen, dass die Vernunft siegt und das Projekt „Tunnel“ keine Mehrheit findet. Politik darf Fantasien und Träume haben, muss aber in erster Linie die Realität zur Kenntnis nehmen und die richtigen Prioritäten setzen. Ferdinand Hohns Köln

Große Tunnellösung: „Verplanung von nicht vorhandenem Geld“

Ich bin verzweifelt und schockiert über so viel missbräuchliche Verplanung von nicht vorhandenen Geldern. Das Operndebakel ist noch nicht gelöst, die aktuelle Haushaltsplanung sieht drastische Kürzungen in den wichtigen Bereichen Kultur und Soziales vor und es gäbe so viele andere Probleme, die alle mit einem Schlag mit einem Budget von einer Milliarde Euro bewältigt werden könnten. Die Kölner müssen sich wehren; dieses Tunnelprojekt darf nicht starten, zumal jetzt auch schon klar ist, dass die aktuellen Planungen nicht gehalten werden können. Köln macht sich lächerlich. Christina Bierwirth Köln

Kölner Tunnelbündnis: „Ein richtiger Schritt nach vorne“

Mit dem am 7.12. veröffentlichten gemeinsamen Vorschlag von CDU, FDP und SPD wird endlich ein richtiger, großer Schritt nach vorne gewagt. Es wird keine Verkehrswende geben, solange die KVB oberirdisch hinter der Müllabfuhr oder der Flaschenpost steht oder an den Karnevalstagen einige Linien komplett einstellen muss. Die Linien 3 und 4 beweisen linksrheinisch heute schon, wie es gehen könnte. Die Idee, einige Linien oberirdisch zu belassen, wurde in Wien erfolgreich umgesetzt, wo ein funktionierender Verbund von Metro-Linien mit lokalen Bimmel-Bähnchen und Bussen existiert. Achim Müller Köln

Köln: Kosten für Tunnel zu hoch

In einer Stadt, in der nichts so funktioniert wie es soll, soll eine Milliarde Euro für einen Tunnel, statt 100 Millionen Euro für eine oberirdische Lösung ausgegeben werden? In einer Stadt, in der in Schulen die Deckenverkleidungen runterfallen, die Schulsporthallen, Toiletten, Duschen nicht nutzbar sind, in der regelmäßig geplante Projekte zeitlich und finanziell aus dem Ruder laufen, soll ein Tunnel gegraben werden? Nach den ersten 100 Metern wird man auf irgendwelche römischen Bauten stoßen. Die Archäologen werden die Baustelle stilllegen und der Zeit- und Kostenplan ist sofort hinfällig. Achim Steinacker Köln

Tunnellösung: Kosten-Nutzen-Verhältnis überzeugt nicht

Da wird ein Nutzen von 800 Millionen Euro errechnet, und niemand überprüft diese Rechnung, jedenfalls nicht von der Stadt Köln. Ein grober Verfahrensfehler. Und ein Fachmann, der sie überprüft hat, der Sachverständige Dr. Martin Vieregg, München, kommt zum katastrophalen Ergebnis: grundlegend falsch. Das wird einfach ignoriert. Dabei ist ja schon das Projekt ziemlich krass: für eine Strecke von 1,35 Kilometern – nur so lang ist die Tunnelstrecke! – sollen 800 Millionen Euro Zusatzkosten investiert werden, die einen Nutzen stiften, der sogar noch etwas höher ist.

Wer von Brück zum Neumarkt fährt, braucht dafür dann statt 21 nur 19 Minuten, so sagt es die Nutzen-Kosten-Untersuchung der Stadt selbst. Und solche minimalen Zeitvorteile stiften einen so immensen volkswirtschaftlichen Nutzen? Unwahrscheinlich. Dafür werden andere wichtigere Verkehrsprojekte zurückgestellt. Und überall wird gespart. Nur für die Vision Metropolstadt Köln soll so viel Geld ausgegeben werden. Dr. Burkhardt Krems Köln

Visualisierung des gemeinsamen Plans von CDU, SPD und FDP für die Ost-West-Achse für den Heumarkt.

Visualisierung des Heumarkts, auf dem nach Plänen des „Tunnelbündnisses“ aus CDU, FDP und SPD die Straßenbahnlinien 7 und 9 oberirdisch verkehren sollen.

Köln: Statt Tunnellösung soziale Projekte weiterführen

Die Stadt Köln hat kein Geld, um wichtige soziale Projekte weiterzuführen. Auch sonst liest man nur noch von finanziellen Desastern. Wie können die Politiker das Wort Tunnel überhaupt noch in den Mund nehmen? Da kann einem doch nur noch die Zornesröte ins Gesicht steigen. Bei mir ist der Eindruck entstanden, dass das Projekt eher zur Profilierung von Politikern dient als zum Wohle der Bevölkerung. Marin Langer Köln

Ost-West-Achse: Oberirdische Lösung nicht zukunftsfähig

Im Zuge der langfristig anhaltenden Klimaerwärmung und zum Schutz der Menschen vor den extremen Beeinträchtigungen durch Hitze, Sturm und Regen ist eine umfassende U-Bahn in Zukunft unabdingbar! Gleichzeitig werden Besucher und Touristen die Innenstadt ohne Auto bequem erreichen können und die entstehenden Freiflächen können pflegeleicht begrünt werden.

Da bekommt Park & Ride am Rand der Stadt eine völlig neue Bedeutung! Gleichzeitig stehen für Notfälle, wie Kriegslagen, die dann dringend benötigten Schutzräume zur Verfügung! Also wird ein sogenanntes günstiges oberirdisches Stückwerk der Zukunft nicht gerecht! Daher mein Appell an alle Parteien: Packen Sie es an, aber richtig! Nur Mut! Hans Werner Franke Köln

Sparzwang verbietet Kölner Tunnellösung

Dumme Frage: Es ist kein Geld da für Bildung, Kultur und Soziales, weshalb hier der Rotstift regiert, aber mehr als eine Milliarde Euro für eine U-Bahn, die ganz bestimmt noch viel mehr kosten und dann doch nie fertig werden wird? Jürgen Nielsen Köln

Kölner Verkehrspolitik: „Erst mal die Hausaufgaben von vorvorgestern erledigen“

Es ist ja löblich, wenn die Kölner Verkehrsverantwortlichen den Schienenverkehr ausbauen wollen, aber es sollten doch erst mal die Hausaufgaben von vorvorgestern erledigt werden. Man ist sehr optimistisch, bis 2050 ... Das sind etwa 25 Jahre. Der Anschluss von Neubrück an das Stadtbahnnetz wartet nur schon seit gut 50 Jahren auf Verwirklichung. Und was soll der Unsinn mit den Metrolinien? Weshalb so bescheiden? Warum nicht gleich Linien, die von Köln aus in die Nachbarstädte verkehren? Thomas Wember Wesseling

Tunnelbündnis: „Wahrhaft unterirdische Verkehrspolitik“

Eine schwarz-gelb-rote Koalition im Kölner Rat betreibt eine wahrhaft unterirdische Verkehrspolitik. Wenigstens die SPD hat erkannt, dass der Ost-West-Tunnel allein für die Kapazität der Stadtbahn rein gar nichts bringt. So soll dann auch weiterhin zumindest die Bahn von Sülz oberirdisch durch die City nach Deutz fahren: Gut für das Mauritiusviertel, gut für die schnelle Verbindung zwischen Sülz, Uni und Südbahnhof und sogar gut für Touristen, die etwas von der Stadt sehen wollen. An dieser Trasse liegt schließlich mehr als ein Dutzend Bauten und Sehenswürdigkeiten, an denen man Stadtgeschichte festmachen kann.

Aber abgesehen von diesem Lichtblick sind die Pläne für das kilometerlange Ost-West-Pharaonengrab schlichtweg verheerend für die Verkehrswende, für unser kulturelles Erbe und nicht zuletzt für den innerstädtischen Handel. Eines ist so sicher wie das Amen in der Kirche: Ein derartiges Projekt wird auf Jahrzehnte hinaus alle Kapazitäten binden. Seit langem geplante Erweiterungen des Stadtbahnnetzes werden weiter auf die lange Bank geschoben. Außerdem stellt sich die Frage, ob unsere Kommunal- und Verkehrspolitiker kulturfern sind.

Immerhin wollen sie ganz nebenbei wichtige Bodendenkmäler für Haltestellen und sogenannte „Start- und Zielschächte“ opfern: etwa das Augustinerkloster, den römischen Neumarkt-Untergrund und nicht zuletzt die Festungsanlagen vor dem Hahnentor, die sich ungefähr bis zum ehemaligen Millowitsch-Theater erstrecken – also genau im Bereich der langen Tunnelhaltestelle. Und ob etwa ein Kaufhof eine jahrelange Baustelle vor der eigenen Haustür am Augustinerplatz überleben wird, ist auch eine Frage, die offenbar überhaupt keine Rolle spielt – zumal sich die sogenannte Industrie- und Handels(!)kammer auch auf die Seite der Tunnelfraktion geschlagen hat. Dr. Rolf Schmidt Köln

Tunnellösung: Wenig Zeitersparnis, keine Aufenthaltsqualität

Als Betroffener, der kein Auto mehr besitzt und folglich auf den ÖPNV angewiesen ist, frage ich: Was sind die Vorteile einer unterirdischen Straßenbahn am Neumarkt? Aufenthaltsqualität? Diese wird nicht von Straßenbahnen entscheidend ungünstig beeinflusst, sondern vielmehr vom Autoverkehr. Ich empfehle dringend eine Informationsreise nach Dresden oder Mannheim, wo Straßenbahnlinien oberirdisch zu aller Zufriedenheit über belebte Straßen und Plätze laufen.

Vorteil Zeitgewinn? Einen geringen Zeitgewinn gibt es nur für die Fahrgäste, die durch die Stadt durchfahren. Wie sieht es für Fahrgäste aus, die innerhalb der Innenstadt kürzere Entfernungen überbrücken wollen? Oberirdisch schaffen sie das in wenigen Sekunden, mit barrierefreiem Ein- und Aussteigen. Unterirdisch nur über Treppe, Rolltreppe oder Aufzug möglich, barrierefrei mit Rollstuhl, Kinderwagen und Rollator nur mit dem Aufzug. Das dauert in jedem Fall mehrere Minuten, vor allem, wenn bis zu vier Ebenen überwunden werden müssen.

Dieser Zeitnachteil gilt für alle unterirdisch geplanten Haltestellen, die bisher ebenerdig erreichbar waren. Ältere Leute, denen Treppensteigen schwerfällt, die einen Rollator benutzen, Mütter und Väter mit Kinderwagen und Rollstuhlfahrer sind verloren, wenn ein Aufzug nicht funktioniert. Defekte Aufzüge und Rolltreppen sind in Köln leider an der Tagesordnung. Für benachteiligte Menschen bleibt bei der Benutzung einer U-Bahn immer auch die Frage: Komme ich am Zielort auch wieder nach oben?

Und wie sieht es mit den Kosten für Reparaturen, Instandhaltung und Wartung für die geplanten neuen unterirdischen Stationen aus? Das sind „Ewigkeitskosten“, die in Zukunft Jahr für Jahr auf die Stadt Köln zukommen. Gibt es dafür auch Zuschüsse vom Land oder hat die Stadt diese Kosten allein zu tragen? Kosten, die bei einem oberirdischen Straßenbahnverlauf nur einen Bruchteil betragen. Dieses Geld sollte man für bessere Zwecke, wie Schulsanierungen und den Neubau von Kindergärten verwenden. Dr. Ludwig Krewinkel Köln

„Tunnellösung für die Ost-West-Achse grenzt an Größenwahn“

Die Kölner Schildbürger im Rat stehen kurz vor der Durchsetzung eines Verkehrsplans, der an Größenwahn kaum zu überbieten ist. Das magische Wort heißt Tunnellösung auf der Ost-West-Achse, mit einer Rheinunterführung bis zum Deutzer Bahnhof im Osten und einer unterirdischen Metroverlängerung bis zum Militärring im Westen. Bis 2050 soll das Vorhaben fertig sein.

Für solche Prognosen haben die Kölnerinnen und Kölner inzwischen nur ein müdes Lächeln übrig, nehmen wir nur das Debakel um die Sanierung von Oper und Schauspiel am Offenbachplatz. Realistischer wäre eine Umsetzung frühestens im Jahre 2100. Nicht einmal unsere Kinder würden das erleben.

Was diese Pläne in der Bauphase für die Kölner Bürger und Bürgerinnen in den kommenden Jahrzehnten bedeuten, ist kaum auszumalen, ein Verkehrschaos ohnegleichen. Und das bezeichnen die Befürworter auch noch als nachhaltig und sprechen von Verkehrswende. Das ist bürgerfremd, arrogant und in hohem Maße Verschwendung von Steuergeldern. Wer legt diesen Schildbürgern im Rat endlich Fesseln an? Peter Lessmann-Kieseyer Köln