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FC-Torschütze Luca WaldschmidtBefreiung in der 86. Spielminute

Lesezeit 4 Minuten
Kölns Luca Waldschmidt bejubelt seinen späten Treffer zum 1:0-Sieg in Ulm, der den FC zurück auf die Aufstiegsplätze beförderte.

Kölns Luca Waldschmidt bejubelt seinen späten Treffer zum 1:0-Sieg in Ulm, der den FC zurück auf die Aufstiegsplätze beförderte.

Luca Waldschmidt beschert dem 1. FC Köln einen lebenswichtigen 1:0-Sieg in Ulm

Die Stimmung im Kabinengang des Donaustadions zu Ulm war speziell. Es erklangen Töne, die der örtlichen Bevölkerung gänzlich unbekannt waren. Kasallas „Kumm, mer lääve“ donnerte durch die Flure, und man fragte sich, wie um Himmels willen die Kölner eine solche Musikanlage mit nach Baden-Württemberg gebracht hatten. „Ich glaube, man hört’s hinten: Da ist schon ein bisschen Erleichterung da, bei allen“, sagte Luca Waldschmidt, der mit seinem Treffer zum späten 1:0-Sieg zum Mann des Tages geworden war.

Köln hatte beim Tabellen-Vorletzten eine überwiegend schaurige Leistung geboten und besonders im zweiten Durchgang kaum etwas zuwege gebracht. Spätestens nach Batista-Meiers Pfostenschuss in der 51. Minute hatte der FC die Kontrolle verloren, eine Viertelstunde später lief Telalovic allein auf Marvin Schwäbe zu, verfehlte das Tor jedoch deutlich. Ulms Trainer Thomas Wörle sprach später von der „Chance des Spiels“, und tatsächlich wäre es wohl schwierig geworden für die Kölner nach zuvor drei Partien ohne Sieg.

So aber hatten sie nicht nur die mitgereisten Fans in der Kurve dazu gebracht, sich mit Grauen abzuwenden. Einige FC-Anhänger auf der Haupttribüne waren angesichts des Kölner Auftritts derart in Rage, dass sie mehrfach die sofortige Ablösung des Kölner Trainers Gerhard Struber forderten. Dann aber trat Waldschmidt entscheidend auf und schob Thielmanns Vorlage aus 14 Metern flach ins Tor.

Waldschmidt setzte zum Jubellauf an, es war eine Befreiung. „Es kommt Druck von euch, aber auch Druck, den wir uns selbst machen, weil der Anspruch hoch ist. Wir wissen, was möglich ist, wissen aber auch, was wir in den letzten Wochen gezeigt haben“, beschrieb der Torschütze. Man habe wieder das Potenzial der Mannschaft auf den Platz bringen wollen, „deshalb auch die angesprochene Sitzung in dieser Woche. Wir lassen es nicht über uns ergehen, sondern wir arbeiten daran“, sagte der 27-Jährige. Waldschmidt gestattete tiefe Einblicke in sein Seelenleben und das seiner Mannschaft. „Das war heute wichtig für uns alle, das hat man am Jubel gesehen. Wie wir alle zusammen gefeiert haben. Das war das große Motto, das über dem Spiel stand: Einen extremen Zusammenhalt zu haben, füreinander da zu sein. Allen Widerständen zu trotzen“, erklärte er.

Es tut schon extrem gut. Ich würde lügen, würde ich behaupten, dass es anders wäre
Luca Waldschmidt nach seinem Treffer in Ulm

Waldschmidt hatte zum ersten Mal seit seinem enttäuschenden Auftritt im Januar beim HSV (0:1) in der Kölner Startelf gestanden und zunächst ausgesehen, als werde auch dieser Tag einen enttäuschenden Verlauf nehmen. Schon in der Anfangsphase hatte er mehrere Chancen vergeben, darunter einen Kopfball aus nächster Nähe. Insgesamt acht Torschüsse gab der Angreifer ab – Luca Waldschmidt, wie er sich die Haare raufend auf dem Rasen des Donaustadions stand, schien der Anblick zu sein, der von diesem üblen Nachmittag in Ulm bleiben würde. Doch der letzte Versuch war drin. „Es tut schon extrem gut. Ich würde lügen, würde ich behaupten, dass es anders wäre“, sagte der Profi – und stockte kurz, als die Musik von Kasalla auf den Gassenhauer „Rakete“ von Mätropolis wechselte: „Ich muss lachen wegen der Musik“, sagte Waldschmidt und schüttelte grinsend den Kopf.

FC-Trainer Gerhard Struber erlebte einen emotionalen Nachmittag an der Seitenlinie in Ulm.

FC-Trainer Gerhard Struber erlebte einen emotionalen Nachmittag an der Seitenlinie in Ulm.

Er verspürte durchaus den Drang, zu den Kollegen in die Kabine zu gehen. Doch diese Sache wollte er noch loswerden: Er habe nicht daran gezweifelt, dass er ein derart wichtiges Tor in sich habe. „Es gehört dazu, dass mal einer nicht reingeht. Dass auch mal ein vermeintlich hundertprozentiger nicht reingeht. Vor fünf Jahren hätte das noch bis in die Halbzeit an mir genagt. Es war ein Prozess, daran zu arbeiten, Fehler nicht zu hoch zu gewichten“, sagte er.

Nach den Partien des 25. Spieltags stand Köln wieder auf einem Aufstiegsplatz, obwohl die Mannschaft seit Monaten kein anständiges Fußballspiel gezeigt hat. Wie nachhaltig das ist, wird sich bald zeigen. Noch neun Partien sind zu spielen. Die Liga biegt auf die Zielgerade ein.

SSV Ulm: Ortag - Allgeier, Reichert, Kolbe - Stoll (70. Geyer), Hyryläinen, Brandt (89. Dressel), Rösch (63. Keller) - Meier (89. Kahvic), Röser (63. Krattenmacher) - Telalovic; 1. FC Köln: Schwäbe - Gazibegovic, Schmied (81. Heintz), Hübers, Finkgräfe (90.+2 Pacarada) - Olesen, Huseinbasic (62. Ljubicic) - Thielmann, Waldschmidt, Kainz - Tigges; Schiedsrichter: Max Burda (Berlin); Tor: 0:1 Waldschmidt (86.); Zuschauer: 17.400 (ausverkauft).