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Anders als geplantWie drei Kölner plötzlich zu Hotel-Besitzern wurden

Lesezeit 5 Minuten
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 Sebastian Effinger, Farhang Heydarian und Manuel Beninger (von links) vor dem Hotel am Chlodwigplatz.

Köln – Was haben der Gynäkologe Sebastian Effinger, seine Frau, die Buchhändlerin Jeannine Effinger und der Designer Manuel Beninger gemeinsam? Das Hotel am Chlodwigplatz. Seit Mitte 2019 führen die drei den grasgrünen Beherbergungsbetrieb an der Ecke Merowinger-/Elsassstraße. Natürlich ist das alles kein Zufall und hat eine Vorgeschichte.

„Wir wohnen in der Südstadt. Immer, wenn wir an dem Hotel vorbeigegangen sind, haben wir gedacht, dass es eine super Idee wäre, in dem Frühstücksraum ein Café zu eröffnen.“ Doch das damalige Besitzer-Ehepaar Else und Josef Heinen hätte entsprechende Anfragen stets abgelehnt und den Rustikal-Charme schwerer Vorhänge, tief gezogener Markisen und gediegener Zurückgezogenheit bewahren wollen.

Wenn Café in der Südstadt, dann gleich das ganze Hotel

Nun ging das Alter auch an dem Hotelier-Paar nicht spurlos vorüber. Und 2019 stimmten die Heinens der Eröffnung eines lichtdurchfluteten Cafés im Frühstücksraum zu. Unter einer Bedingung, erinnert sich Effinger: „Wenn Ihr hier ein Café aufmacht, müsst Ihr auch das Hotel übernehmen.“ Da mussten Beninger und die Effingers aber mal kräftig durchatmen. Denn Ahnung von der Hotelbranche hatte keiner von ihnen. Jeannine brachte immerhin ein wenig Gastro-Erfahrung mit. Frei nach Fontanes „Am Mute hängt der Erfolg“ sprang das Trio ins kalte Wasser.

Alles zum Thema Chlodwigplatz

„Die Heinens sind uns beim Preis entgegen gekommen. Wenn hier eine große Hotelkette Interesse angemeldet hätte, wäre von ganz anderen Summen die Rede gewesen. Aber die Vorbesitzer wollten, dass das Hotel weiterhin von Familien geführt wird“, erinnert sich Effinger an die Verkaufsgespräche, die schließlich mit einem für beide Seiten zufriedenstellenden Ergebnis endete.

Wunderschöne Bodenfließen und ein guter Geist

Damals ahnte niemand der neuen Hotelbesitzer auch nur annähernd, wie viel Arbeit sie sich aufgehalst hatten. „Fast alles, was wir angefangen haben, war schlimmer als gedacht“, sagt Effinger. Aber eben nur fast alles. Designer Beninger weist beispielhaft auf die Bodenfliesen: „Die waren eine echte Überraschung. Wir haben den Bodenbelag, der sie bedeckte, herausgerissen und die Fehlstellen geflickt. Wir wollen hier nichts kaschieren.“Und während nach und nach die Zimmer saniert und das Café eingerichtet wurde, lief der Hotelbetrieb weiter. Eine unerlässliche Stütze war Hausmeister Ralf Kieselbach.

Die Neu-Hoteliers nutzten anfangs noch das riesige Buch der Vorbesitzer. Und schliefen in einem Verschlag auf der Baustelle hinter der Rezeption. „Wenn ein Gast nachts in sein Zimmer wollte, sind wir aufgestanden und haben ihm den Schlüssel überreicht“, sagt Effinger. Mittlerweile ist das Buchungssystem digitalisiert, und in die Zimmer gelangt man durch das Café und einen separaten Eingang mit einer Chipkarte. Ohne Aufzug. „Ab dem dritten Stock sind wir Sport-Hotel“, erläutert Effinger den positiven Einfluss einer Nacht im Hotel am Chlodwigplatz auf die Fitness der Gäste.

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Moderne Vollholzmöbel in den Schlafzimmern

In den Zimmern hat sich auch eine Menge getan. Die alten Möbel sind rausgeflogen. „Die waren nicht Patina-fähig“, sagt Beninger. Nun finden die Gäste ausschließlich Vollholzmöbel. Viel Eiche wurde verbaut. Beninger hat sogar exklusiv einen Schrank entworfen, der in allen Zimmern zu finden ist und Platz bietet für die Garderobe von Geschäfts- und Städtereisenden. Die Raufasertapeten hat man abgerissen und durch Lehmfarbe ersetzt. Einzig die Bäder bleiben bis auf weiteres wie sie sind. „Die Leute sollen sich fühlen, als würden sie bei Freunden im Gästezimmer übernachten“, beschreibt Effinger die Philosophie der Hotelbesitzer. Irgendwann soll es echte Appartements mit Küchenzeile im Hotel geben. Wenn Familien wieder auf Städtereisen gehen. Momentan zählen Beninger und Effinger nur wenige Gäste. Geschäftsreisende und Leute, die wegen Wasserschäden ihre Wohnungen verlassen mussten.

Für die Zukunft haben sich die Hoteliers einiges vorgenommen. Kulturveranstaltungen soll es geben im Hotel am Chlodwigplatz. Prädestiniert dafür ist der große Raum im Keller. „Das war früher der Versammlungsraum des Reiterkorps Jan van Werth. Den sanieren wir auch noch. Dann kann man hier zu Lesungen einladen. Und zu Theateraufführungen und Weinverkostungen“, sagt Effinger.

Gerüchte um ehemaliges Bordell kursieren in der Südstadt

Nach dem kurzen Blick auf die Historie des Hauses, das Anfang der 80er Jahre umgebaut wurde, hat der Mitbesitzer eine Bitte. „Wer etwas über die Geschichte des Gebäudes weiß, kann sich gerne an uns werden. Wir sind da sehr interessiert.“ Es gebe Gerüchte, dass dort früher ein Bordell betrieben worden sei.

Corona hat natürlich auch einen Strick durch die Rechnungen gemacht. Obwohl: Es geht sich alles gerade so aus. Effinger und Beninger bekommen Unterstützungszahlungen vom Staat, die sich an den Umsätzen der Vorbesitzer orientieren. „Müssten wir von dem Hotel leben, wären wir längst pleite“, sagt Berninger. Die Angestellten, unter anderem zwei Betriebsleiterinnen, sind in Kurzarbeit. Was läuft, ist das Café. Dafür ist Jeannine Effinger zuständig. Es wird außer Haus verkauft. Kaffee und Kuchen. Und natürlich die „Armen Ritter“, für die die Küche des Hotels am Chlodwigplatz Legendenstatus erlangt hat. Süß und herzhaft zubereitet aus dem Brot vom Vortag. Küchenchef ist Farhang Heydarian, der auch eine Ausbildung als Konditor absolviert hat.

Hoteliers üben Kritik an Kölner Stadtverwaltung

Dann sagt Effinger einen Satz, der aufhorchen lässt: „Corona ist schlimm, aber noch mehr Probleme macht uns die Stadtverwaltung.“ Um aus dem ehemaligen Frühstücksraum ein Café machen zu können, bedurfte es der Genehmigung einer Nutzungsänderung. „Alle, die für uns zuständig sind, sind nicht besonders kooperativ. Wir hören immer nur was nicht geht. Nie, was wir tun sollen. Unterlagen sind verloren gegangen und woanders wieder aufgetaucht.“ Aber jetzt schauen die drei in die Zukunft. Auch Hausmeister Kieselbach: „Vielleicht heirate ich ja noch einmal. Dann feiern wir das hier. Und am Abend vorher gibt es einen Polterabend in der Elsaßstroß.“

Hotel am Chlodwigplatz, Merowinger Straße 33, 50677 Kölnwww.chlodwigplatz.koeln