Die Wirte fordern von der Stadt eine Änderung des Karnevals-Konzepts. „Die Entwicklung im Veedel lässt uns keinen Raum mehr“, sagt der Geschäftsführer.
Kwartier LatängEine Institution des traditionellen Kölner Kneipenkarnevals gibt auf
Der Karneval im Kwartier Latäng ist nach Oma Kleinmann um eine weitere Institution ärmer: „Karneval im Engelbät wird es bis auf Weiteres nicht mehr geben“, schreiben die Betreiber auf Facebook adressiert an ihr enttäuschtes Stammpublikum. Eigentlich sollte Corona nur eine Unterbrechung sein.
„Aber die Entwicklung im Veedel lässt uns keinen Raum mehr, unsere Idee des traditionellen Kneipenkarnevals fortzuführen“, erklärte Geschäftsführer Thomas Kootz gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Traurig seien er und sein Team, schließlich bedeute das den Abschied von einer 30-jährigen Tradition. „Wir haben das super gerne gemacht“, betont Kootz. Damit folgt das Engelbät dem Trend einer Reihe von Kölner Karnevals-Traditionskneipen, die in diesem Jahr Karneval aussetzen.
Kneipe Engelbät im Kwartier Latäng schließt kurz vor jecken Karnevalstagen
„Die Entscheidung ist keineswegs spontan gefallen, sondern über lange Zeit gewachsen“, erläutert Geschäftsführer Kootz. Schon Weiberfastnacht 2020 sei die Lage zunehmend erschreckend gewesen. „Von unserem Stammpublikum hat sich doch keiner mehr hier hingetraut.“ Und er beschreibt seinen Blick aus dem Fenster: „Prügelnde Gruppen vor der Haustür, überall Hinterlassenschaften der Feiernden. Wir können hier einfach keine Sicherheit mehr garantieren.“ An Weiberfastnacht wird sich in unmittelbarer Nähe des Lokals ein zweiter Zugang zur Feierzone auf der Zülpicher Straße befinden.
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Gleichzeitig sei die Kneipe zuletzt an Weiberfastnacht ab 20.30 Uhr leer gewesen. Die jungen Feiernden seien dann durch und das Publikum ab Mitte 20 komme aufgrund der abschreckenden Umstände gar nicht mehr und gehe dann gleich lieber in die Südstadt. Neben dem Sicherheitsaspekt sei damit zudem die Gefahr sehr hoch, dass die Wirte einen riesigen Aufwand betrieben und es sich am Ende finanziell nicht rechne. „Wir müssen auf dem angespannten Personalmarkt mittlerweile schon im Oktober anfangen, Türsteher zu akquirieren“. Aufwand und Kosten stiegen extrem. Gleichzeitig konsumieren 18-jährige Feiernde in den Kneipen eben deutlich weniger als 30-Jährige. „Wir gehen am Stock und der Aufwand rechnet sich körperlich und finanziell nicht mehr.“
Was passieren müsste, damit das Engelbät wieder in den Kneipenkarneval einsteigt? „Die Stadt müsste sich durchringen, eine andere Politik zu machen“, fordert er. „Der Karneval auf der Zülpicher Straße müsste in dieser Masse ausgetrocknet werden. Ich glaube allerdings, das werde ich in meiner aktiven Zeit nicht mehr erleben“, fügt er resigniert hinzu. Außerdem müssten die Feiernden wieder zirkulieren und von Kneipe zu Kneipe ziehen können, fügt Markus Vogt, Vorsitzender der IG Gastro im Kwartier Latäng hinzu.
Wirte kritisieren Karnevals-Konzept für Kwartier Latäng
Derzeit sorgten die Sperrungen dafür, dass die Zülpicher Straße vollgestopft werde und die Nebenstraßen gesperrt werden und damit verwaisen. Straßen wie die Kyffhäuserstraße hätten keine Chance, weil es einfach kein Laufpublikum mehr gebe, das sich von Kneipe zu Kneipe treiben lasse. „Die Mischung aus nicht zirkulierendem Publikum und kompletter Absperrung von Straßen tötet das Viertel.“ Außerdem habe das Veedel seinen Charakter verändert. 16-jährige Wodka trinkende Jugendliche seien jetzt die dominante Gruppe. „Die Leute Mitte 30 oder Mitte 40 sehen Sie hier nicht mehr.“
Statt wie gefordert den Karneval im Kwartier Latäng unattraktiver zu machen, sieht Vogt derzeit allerdings genau den gegenteiligen Trend. Durch das dauerhafte Bespielen der Uniwiese schaffe die Stadt den Jugendlichen „ein super Festival ohne Eintritt“. Sie könnten hemmungslos mitgebrachten Alkohol konsumieren, hätten Musik auf der Bühne und Dixie-Klos am Platz. „Das wird ein Wonderland für junge Leute, ein Sauffestival mit Druckbetankungsstation für Minderjährige.“ Das sei eigentlich unverantwortlich und mache das ohnehin überregional bekannte Viertel nur noch bekannter.
Dadurch, dass es jetzt Kapazität für 50.000 feiernde Jugendliche gebe, sei das der Garant für „explodierendes Wachstum“. Das spreche sich herum. „Und nächstes Jahr, wenn der 11.11. auf einen Samstag fällt, sind es dann 150.000. Dann Gnade uns Gott.“ Verfehlte Politik nennt er das. „Das Festival auf der Uniwiese muss weg.“ Für ihn ist die einzige Exitstrategie, „die Leute umzutopfen und dahin zu lenken, wo sie weniger Schaden einrichten können.“ Konkret meint Vogt die Ringe. „Dort kann man eine halbe Stadt unterbringen, die Leute können zirkulieren, es gibt keine Anwohner und alles ist gut erreichbar.“