Innenstadt – Prostitution am Eigelstein – für Anwohner und Händler eine untragbare Situation, die bereits seit Jahren anhält.
Dabei gilt für das Viertel wie für weite Teile der Kölner Innenstadt eine Sperrbezirksverordnung, die Straßenprostitution verbietet. Viele Anwohner fühlen sich durch die Freier und Frauen, die teilweise schon morgens die Straße entlang flanieren, gestört.
Viele Anwohner ziehen weg
Ein 44-jähriger Kölner, der seinen Namen nicht in der Zeitung gedruckt sehen will, hat sich in einem Leserbrief an den „Kölner Stadt-Anzeiger“ gewandt und schildert die Situation. Seit knapp zehn Jahren wohnt er am Eigelstein. Mittlerweile sei es so schlimm, dass er ernsthaft überlege, fortzuziehen. Er sei auch nicht der Erste: „Die Quote der Leute, die hier weggehen, ist recht hoch.“
„Die Frauen stehen in Dreier- oder Vierergrüppchen zusammen oder laufen zwischen zwei einschlägig bekannten Kneipen hin und her“, ergänzt der Anwohner. Anfang des Jahres würden nicht so viele Frauen auf der Straße ihre Dienste anbieten, „da sind sie vielleicht im Heimaturlaub“, vermutet der 44-Jährige. Im Frühjahr seien sie meist wieder da, in neuer Frauenstärke.
Zuständig für Kontrollen ist das Ordnungsamt. Sprecher Heribert Büth betont, dass Mitarbeiter des Ordnungsdienstes den Bereich im vergangenen Jahr „fast täglich und zu unterschiedlichen Zeiten aufgesucht“ haben, um die Einhaltung des Verbots der Straßenprostitution und der Kontaktaufnahme zu kontrollieren.
Wie viele Personen überprüft werden, erfassen die Mitarbeiter nicht. Verstöße allerdings „konnten nur in geringem Umfang festgestellt werden“, sagt Büth. Lediglich in zwei Fällen konnten Anbahnungsgespräche festgestellt und mit einem Verwarngeld geahndet werden.
Gemeinsame Aktion von Polizei, Ordnungsamt und Zoll
Nachdem sich Anwohner zunehmend beschwert hatten, fand im Juni vergangenen Jahres eine gemeinsame Aktion von Stadt, Polizei und Zoll statt, bei der rund 40 Beamte den Eigelstein kontrollierten. Drei Prostituierte erhielten einen Platzverweis. Weitere Verstöße wurden nicht festgestellt, heißt es vom Ordnungsamt.
Die Anwohner sind frustriert. Der 44-jährige Kölner, der die Situation aus nächster Nähe kennt, hat wiederholt Kontakt zum Ordnungsamt gesucht und ist resigniert angesichts dessen, was die Mitarbeiter ausrichten können: „Die Stadt drückt entweder beide Augen zu oder hat nicht die rechtlichen Mittel, um die Frauen zu belangen.“ Mittlerweile habe er aufgegeben, sich zu beschweren: „Man weiß, dass nichts passiert.“
Der Ordnungsdienst braucht eindeutige Situationen, um den Sexarbeiterinnen einen Verstoß nachweisen zu können. Bei den Kontrollen habe man festgestellt, dass sich „die Prostituierten nur zum Rauchen auf der Straße aufhalten“, sagt Heribert Büth vom Ordnungsdienst. Kontaktgespräche würden dann eher in den Kneipen geführt, vermutet Büth. Das könnte die wenigen Platzverweise oder Verwarngelder erklären. Das Amt setzt aber auch auf die abschreckende Wirkung seiner Kontrollen: „Dennoch sollen Aktionen dieser Art wiederholt werden, weil von ihnen auch eine präventive Wirkung ausgeht.“
Keine Kapazitäten für konsequetes Vorgehen vorhanden
Doch dafür braucht es Personal. Aktuell sind im Ordnungsdienst insgesamt 62,5 Außendienststellen unbesetzt, mit Hilfe des Programms „100 plus“ sollen aber noch weitere Stellen geschaffen werden. Der Einsatz am Eigelstein wird auch dieses Jahr fortgeführt, allerdings nicht intensiviert: „Wir führen die Kontrollen ja aktuell fast täglich durch. Eine weitere Steigerung ist nur in geringem Umfang möglich“, betont Büth. Dafür stünden weitere Sonderaktionen auf der Agenda.
Prostitution nicht mehr, aber „sichtbarer“
Unterdessen liegen dem Sozialdienst katholischer Frauen (SkF), der Sexarbeiterinnen in Köln beim Ausstieg aus der Prostitution helfen will und eine Beratungsstelle eingerichtet hat, keine Informationen zu vermehrten Konflikten am Eigelstein vor.
„Das Viertel ist seit jeher ein Quartier, in dem in Kneipen und anderen Lokalitäten Anbahnung stattgefunden hat. Insgesamt scheint es nicht mehr Prostitution zu geben als in früheren Jahren“, so Skf-Geschäftsführerin Monika Kleine, „allerdings ist sie sichtbarer, seit das Rauchverbot in den Kneipen durchgesetzt wird und die Frauen daher öfter auf der Straße stehen“. Vornehmlich stammten sie aus Südosteuropa und da vor allem aus Bulgarien. „Im Rahmen der aufsuchenden Arbeit haben wir Kontakt zu ihnen.“
Grundsätzlich erscheine es so, dass der Eigelstein als innerstädtisches Quartier in prominenter Lage als Wohn- und Geschäftsviertel aufgewertet werden solle. „Da wird das, was früher als »Lokalkolorit« eines bunten Straßenzuges gewertet wurde, zu einer Belastung, die über kurz oder lang der Gentrifizierung anheim fallen könnte“, so Kleine.