Während CDU und FDP den Abriss befürworten, stellt der Architekt Aat Vos das neue Konzept für die Zentralbibliothek vor.
„Wir sind kurz vor dem Start“Trotz Debatte um Abriss – Neues Konzept für Stadtbibliothek am Neumarkt vorgestellt
Ein Ort, der zum Verweilen, zum Austausch und Mitmachen einlädt und bei weitem nicht nur Bücher bereithält, ist die Zentralbibliothek am Neumarkt schon seit langem. Im Zuge der anstehenden Generalsanierung soll sie noch benutzerfreundlicher werden; dafür steht zum Beispiel, dass die Zahl der Sitzplätze verdoppelt und das 1979 eröffnete Haus bis ins letzte Detail barrierefrei werden soll. Die Planung für die Neugestaltung der Innenräume ist am Mittwoch in der Zentralbibliothek im Rahmen der Reihe „Neuverortung“ vorgestellt worden – ein Format, das die Stadt mit Unterstützung der diplomatischen Vertretung der Niederlande und in Kooperation mit dem Haus der Architektur bietet.
Hauptredner der Veranstaltung „Future Library am Neumarkt - wie das innovative Konzept der Stadtbibliothek gebaute Wirklichkeit werden kann“ war der niederländische „Creative Guide“ und Architekt Aat Vos, der sich als Spezialist für Bibliotheksdesign einen Namen gemacht hat. Mit der Umgestaltung der Zentralbibliothek sind sein Büro Includi sowie Mars Innenarchitekten aus Rotterdam in Zusammenarbeit mit dem Kölner Büro Pell Architekten beauftragt. In Köln haben sie bereits die Stadtteilbibliothek Kalk neu gestaltet – mit so großem Erfolg, dass Hannelore Vogt, Direktorin der Stadtbibliothek, sagte, dies diene als „Blaupause“ für das Projekt am Neumarkt.
Kein Wort zu Abriss, den Kölner CDU und FDP befürworten
Die jahrelangen Planungen seien abgeschlossen, und der Baubeschluss sei gefasst: „Wir sind kurz vor dem Start.“ Den ganzen Abend kam mit keinem Wort zur Sprache, dass die CDU-Fraktion im Stadtrat, gefolgt von der FDP, sich kürzlich für einen Abriss und Neubau der Zentralbibliothek ausgesprochen hatte. Prämisse der Veranstaltung war, dass der bestehende Bau modernisiert wird. Kulturdezernent Stefan Charles sprach von einem „aufwändigen und komplexen Projekt“. Als Erster benutzte er einen soziologischen Begriff, der wiederholt als Leitgedanke des gemeinsam mit dem Bibliotheksteam und Kölner Bürgern entwickelten Konzepts beschworen wurde: „Dritter Ort“.
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Es ist ein Ort jenseits von Familie und Beruf, an dem sich Menschen begegnen und versammeln. Solche Plätze sind laut Vos nötiger denn je in einer Zeit, die bestimmt sei von einer „„Kommerzialisierung des öffentlichen Raums“ und fortschreitender Digitalisierung, wie sie in der exzessiven Handynutzung von Jugendlichen zum Ausdruck komme. Die Lösung des Problems, dass die „soziale Gesundheit der Gesellschaft“ gefährdet sei, bestehe darin, den öffentlichen Raum zu „resozialisieren“ - mithilfe von Bibliotheken: frei zugänglichen, konsumfreien Orten, wo sich die Menschen wie zu Hause fühlen und miteinander in Kontakt kommen.
Literatur-in-Köln-Archiv im Untergeschoss
Daran richtet sich die Planung für das Flaggschiff der elf Stadtteil-Filialen zählenden Stadtbibliothek aus, die insgesamt rund 2,5 Millionen Besucher pro Jahr verzeichnet; allein die Zentrale suchen jährlich circa 1,2 Millionen Menschen auf. Im Parterre wird ein Café geschaffen, in dem laut Vogt kein „Konsumzwang“ herrscht. Die Kinderbibliothek soll ins erste Obergeschoss umziehen und mehr Platz bekommen. An großen Tische können Familien sitzen, und es gibt Spielbereiche, einen Abstellplatz für Kinderwagen, einen Wickelbereich und Flaschenwärmer. Ins erste Untergeschoss kommen das Literatur-in-Köln- und das Heinrich-Böll-Archiv.
Im zweiten Obergeschoss entsteht eine Ruhezone, die Vos „Ort der Kontemplation“ nannte. In der Musikbibliothek auf der vierten Etage können spontane Konzerte am Flügel veranstaltet und Instrumente getestet werden. Neu geschaffen wird eine Dachterrasse. Höhere Fenster stärken die Sichtbeziehung zu Stadt. Die fünf Regalkilometer werden neu positioniert, das heißt vor allem an den Wänden und zu Blöcken komprimiert, sodass große Freiflächen entstehen. Für die Sanierung und Umgestaltung, die 2026 beendet sein soll, sind bisher gut 81 Millionen Euro veranschlagt. Ihr Ausweichquartier wird die Zentralbibliothek in einem Bürohaus an der Hohe Straße finden. Die Entscheidung, ob sie saniert oder doch neu gebaut wird, fällt der Stadtrat voraussichtlich im Mai.