Laut OB Reker müssen Innenstadt-Bewohner „hartgesotten“ sein. Die Aussage sorgt bei Bezirksbürgermeister Hupke für Betroffenheit.
Zustände an KarnevalKölner Innenstadt-Anwohner prüfen Klage – Bezirksbürgermeister kritisiert OB Reker
Der Bezirksbürgermeister der Kölner Innenstadt, Andreas Hupke (Grüne), hat Oberbürgermeisterin Henriette Reker für ihre Aussage zu den Bewohnerinnen und Bewohner der Innenstadt hart kritisiert. In einem Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ hatte Reker angesichts der Belastungen rund um Karneval gesagt: „Wer mitten in der Stadt wohnt, muss hartgesotten sein.“
Hupke meldete sich daraufhin und sagte: „Das ist eine Resignation, die ich nicht verstehe. Das hat mich betroffen gemacht.“ Reker äußerte im Interview zwar volles Verständnis für die Anwohnerinnen und Anwohner, sie sagte aber auch: „Wenn man in Köln mitten in der Stadt lebt, muss man nicht mit allem rechnen, aber man muss auch leidensfähig sein, was Lärm und solche Veranstaltungen angeht. Wir können nicht alles verhindern.“
Hupke sagte dazu: „Das stimmt nicht. Wenn ich mir als Innenstadt-Bürgermeister diese Einschätzung zu eigen machen würde, könnte ich mit der Politik aufhören. Wenn man es nicht versucht, dann hat man schon aufgegeben.“
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Wie berichtet, kommen an Karneval immer mehr Feiernde in die Stadt, die Zülpicher Straße als Feiermeile zieht vor allem junge Menschen an. Der abgesperrte Bereich ist schon morgens vollkommen ausgelastet, die dahinter liegende Uni-Wiese dient als Ausweichfläche, auch sie wird immer beliebter. Dadurch drängen die Menschen teils in die umliegenden Straßen, hinterlassen dort Müll, leere Flaschen oder ihre Hinterlassenschaften.
Michael Neumann, Vorsitzender der Bürgergemeinschaft Rathenauplatz, hat das Interview ebenfalls gelesen. Der Rathenauplatz liegt in der Nachbarschaft zur Zülpicher Straße, Neumann sagte: „Ich hätte mir mehr Sensibilität gewünscht, diese Äußerung ist unsäglich.“ Er wisse nicht, was Reker geritten habe.
Stadt Köln wehrt sich gegen Urteil
Laut Neumann erwägt die Bürgergemeinschaft, sich juristisch zu wehren, das Vorbild ist der Brüsseler Platz. Anwohner des Platzes im Belgischen Viertel hatten die Stadt verklagt, sie forderten die Stadtverwaltung auf, die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger zu schützen, indem sie die Nachtruhe wirklich durchsetzt.
Das Oberverwaltungsgericht Münster gab den Klägern im September recht, doch noch ist das Urteil nicht rechtskräftig, weil die Verwaltung im Dezember Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht gegen die Nichtzulassung der Revision eingereicht hat.
Laut Neumann haben die Anwohnerinnen und Anwohner im Kwartier Latäng sich deshalb bei Anwalt Wolfram Sedlak beraten lassen. Sedlak hatte das komplette Verfahren am Brüsseler Platz als Anwalt begleitet. Neumann sagte: „Wir sind zumindest in Überlegungen und loten aus, was rechtlich geht.“ Unter anderem muss die Frage geklärt werden, wer klagen kann.
Neumann sagte zu Rekers Aussagen: „Es ist ignorant den Anwohnern gegenüber, das steht der OB nicht zu. Sie muss sich hinter die Anwohner stellen und nicht hinter das Partyvolk.“
Wirtin Wolf wünscht sich mehr Mut
Seiner Aussage nach lasse sich natürlich etwas an den Zuständen ändern, das beweise die Verwaltung ja gerade, weil sie eine neue Veranstaltungsbühne auf einem 200 Meter langen Stück des Hohenstaufenrings prüfe. Der Bereich liegt rund 500 Meter vom Zülpicher Platz, die Karnevalsgesellschaft „Grosse von 1823“ will die Party ausrichten. Sie soll den Andrang auf die Zülpicher Straße etwas mildern, noch sind die Pläne aber nicht genehmigt.
Maureen Wolf, Wirtin von Oma Kleinmann, ist skeptisch, ob eine Bühne alleine ausreicht, um die Situation grundlegend zu verändern. Seit dem 11.11.2022 öffnet die Traditionskneipe auf der Zülpicher Straße an Karneval nicht mehr, feiert mittlerweile auf dem Achterdeck im Marienburger Bootshaus. Wolf sagte zu Rekers Aussagen in dem Interview: „Ich finde, wir sind hartgesotten. Warum sollen wir hartgesottener sein als andere?“
Allerdings taugen Rekers Aussagen ihrer Meinung nach nicht zum Aufschrei. „Ich finde sie nicht ganz glücklich, aber sie sind auch keine Katastrophe. Die OB ist schon sehr daran interessiert, eine Lösung zu finden, aber es wirken viele Kräfte aufeinander. Das ist nicht gut.“ Wolf wünscht sich mehr Mut von Verwaltung und Politik.
Laut ihrer Aussage ist es „nicht in Stein gemeißelt“, dass Oma Kleinmann an Karneval schließt. „Wir überlegen jede Session neu, ob es einen Weg zurück gibt.“ Aber: „Ich habe das Gefühl, das Kind ist in den Brunnen gefallen und es wird von Jahr zu Jahr schwieriger, die Situation zu verbessern.“