Ende April hat Jörg Bornheim seine Traditions-Schneiderei geschlossen. Nun wollen Jens Jung und Tom Ortmanns das Brauchtum retten.
„Herzens-Entscheidung“ für den KarnevalZwei Kölner wollen in Zukunft Karnevalsgesellschaften einkleiden
Im ersten Moment wirkt die Puppe, die des bekannte rot-weiße Prinzenornat trägt, wie ein Fremdkörper zwischen all den schicken schwarzen und grauen Herrenanzügen. Doch das Karnevalskostüm steht dort genau richtig, denn Anfang Mai hat in den Räumen der Kölner Maßbekleidungsfirma „Massnahme“ am Kaiser-Wilhelm-Ring der neue Karnevalsausstatter „Jung & Ortmanns – Brauchtum nach Mass“ eröffnet.
Damit treten der „Massnahme“-Inhaber Jens Jung und sein Freund und Unternehmer Tom Ortmanns quasi die Nachfolge von Jörg Bornheim an, der seine Traditions-Schneiderei „J.Bornheim“, ehemals „Partyclown“, in Dellbrück zum 30. April geschlossen hat.
Den Schock bei den Karnevalsgesellschaften über die Geschäftsaufgabe hat Tom Ortmanns als Karnevalist im Beirat der „KG Fidele Fortuna vun 1949“ Anfang Januar direkt mitbekommen. „Aber ich habe auch gesagt, dass sich alle beruhigen sollen. Das ist Köln, da wird sich wohl jemand kümmern.“ Doch das Traditionsunternehmen übernehmen wollte für längere Zeit niemand.
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Mitte März haben sich dann die beiden Freunde final zur Übernahme entschlossen. Dabei geben sie im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ zu: „Das war keine wirtschaftliche Entscheidung“, sagt Tom Ortmanns, denn auch der 42-Jährige weiß, dass ein Grund von Bornheims Schließung die schlechte wirtschaftliche Lage war.
Vielmehr sei es eine „Herzens-Entscheidung“ gewesen, sagt Jens Jung. Und Ortmanns fügt hinzu: „Zu sagen, dass es eine Verpflichtung war, ist vielleicht etwas übertrieben, aber irgendjemand muss ja dafür sorgen, dass die Karnevalsgesellschaften irgendwo hingehen können und ausgestattet werden.“
Neuer Karnevalsausstatter in Köln: Mehr als 40 Anfragen von Vereinen
Ob Jung und Ortmanns, wie eben ihr Vorgänger Jörg Bornheim, auch das Kölner Dreigestirn ankleiden dürfen, ist noch unklar. Bislang haben sie aber mehr als 40 Anfragen von verschiedenen Karnevalsgesellschaften und -vereinen erhalten, für die sie die Karnevalsuniformen anfertigen werden. Mit Jungs vorhandenem Geschäft hätten sie genug Kapazitäten dafür – übrigens auch für Tanzgarden und die weiblichen Karnevalisten. Trotzdem kämen mit der neuen Aufgabe auch neue Herausforderungen, sagt der 48-Jährige.
„Die größte Herausforderung sind die verschiedenen Schnitte. Jeder Verein hat einen anderen Schnitt, andere Farben und andere Applikationen. Das ist sehr vielfältig, das hat man im normalen Anzugs-Bereich nicht. Aber vom Handwerklichen und Technischen her ist das alles kein Problem“, sagt Jung.
Nicht nur für die Karnevalsgesellschaften wird die Eröffnung von „Jung & Ortmanns“ eine freudige Nachricht gewesen sein, sondern auch für die fünf Mitarbeitenden von Jörg Bornheim. Denn nachdem ihre Arbeitsverträge bereits gekündigt und Ende April ausgelaufen waren, bekamen sie kurzfristig die Nachricht, dass sie alle übernommen werden – samt aller Nähmaschinen, Nadeln und Schneiderpuppen.
Nun können sie am Hansaring, nur ein paar Gehminuten vom Geschäft entfernt, weiterhin die Uniformen und Kostüme der Kölner Jecken nähen. „Ich freue mich sehr darüber, mein Traum war es immer, Kostüme zu nähen“, sagt Viktoria Wanner, die zwölf Jahre lang im Traditionsunternehmen als Schneiderin gearbeitet hat und ihre Leidenschaft jetzt fortführen kann.