Eine Entscheidung wird am 12. Dezember im Stadtrat getroffen.
Ost-West-AchseDas ist der Milliardenplan für den Kölner U-Bahn-Tunnel
Die Stimmung ist ausgezeichnet – am Freitagmorgen im Café Riphahn. Die Laune bei den Machern des Tunnelbündnisses steht im krassen Gegensatz zu einem grauen Dezembertag und geduldig wartet man gemeinsam für die Fotografen auf der Hahnenstraße, dass endlich eine Straßenbahn vorbeischleicht. Nach langen Verhandlungen haben sich die Fraktionen von CDU, SPD und FDP darauf verständigt, die Ost-West-Achse als U-Bahn auszubauen – und das in einer großen Lösung. Die Trasse soll nicht nur über die 2,7 Kilometer zwischen dem Heumarkt und dem Aachener Weiher verlaufen, sondern mittelfristig unter dem Rhein bis zum Deutzer Bahnhof führen und in Lindenthal unter der Dürener Straße fortgeführt werden. Darüber soll der Stadtrat am kommenden Donnerstag entscheiden. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
Bisher war immer nur von einem Tunnel zwischen dem Heumarkt und dem Aachener Weiher die Rede. Wie kommt diese große Lösung zustande?
Die drei Fraktionen sehen die Ost-West-Achse als ein Rückgrat des öffentlichen Nahverkehrs, das weit über die Innenstadt hinausreicht. Es gehe um die Schaffung leistungsfähiger Verbindungen zwischen der Stadt und der Region, sagt FDP-Ratsherr Ralph Sterck. Deshalb müsse das KVB-Netz durch die Einführung und den Bau von „Metrolinien“ aufgewertet werden.
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Was sind Metrolinien?
Das sind Stadtbahnen, die grundsätzlich auf eigenen Gleiskörpern fahren und oberirdisch Vorrang vor allen anderen Linien haben. Eine von vier möglichen Linien wäre die M 1 (bisher 16 und 18) die von Thielenbruch ab 2032 über die Trasse der Nord-Süd-Stadtbahn nach Bonn Bad Godesberg fährt. Das könnte schon ab 2032 der Fall sein, wenn der U-Bahn-Tunnel am Waidmarkt fertig ist.
Das alles liegt in ferner Zukunft. Was wird konkret aus der Ost-West-Achse?
Sie soll im ersten Schritt zwischen Aachener Weiher und Heumarkt oberirdisch in provisorischer Form ausgebaut werden, damit dort Züge in Dreifach-Traktion fahren können. CDU, SPD und FDP schlagen vor, die Trasse in beiden Richtungen ab Rudolfplatz stadtauswärts über die Richard-Wagner-Straße zu führen und die Aachener Straße zu einer Anliegerstraße mit Radverkehr und breiten Gehwegen umzubauen. Das ist die kurzfristige Lösung.
Wie soll es danach weitergehen?
Im zweiten Schritt soll die unterirdische Ost-West-Stadtbahnverbindung gebaut werden, deren Kernpunkt ein Tunnel zwischen Melaten und Deutz ist und unter der Dürener Straße bis zum Militärring erweitert wird. Von dort ginge es weiter über die bestehende Bahntrasse nach Frechen. Auf dieser Verbindung soll dann die neue Metrolinie 3 die jetzigen Linien 1 oder 9 und 7 ersetzen.
Das schließt also den Bau eines Rheintunnels an der Deutzer Brücke ein.
Ja. Diese neue Ost-West-U-Bahn könnte dann von vier Linien genutzt werden. Die Linie 1 von Weiden-West über die Ost-West-U-Bahn nach Bensberg oder zum Königsforst. Die Linie 2 von Junkersdorf über die Ost-West-U-Bahn bis Brück. Die Linie 9 als M3 dann als Ersatz für die jetzigen Linien 1 und 7 von Frechen (Kerpen) über die Ost-West-U-Bahn nach Bensberg und die Linie 10 zwischen Schönhauser Straße über die Ost-West-U-Bahn nach Neubrück.
Und was wird aus den anderen Straßenbahnlinien, die derzeit über den Heumarkt und Neumarkt fahren?
Wenn der neue Rheintunnel fertig ist, soll es zwei Straßenbahnlinien geben, die weiter oberirdisch über die Deutzer Brücke Richtung Neumarkt und Rudolfplatz fahren. Das wären die Linien 7 (Sülz-Deutzer Brücke-Zündorf) und 8 (Universität-Deutzer Brücke-Flittard). Durch den Wegfall der Stadtbahnrampe in der Mindener Straße kann man zusätzlich eine neue Linie 6 einführen, die zwischen der Keupstraße über die Deutzer Freiheit nach Porz fährt.
Der Neumarkt wird also nicht komplett von der Straßenbahn befreit?
Nein. Das neue Konzept lautet: Zwei Linien oben, zwei Linien unten. „Das entspricht ganz unserem Ursprungskonzept“, sagt SPD-Fraktionsvorsitzender Christian Joisten. „Die Menschen werden schneller und bequemer mit der KVB fahren können.“ Die Umfahrung am Neumarkt entfällt, der Autoverkehr wird bis auf Anlieferer komplett verschwinden. Die drei Fraktionen sind sich einig, dass es keinen Durchgangsverkehr am Neumarkt mehr geben soll.
In welchen Zeitraum soll das alles gebaut werden?
Da sind die drei Fraktionen sehr optimistisch. Bis 2050 könne das neue KVB-Netz in den Grundzügen mit allen Metrolinien stehen. „Das ist ein sehr schöner Tag für Köln“, sagt CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau am Freitag bei der Vorstellung des Konzepts, während vor dem Café Riphahn an der Hahnenstraße die KVB mal wieder im Stau steht. Es sei bedauerlich, dass man die Grünen nicht habe überzeugen können. „Wir sind auf viele Kritikpunkte eingegangen. Wir beginnen mit dem kurzen Tunnel. Die Rampe am Mauritiussteinweg ist weg, wir schaffen kurzfristige Verbesserungen auf der Aachener Straße und erhöhen schnell die Kapazitäten durch den Einsatz von Langzügen.“
Dieser erste Schritt entspricht komplett dem Grünen-Vorschlag für die oberirdische Lösung. Warum ist die Einigung gescheitert?
„Wir hätten uns das sehr gewünscht“, sagt Ralph Sterck. Der Unterschied liege darin, „dass die Grünen einen endgültigen oberirdischen Ausbau wollen und wir nur eine provisorische Lösung. Hätten wir uns darauf eingelassen, wäre eine U-Bahn über Jahrzehnte nicht mehr zu realisieren, weil es keine Fördergelder dafür gibt.“
Hat der gemeinsame Antrag der drei Fraktionen Chancen auf eine Mehrheit bei der Ratssitzung am kommenden Donnerstag?
Durchaus. Rechnet man die Stimme von Oberbürgermeisterin Henriette Reker hinzu, kommt das Bündnis auf 45 Stimmen. Die Mehrheit liegt bei 46. Um das Konzept noch zu verhindern, müssten sich auch die AfD und Die Partei zusammen mit den Befürwortern des oberirdischen Ausbaus auf einen gemeinsamen Änderungsantrag verständigen. Das kann ausgeschlossen werden. „Oben bleiben gibt es nur mit der AfD“, sagt der FDP-Fraktionsvorsitzende Volker Görzel. „Wir wissen, dass es auch in anderen Fraktionen Sympathisanten für unsere Lösung gibt.“ Görzel schlägt vor, bei der Abstimmung den Fraktionszwang aufzuheben.
„Eine Entscheidung gegen unser Konzept kann nur mit der AfD getroffen werden“, sagt SPD-Fraktionschef Christian Joisten. „Wir werden darauf achten, dass wir für Tunnellösung auf die Stimmen der Rechtsextremen nicht angewiesen sind.“
Im Stadtrat reicht die einfache Mehrheit der anwesenden Ratsmitglieder zur Entscheidung.
Könnte es zu einer geheimen Abstimmung kommen?
Im Prinzip schon, das ist aber äußerst unwahrscheinlich. Bei Sachfragen müsste im Stadtrat ein Fünftel aller anwesenden Ratsmitglieder dafür stimmen. Von den großen Fraktionen wird das keine beantragen, um nicht Gefahr zu laufen, dass die AfD bei einer geheimen Abstimmung zum Zünglein an der Waage werden könnte.
Am Dienstag wird es noch eine Sondersitzung des Verkehrsausschusses geben. Warum?
Der Ausschuss ist die letzte Gelegenheit, noch einmal über das Für und Wider beider Varianten zu beraten und doch noch eine breite Mehrheit zu finden. CDU, SPD und FDP haben schon angekündigt, ihren Antrag pro Tunnel mit einem positiven Votum an den Stadtrat weiterzuleiten.