Der schwer verletzte Mann und sein Begleiter sollen den Streit am Dienstag auf dem Ebertplatz begonnen haben.
Mordkommission ermitteltMesserstecher vom Kölner Ebertplatz handelte wohl in Notwehr
Der 28-jährige Mann, der am Dienstagmittag in der U-Bahnhaltestelle Ebertplatz niedergestochen wurde, ist außer Lebensgefahr. Das teilten Polizei und Staatsanwaltschaft mit. Nach derzeitigem Ermittlungsstand könnte der Mann in der Auseinandersetzung auf dem Bahnsteig allerdings eher Täter als Opfer gewesen sein. Die Ermittler gehen davon aus, dass der 28-Jährige und sein Begleiter (25) einen 34-Jährigen attackiert haben und dieser schließlich in Notwehr zweimal zugestochen hat. Das ergab unter anderem die Auswertung der Bilder aus den Überwachungskameras von Polizei und KVB.
Aus diesem Grund wird gegen den schwer verletzten Mann und seinen Begleiter nun wegen gemeinschaftlicher und daher gefährlicher Körperverletzung ermittelt. Der Messerstecher dagegen könnte straffrei davonkommen, sollte sich die Notwehr-Version bewahrheiten. Alle drei wurden nach ihren Vernehmungen wieder entlassen. Weil die beiden Beschuldigten einen festen Wohnsitz haben, wurde kein Haftbefehl erlassen.
Köln: 34-jähriger Messerstecher könnte straffrei davon kommen
Anlass für den Streit vor den Augen zahlreicher Zeugen war nach bisherigen Erkenntnissen der Polizei ein Rauschgiftgeschäft. Alle drei Männer sind angeblich polizeibekannt. Der Streit soll auf dem Ebertplatz begonnen und sich dann in die U-Bahnstation verlagert haben, wohin der spätere Messerstecher vor den beiden Angreifern geflüchtet war. Auch nachdem der 34-Jährige auf Bahnsteig 2 sein Messer gezogen und den 28-Jährigen verletzt hatte, war die Auseinandersetzung noch nicht beendet. „Trotz seiner Verwundung trat und schlug dieser weiter auf den 34-Jährigen ein“, sagte ein Polizeisprecher.
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In Köln gilt der Ebertplatz neben dem Neumarkt und dem Wiener Platz als Brennpunkt für Drogenhandel. Während auf dem Neumarkt hauptsächlich mit Heroin, Kokain oder verschreibungspflichtigen Medikamenten gedealt wird, ist der Ebertplatz vor allem ein Hotspot für Marihuana. Die zumeist afrikanisch- und arabisch-stämmigen Dealer haben ein ausgeklügeltes System: Es gibt die Verkäufer, und es gibt die Späher, die ihre Komplizen mit Gesten, Pfiffen oder über Handy vor Zivilermittlern und uniformierten Polizisten warnen, sobald die den Platz betreten.
Während Kontrollen von mutmaßlichen Dealern auf dem Neumarkt fast immer gewaltfrei ablaufen, berichtet ein Fahnder, ist die Polizei auf dem Ebertplatz an Widerstand gewöhnt. „Das hat definitiv eine ganz andere Qualität da“, sagt der Polizist. Zu Razzien oder Taschenkontrollen schlagen die Ermittler daher meist nur in größeren Teams auf.
Erschwerend kommt hinzu: Der verwinkelte Ebertplatz ist zwar videoüberwacht, aber nicht durchgängig. Es gibt ein paar Ecken und Flächen, die die Linsen der Polizeikameras nicht erfassen – und genau dort stehen die Dealer.
So einiges hat sich die Stadtverwaltung in den vergangenen Jahren einfallen lassen und auch umgesetzt, um den Ebertplatz sicherer zu machen und von seinem schlechten Image zu befreien. Die Belebung mit einem Café und dem Springbrunnen zum Beispiel habe das Sicherheitsgefühl bei vielen Menschen erhöht – was schon mal gut sei, sagt der Leiter des polizeilichen Einsatztrupps in der Innenstadt, Robert Marczincik. Die Drogenhändler beeindruckt das allerdings nicht im Geringsten. „Gedealt wird hier immer noch“, sagt Marczincik, „jetzt mehr in den Randbereichen.“