Köln – Ein Mahnmal zur Erinnerung an den Völkermord der Türken an den Armeniern und die deutsche Mitverantwortung hat die Initiative „Völkermord erinnern“ am Sonntag um 14 Uhr auf der linksrheinischen Seite der Hohenzollernbrücke aufgestellt. Die Aktion war weder angemeldet noch zuvor genehmigt worden. Die Skulptur steht hinter dem Reiterstandbild von Kaiser Wilhelm II., der den Genozid an den Armeniern als Hauptverbündeter des Osmanischen Reichs mitgetragen hatte.
Ein Geschenk für OB Reker
Die Initiatoren hoffen, dass der Kölner Stadtrat die Gedenkstele, auf der in Deutsch, Englisch, Armenisch und Türkisch an den Völkermord erinnert wird, im Nachhinein genehmigt. Die Initiative Völkermord schickte die Schenkungsurkunde noch am Sonntag an Oberbürgermeisterin Henriette Reker.
„Wir hoffen, dass Frau Reker unser Geschenk annimmt und die Politik die Idee unterstützt“, sagte Mitinitiatorin Maria Baumeister. Sie sei optimistisch, da die Stadt schon einige Male nachträglich ähnliche Aktionen genehmigt habe: So erinnert eine ebenfalls unangemeldet aufgestellte Bahnschwelle seit 2006 an die Beteiligung von Mitarbeitern der Deutschen Reichsbahn an der Deportation von Millionen Menschen in die Konzentrationslager.
Auch der erste Stolperstein des Künstlers Gunter Demnig war vorab nicht genehmigt. Das El-De-Haus war von Aktivisten besetzt worden, bevor die Politik sich mehrheitlich für die Idee begeisterte, ebenda ein Dokumentationszentrum zu schaffen. „Ich bin von der Idee begeistert, auch wenn es natürlich ein Problem wäre, wenn jeder irgendwo etwas aufstellen würde“, sagte Ulrich Wackerhagen, kulturpolitischer Sprecher der FDP, der zufällig in der Nähe war. Er könne sich vorstellen, dass über das Mahnmal am kommenden Dienstag im Kulturausschuss gesprochen wird.
Kölner Künstler realisieren Mahnmal
Das Mahnmal, realisiert von den Kölner Künstlern Stefan Kaiser und Max Scholz, wurde im Anschluss an die Matinee „Völkermorde erinnern, Kriege verhindern“ im Museum Ludwig vom türkischstämmigen Kölner Schriftsteller Dogan Akhanli, dem NS-Verfolgten Peter Finkelgruen und dem Namibia-Aktivisten Israel Kaunatjike enthüllt.
Auf der Veranstaltung hatten Redner und Filme an den Holocaust, den Völkermord an den Sinti und Roma im Zweiten Weltkrieg, den Genozid an den Armeniern sowie an den Völkermord an den OvaHerero und Nama in Namibia durch die deutsche Kolonialmacht 1904 bis 1908 erinnert. Ani Smith-Dagesyan vom Zentralrat der Armenier in Deutschland sagte: „Das Mahnmal ist ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zur Anerkennung und Erinnerung an einen vom türkischem Staat weiterhin geleugneten Massenmord.“
Dogan Akhanli, der als einer der ersten türkischstämmigen Schriftsteller den Genozid an den Armeniern in einem Roman thematisierte, hatte auf der Matinee im Museum Ludwig eingangs „ein Gedicht“ angekündigt. Das Gedicht entpuppte sich als 200 Kilo schwere, 1,50 hohe Pyramide mit einem eingekerbten Granatapfel, der den Völkermord an den Armeniern symbolisiert – und die jetzt für Diskussionen sorgen wird.
Im Frühjahr 2017 hatten 44 türkische Vereine und Verbände aus Köln und der Region einen Protestbrief an die Stadt Köln geschickt, nachdem auf einem Friedhof in Brück ein Kreuzstein zur Erinnerung an den Völkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich aufgestellt worden war. Der Stein war in der Folge geschändet worden.
Protestwelle wird erwartet
Die Initiatoren rechnen auch jetzt mit einer Protestwelle von türkischer Seite. Der türkische Staat bestreitet, dass Hunderttausende Armenier im Osmanischen Reich planmäßig vertrieben, verfolgt und ermordet worden seien.
Der deutsche Bundestag hat im Juni 2016 eine Resolution zum seitdem auch so genannten Völkermord an den Armeniern verabschiedet. Darin wird auch eine deutsche Mitschuld eingeräumt: Das Deutsche Reich als militärischer Hauptverbündeter des Osmanischen Reiches habe trotz eindeutiger Informationen nicht versucht, dieses Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu stoppen. Zu den Paten für das neue Mahnmal zählen neben Dogan Akhanli zum Beispiel Martin Stankowski, Günter Wallraff, Gunter Demnig und Prof. Micha Brumlik.