Zwölf Stunden am Tag wird die Toilette in der Kölner Innenstadt bewacht. Die Kosten klingen absurd, sind aber Realität.
Öffentliches WC in der KrebsgasseAbsurde Kosten – Diese Toilette in der Kölner Innenstadt erhitzt die Gemüter
Die Liste der Baupossen in Köln ist lang. Natürlich auch manchmal lustig. Wenn in der Stadt bei kleineren und größeren Bauprojekten schon immer vorausschauend geplant worden wäre, wüsste die Welt wohl bis heute nicht, dass ein solarbetriebener Mülleimer namens „Presshai“ 10.000 Euro kosten und dass man die Aussicht auf den Kölner Autobahnring von nutzlosen Aussichtsplattformen für 218.000 Euro mitten auf einen Acker in Bocklemünd genießen kann.
In diese Liste dürfte sich der neueste Schildbürgerstreich einreihen. Der spielt sich mitten in der Innenstadt ab, ist schon fast amüsant, aber eben auch ganz schön teuer.
In der zentral gelegenen Krebsgasse nämlich, neben einem Schuhgeschäft und einige Meter von der Kreuzung mit der Schildergasse entfernt, unterhält die Stadt seit gut acht Jahren eine Toilettenanlage. Modern sieht sie aus, anthrazitfarbene Glasfassade, automatische Edelstahltür. Etwa 150.000 Euro hat sich die Stadt das Schmuckkästchen eines Klos inklusive Tiefbau und Anschlüssen für Strom und Wasser kosten lassen. Nach einigen Monaten aber stellte sich als Problem heraus, dass die Toilette in der Nähe des Drogen-Hotspots Neumarkt regelmäßig von Drogenabhängigen aufgesucht wird, die sich dort ihre Spritzen setzen. Also blieb das Häuschen für gut sechs Jahre geschlossen, bis es im Frühsommer vergangenen Jahres wieder öffnete – allerdings nur unter teuer bezahlter Bewachung eines Sicherheitsdienstes.
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Zwölf Stunden Bewachung für Toilette in Kölner Krebsgasse
Zwölf Stunden am Tag sitzt nun also in einem direkt angrenzenden Containern eine Aufsichtsperson und achtet darauf, dass sich nur Befugte Zutritt zum Toiletteninneren verschaffen. Den Rest der Zeit ist das Häuschen geschlossen. Auf etwa 10.000 Euro im Monat belaufen sich die Personalkosten, wie die Stadt auf Anfrage mitteilte. Dafür sei gewährleistet, dass die Toilette werktags von 9 bis 21 Uhr und an Sonn- und Feiertagen von 9 bis 18 Uhr bewacht und „eine missbräuchliche Nutzung der Toilette zum Beispiel als Drogenkonsumraum unterbunden“ werden könne. 120.000 Euro Steuergeld im Jahr. Für die Bewachung eines Klos. Das ist keine Satire, sondern Realität.
„Die Bewachung ist notwendig, um die Nutzbarkeit des City-WC zu gewährleisten“, sagte eine Stadtsprecherin dazu. „Perspektivisch“ werde für den Neumarkt und dessen Umfeld „die Schaffung von weiteren Toilettenangeboten angestrebt. Im Zusammenhang mit deren Realisierung wird über den weiteren Umgang mit der Bewachung entschieden“. Wann genau „perspektivisch“ sein soll, sei unklar. Mit zeitnahen Lösungen ist aber sicher nicht zu rechnen. Immerhin: Andere Klohäuschen in der Stadt sollen zunächst nicht bewacht werden.
Bei den ähnlich teuren Toilettenanlagen zum Beispiel am Brüsseler Platz sowie an der Urbanstraße und am Kennedyufer – beide in unmittelbarer Nähe zum Rheinboulevard – ist das Drogen-Problem nämlich entweder wesentlich kleiner oder gar nicht vorhanden. Dass das WC in der Krebsgasse von Abhängigen als Konsumraum missbraucht wird, kam für die Stadt überraschend. „Im Vorfeld konnte nicht mit einer widerrechtlichen Nutzung durch Drogenabhängige in diesem Umfang gerechnet werden“, hatte ein Sprecher Anfang 2017 gesagt, nachdem die Toilette zunächst wegen der Drogenproblematik geschlossen wurde. „Der widerrechtlichen Nutzung durch Drogenabhängige, die zum Teil auch ein aggressives Verhalten an den Tag legten, konnte am Ende nur mit einer vollständigen Schließung der Anlage begegnet werden.“
Klo-Posse von Köln offenbart Drogenproblem am Neumarkt
Die Klo-Posse vom Neumarkt wirft daher auch ein Schlaglicht auf die dortige Drogenproblematik, die offenbar einfachste städtische Angebote unmöglich macht. Etwa zeitgleich mit der Einführung der Toilettenbewachung wurde der Drogenkonsumraum des Gesundheitsamts in der Lungengasse in Betrieb genommen. Dort werden für die Konsumenten auch Toiletten und Duschen angeboten. Seit Monaten aber gibt es unter anderem Unmut wegen zu kurzer Öffnungszeiten, Anwohnerinnen und Anwohner beklagen außerdem, dass der Konsumraum von vielen Drogenabhängigen nicht genutzt wird.
Und so würden sich ohne den permanenten Sicherheitsdienst wohl wieder Drogenabhängige die Toilette als Konsumraum sehen. Und so reiht sich das womöglich sicherste öffentliche Klo Kölns ein in eine Reihe von Baupossen. An die Kosten für die Bewachung des Heinrich-Böll-Platzes während der Vorstellungen in der Philharmonie kommt es aber nicht heran. Dort sprach die Verwaltung zuletzt von knapp 3,5 Millionen Euro Personalkosten seit 1999.