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„Will noch jemand Pizza?“Was das Kölner Ordnungsamt in einer Nacht erlebt

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Das Ordnungsamt Kln bei einem Einsatz am Fühlinger See

Köln – 22.00 Uhr an einem Freitag. Die Nachtruhe beginnt. Lea Rousseau und Johannes Lobenstein vom Ordnungsamt Köln stehen auf einem Parkplatz in Ehrenfeld. Die Außendienstermittelnden der Dienstgruppe vier besprechen, wie der Abend weitergeht. Schichtbeginn war schon um 16.30 Uhr. Eine Party haben sie schon beenden müssen, sonst sei der Abend bisher ruhig verlaufen, erzählen sie. Beide sind Quereinsteiger und haben erst in anderen Berufen gearbeitet, die 33-jährige Rousseau als Verkäuferin, der 27-jährige Lobenstein als Fahrradmechaniker.

„Ich mag die Vielseitigkeit. Hier ist kein Tag wie der andere, morgens weiß ich nicht, was mich am Abend noch erwartet“, erzählt Lobenstein. Nicht nur Ruhestörungen zu beenden gehört zu ihrem Job, auch Gastro-, Gewerbe und Jugendschutzkontrollen, erklärt er. Rousseau wird ungeduldig, sie will weiter. Seit Sommerbeginn hat das Kölner Ordnungsamt 13 illegale Raves aufgelöst, meistens in abgelegenen Landschaftsschutzgebieten. Um die versteckten Partys zu finden, recherchieren sie auf Social Media, bekommen Tipps von Anwohnern und fahren initiativ die verdächtigen Orte ab, wie heute. Über ihr Diensthandy gebeugt schauen sie auf Google Maps, wo es als Erstes hingehen soll. Will noch jemand Pizza? Nein? Also geht es los zur Scarletallee.

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Durch den Wald schallen laute Bässe, die von einer illegalen Party kommen könnten.

An einer abgelegenen Straße, an der LKWs geparkt sind, steigen Rousseau und Lobenstein aus dem Auto aus. Sie gehen ein paar Schritte, bleiben stehen und lauschen, ob sie von irgendwo Musik hören. „Wir haben was“, sagt Rousseau. „Treffer“, ergänzt Lobenstein. Durch den Wald schallen laute Bässe, die von einer illegalen Party kommen könnten. Weil unklar ist, auf wie viele Menschen sie treffen könnten und die Wege zum nahe gelegenen See dunkel und unübersichtlich sind, ordern sie per Funk Verstärkung an. Eigensicherung steht beim Ordnungsamt an erster Stelle, besonders weil sie bei Feierlustigen auf der Beliebtheitsskala nicht sehr weit oben stehen.

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Auch die Verstärkung der Kollegen und Kolleginnen wird hin und wieder gebraucht.

Beide tragen schusssichere Westen mit dem Wappen der Stadt, aus der Tasche von Rousseaus dunkelblauer Hose ragt ein Teleskop-Abwehrstock, in ihrem Gürtel steckt ein Reizstoffsprühgerät, daneben Handschellen. „Wir werden häufig beleidigt und auch geschubst oder angegriffen“, erzählt Rousseau. Ernsthaft verletzt wurden sie beide noch nicht. „Wenn man aber hört, dass Kollegen mit Flaschen am Kopf getroffen werden, ist das schon hart“, erzählt Lobenstein. „Dabei haben wir keinen Mehrwert, wenn wir Partys auflösen und Sanktionen verhängen. Es geht um das Wohl der Allgemeinheit“, ergänzt er.

Dann klingelt sein Diensthandy, die Verstärkung ist gleich da. Als das Team gegen 23.00 Uhr eintrifft, geht es los. Die vier schalten ihre Taschenlampen an und beginnen, sich den Weg durch das Gestrüpp des Waldes zu schlagen. Per Funk bekommen sie die Nachricht, dass in der Nähe eine Großveranstaltung sei, Kasalla spielt. Wohl doch kein illegaler Rave, also zurück zum Auto. Auf dem Weg spricht Rousseau eine Gruppe LKW-Fahrer an, die ein Feuer gemacht haben. Doch sie sind vorbildlich und haben einen Feuerlöscher dabei. Noch mal, will jemand Pizza? Salami und Rucola gibt es noch. Nein? Also weiter, zum Fühlinger See.

Einsatz für Ordnungsamt Köln: Zelten am Fühlinger See ist verboten

In der Zentrale sind Lärmbeschwerden eingegangen. Um 23:54 halten sie das erste Mal auf der Schotterstrecke am See. Eine Großfamilie hat einen Grill und ein Zelt aufgebaut. Rousseau und Marion Otten aus dem anderen Team gehen auf die Familie zu, mit dem Feuer vom Grill sollen sie bitte vorsichtig sein. Zelten ist am Fühlinger See verboten, solange sie aber nur vor dem großen weißen Zelt sitzen bleiben, sei das okay, erklärt Lobenstein, der mit seinem männlichen Kollegen, der nicht genannt werden möchte, am Auto geblieben ist. Lea Rousseau ist zierlich, steht aber breitbeinig vor der Familie. Erst klingt sie freundlich, dann wird es kurz laut und sie strenger: „Gehen sie heute noch? Einer sagt hier ja, einer sagt Nein!“ Es haben wohl mehr Nein gesagt, Rousseau verabschiedet sich und steigt zurück in den Wagen. Über den See hört man Bässe, der Strand gegenüber ist erleuchtet, man sieht von weitem Menschen tanzen. Wohl die Lärmquelle, die sie suchen. Um 0 Uhr kommen sie an der Strandanlage an, Bohemien Rapsody von Queen dröhnt aus den Boxen. Die vier Einsatzkräfte betreten das Privatgelände, nach einer Weile wird die Musik abgedreht. Als sie zurückkommen, erzählt Rosseau. „Das war eine Hochzeitsgesellschaft. Man gönnt den Leuten ja auch den Spaß, aber man muss eben alle gleichbehandeln.“

Sie haben ein Verwarngeld von 35 Euro verhängt, dass der Veranstalter noch vor Ort in bar bezahlt hat. Die Ordnungsamt-Mitarbeiter dürfen Verwarngelder von bis zu 55 Euro verhängen, die Höhe liegt situationsbedingt in ihrem Ermessen. „Das entscheiden wir nach Uhrzeit und danach, was eigentlich los ist, zum Beispiel wie laut es ist“, erklärt Otten.Dann werden die vier still und lauschen, noch immer hört man Musik, dieses Mal „Wake me up“ von Avicii. Nur wenige Meter müssen sie gehen, um fündig zu werden. Nachdem die vier Uniformierten das Party-Gelände betreten haben, eilt ein Mann im schwarzen Hemd auf den Weg. „Krass“ murmelt er, „Ich hab noch nie erlebt, dass hier das Ordnungsamt aufgetaucht ist.“ Genervt holt er sein Portemonnaie aus einem Auto und bezahlt die 55 Euro Verwarngeld.

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„Das war eine Medizinerparty. Wir haben gesagt, wenn es nicht leiser wird, dann lösen wir die Party auf“, sagt Otten auf dem Rückweg. Indes informiert Johannes Lobenstein die Zentrale, die sie ins Cranerwäldchen schickt. Als sie um 0.55 Uhr dort ankommen, ist es still. Lobenstein ruft die Beschwerdestellerin an. „Ist der Lärm noch akut?“, fragt er. Schon seit einer halben Stunde sei es wieder ruhig, sagt die Frau. Die beiden Teams trennen sich, es ist nicht mehr nötig, gemeinsam zu suchen. Rousseau setzt sich hinters Steuer, fährt Richtung Mülheim, doch auch dort sei es schon wieder ruhig, erfahren sie auf halber Strecke. Sie entscheiden sich, zurück in die Zentrale zu fahren. Um 1.45 Uhr ist die Schicht beendet, eine Techno-Party haben sie heute nicht aufgelöst. „Für einen Freitag war das sehr ruhig“, sagt Lobenstein. „Das ist für die Bürger natürlich positiv.“ Auch Rousseau findet: „Heute war es entspannt.“ Einen müden Eindruck machen die beiden trotz der späten Uhrzeit nicht, auf ihr Bett freuen sie sich trotzdem.