Köln – Im zweiten Jahr in Folge ist die Zahl der Straftaten in Köln gesunken. Gleichzeitig kletterte die Aufklärungsquote im Vergleich zu 2015 um vier Prozent. Insgesamt sind die Zahlen so gut wie seit 2010 nicht mehr. „Wir sind in Köln auf einem guten Weg“, sagte Polizeipräsident Jürgen Mathies bei der Vorstellung der Kriminalstatistik und versicherte: „Wir werden nicht nachlassen.“
Um die Kriminalität weiter zu senken, werde er am so genannten Präsenzkonzept festhalten. Seit den verheerenden Silvesterereignissen 2015 hat die Polizei ihr Aufgebot vor allem rund um den Dom deutlich erhöht. Tag und Nacht patrouillieren dort Beamte einer Einsatzhundertschaft – und das werde auch so bleiben, kündigte Mathies an. Mehr noch: Die Beamten sollen künftig zunehmend auch in den Stadtteilen eingesetzt werden, so wie zuletzt zum Beispiel in Porz. „Wir halten unsere Präsenz weiter aufrecht, da geht kein Weg dran vorbei“, sagte Mathies.
Ein weiterer Baustein, Köln sicherer zu machen, sei die verbesserte Videobeobachtung an Brennpunkten. Nachdem nun alle baulichen Genehmigungen etwa für unterirdische Verkabelungen vorliegen, sollen die Kameras laut Mathies in den nächsten Wochen rund um den Dom installiert werden. Bis zum Sommer sollen dann die Kameras auf den Ringen folgen.
Die Kripo-Gewerkschaft Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) nennt vor allem die positive Entwicklung in der Straßenkriminalität und beim Wohnungseinbruch einen Erfolg. 23 Prozent weniger Einbrüche als im Vorjahr – das sei neben der erhöhten Präsenz vor allem auf die „erfolgreiche Arbeit in kriminalpolizeilichen Ermittlungsgruppen“ zurückzuführen, betonte Kölns BDK-Chef Helmut Adam.
Dies sei ohne Überstunden allerdings kaum möglich. „Überstunden, die auch die zurückliegende verfehlte Einstellungspolitik kompensiert haben“, kritisierte Adam das Innenministerium und forderte: „Wir wollen vom Minister endlich eine klare Regelung dazu, dass keine einzige Stunde verfällt.“
So haben sich die unterschiedlichen Delikte in Köln entwickelt:
Einbruch
Knapp elf Einbrüche pro Tag sind immer noch ein hoher Wert, aber der beste seit 2009. Kripo-Chef Stephan Becker führt die positive Entwicklung zurück auf einen verbesserten Informationsaustausch zwischen den Polizeibehörden in NRW, auf eine professionellere Tatortarbeit, auf die vermehrte Bildung von Ermittlungsgruppen, die vor allem großen Einbruchsserien nachspüren, sowie auf verstärkte Kontrollen etwa an Autobahnausfahrten und auf die gestiegene Polizeipräsenz rund um den Dom – viele Täter, die früher am Hauptbahnhof oder am Bahnhof Deutz anreisten, hätten Köln im Vorjahr gemieden.
(Anmerkungen zur Grafik auf der Seite zuvor: Dort wurde die Zahl der „erfolgreichen“ Wohnungseinbrüche dargestellt, die bei 2042 liegt. Die Gesamtzahl aller versuchten Einbrüche ist höher und ergibt eben jene knapp elf Einbrüche pro Tag im Schnitt.)
Taschendiebstahl
Erstmals seit 2012 sind die Zahlen wieder unter die Grenze von 10 000 gesunken. Und auch diese Entwicklung führt die Polizei maßgeblich auf die verstärkten Streifengänge im Innenstadtbereich seit Silvester 2015 zurück. „Das Dom-Umfeld ist für Taschendiebe unattraktiv geworden“, sagt Kripochef Becker. Viele würden Köln neuerdings meiden, mehr noch: Zahlreiche Intensivtäter hätten Deutschland ganz verlassen. Dennoch seien 9941 Taten „kein Grund zum Ausruhen“, so Becker. Er setzt darauf, dass die Videoüberwachung künftig für einen weiteren spürbaren Rückgang sorgen wird.
Diebstahl aus Autos
Insgesamt 10 716 aufgebrochene Autos klingt nach wie vor viel – ist es auch. Und dennoch wurden damit im Vorjahr so wenig Taten angezeigt wie seit mehr als zehn Jahren nicht mehr. Etwa jede zehnte ging 2016 auf das Konto von professionellen Autoknackerbanden aus Litauen; sie haben es fast ausschließlich auf Navigationsgeräte in hochwertigen Limousinen und Geländewagen abgesehen. Die Polizei hat auch hier im Vorjahr ihre Arbeit in Ermittlungsgruppen intensiviert. Dennoch bleibt Autoaufbruch offenbar einschwer zu bearbeitendes Delikt: Nur jede 15. Tat hat die Polizei im Vorjahr aufgeklärt.
Drogendelikte
Die Steigerung im Bereich Drogenhandel um 22 Prozent nennt Stephan Becker „kein überraschendes, sondern eher ein erwünschtes“ Ergebnis. Schließlich habe die Polizei die Kontrollen verschärft. „Und dann findet man eben auch mehr.“ Demnach wird nicht mehr gedealt als früher, es wurden nur mehr Täter erwischt. Und auch hier mache sich die verstärkte Polizeipräsenz um den Dom bemerkbar. Vor allem die nordafrikanischen Kleindealer würden den Weltjugendtagsweg inzwischen meiden, sie schlagen dafür häufiger auf dem Ebertplatz auf. Hotspots sind außerdem der Neumarkt und der Wiener Platz.
Sexualdelikte
87 Prozent mehr Sexualstraftaten – das liegt nach Angaben der Polizei vor allem an den Massenübergriffen an Silvester 2015, die allesamt in die Vorjahresstatistik eingeflossen sind. Allein in der Silvesternacht wurden 257 Vergewaltigungen und Nötigungen angezeigt, im gesamten Jahr 2015 waren es 196.
Die meisten Taten geschehen in Beziehungen, Überfälle auf öffentlichen Plätzen sind die Ausnahme. Deutlich gestiegen ist 2016 vor allem die Zahl sexueller Beleidigungen: von 591 auf 939, und das ohne die Silvesterzahlen (137) – ein Trend, den die Polizei unter anderem auch auf eine gestiegene Anzeigebereitschaft zurückführt.
Ob bei Unfallaufnahmen, am Tatort oder bei Demonstrationen – Attacken auf Polizisten nehmen zu. Polizeipräsident Jürgen Mathies bereitet das „große Sorge“. Vor allem auf den Ringen in der Innenstadt seien die Beamten zunehmend Beleidigungen und Angriffen ausgesetzt. Schwere Verletzungen seien zum Glück selten ,so Mathies.
Auch wenn seine Kollegen in einem „gefahrengeneigten“ Beruf tätig seien, so sei es doch grundfalsch zu behaupten, sie müssten damit leben. Die Behörde will ihre Beamten künftig besser beraten – auch damit sie häufiger ihren Schmerzensgeldanspruch bei Gericht durchsetzen.
Herkunft der Tatverdächtigen
Insgesamt 51 000 Tatverdächtige hat die Polizei Köln im Vorjahr ermittelt – 60 Prozent sind Deutsche. Dieser Wert ist seit Jahren ungefähr konstant. Erstmals hat die Polizei Köln in diesem Jahr darüber hinaus aber auch die genaue Herkunft der 40 Prozent Nicht-Deutschen benannt. Grund dafür sei das Bestreben, eine „größtmögliche Transparenz“ herstellen zu wollen, erklärte ein Behördensprecher.
Demnach bilden Türken unter den ausländischen Tatverdächtigen die größte Gruppe: 3571 von ihnen besitzen einen türkischen Pass, das sind sieben Prozent aller 51 000 ermittelten mutmaßlichen Straftäter. Die zweitgrößte Gruppe bilden rumänische Staatsbürger (2,4 Prozent), es folgen Polen (2,2 Prozent), Serben, Marokkaner und Italiener (je 1,9 Prozent).
Verstöße gegen das Aufenthalts- oder Asylgesetz etwa sind bei diesen Angaben nicht berücksichtigt, da diese Taten ohnehin nur von Ausländern begangenen werden können. Bemerkenswert: Die Zahl solcher „ausländerrechtlichen Straftaten“ wie zum Beispiel illegaler Aufenthalt ist im Vorjahr sogar um fünf Prozent im Vergleich zu 2015 gesunken. „Wegen der großen Zahl an Zuwanderern wäre da durchaus auch mit einer anderen Entwicklung zu rechnen gewesen“, sagte Mathies.