Köln – Die Bahnen der Linien 1, 7 und 9 sind zu den Stoßzeiten bereits seit Jahren völlig überlastet. Deshalb sieht schon der fast zehn Jahre alte städtebauliche Masterplan für die Innenstadt von Albert Speer eine Umgestaltung der Ost-West-Achse vor, damit dort künftig längere Bahnen als bislang fahren können.
Verkehrsdezernentin Andrea Blome will am liebsten einen neuen U-Bahn-Tunnel bauen, CDU und FDP zeigen sich von diesem Ansatz ebenfalls angetan. Die SPD ist noch unentschieden, Grüne und Linke sind einer rein oberirdischen Lösung mit längeren Bahnsteigen und einer Neuordnung des Autoverkehrs zugeneigt.
„Ich habe in Düsseldorf erfolgreich die neue Wehrhahn-Linie gebaut und bringe daher eine Begeisterung für ein Thema mit, das in Köln eher schwierig ist“, sagte Blome am Dienstagabend bei einer Auftaktveranstaltung für Politik, Verwaltung und Großanlieger im Wallraf-Richartz-Museum.
Mit ihren Worten bezog sie sich auf die negativen Erfahrungen beim Bau der Nord-Süd-Stadtbahn, in dessen Folge das Stadtarchiv einstürzte und zwei Menschen starben. Umso mehr sind Stadt und Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) jetzt darauf bedacht, die Kölner auf dem Weg zu einer Ost-West-U-Bahn von Anfang an mitzunehmen.
„Wir wollen die Bürger nicht nur informieren, wir wollen sie auch als Experten konsultieren“, sagt Klaus Harzendorf, Leiter des Amts für Straßen und Verkehrstechnik. Im Februar 2018 will die Stadt die Bürger zu einer ersten öffentlichen Veranstaltung einladen.
Von März bis Mai sollen Expertengruppen tagen, es soll Spaziergänge zwischen Heumarkt und Melaten-Friedhof geben. Die Stadt will bereits im Juni auf Basis der Bürgerbeteiligung eine der vier möglichen Varianten zum Sieger küren. Die Mitglieder des Stadtrats treffen dann die endgültige Entscheidung.
Die 0-Variante: Oberirdische Lösung, Kosten 250 Millionen Euro
Der Masterplan empfiehlt, die oberirdische Stadtbahn-Trasse kurz- und mittelfristig beizubehalten und die Bahnsteige zu verlängern, die Verkehrsführung aber erblich zu verändern. Der erste Ansatz der Stadt sieht bei dieser Variante vor, die beiden Autospuren und die beiden Gleisrichtungen jeweils zu bündeln. Der Autoverkehr könnte dann über den südlichen Teil der Cäcilienstraße und der Hahnenstraße geführt werden, während die Straßenbahnen oberhalb davon fahren.
In diesem Fall wäre es möglich, den Autoverkehr am Heumarkt so vorbeizuführen, dass die jetzt getrennten Teile der Platzfläche wieder vereint wären. Lediglich die Gleistrasse würde noch hindurchführen. Die Autospur-Schleife im nördlichen Teil des Neumarkts würde entfallen, so dass sich der Platz vergrößern würde.
Im Süden müsste allerdings zugunsten der oberirdischen Bahn-Haltestelle und der zusätzlichen Autospuren ein Teil des Platzes weggenommen werden. Der Kosten-Nutzen-Faktor liegt bei 1,8, weshalb die Aussicht auf Fördermittel des Bundes exzellent ist.
Variante 1: Rampe Cäcilienstraße, Kosten 300 Millionen Euro
Für eine kurze Tunnel-Variante zwischen Heumarkt und Neumarkt gibt es zurzeit keine Befürworter mehr. Es würde lediglich die problematische Kreuzung mit der Nord-Süd-Fahrt entschärft und die bereits vorbereitete Fahrebene im U-Bahnhof Heumarkt könnte genutzt werden. Ansonsten gebe es keine Vorteile. Vor dem Rautenstrauch-Joest-Museum würde eine relativ dominante Rampe entstehen. Der Neumarkt müsste genauso umgestaltet werden, wie es bei der oberirdischen Lösung der Fall wäre.
Die Platzfläche würde sich im Norden durch den Wegfall der Autospuren zwar vergrößern, im Süden aber verkleinern, um die Fahrbahnen dort unterbringen zu können. Lediglich im Bereich der Cäcilienstraße könnten breitere Rad- und Gehwege entstehen, dort gibt es allerdings kaum Außengastronomie, die profitieren würde. Die Kosten liegen mit 300 Millionen Euro nur knapp über denen für eine oberirdische Lösung. Der Kosten-Nutzen-Faktor wird bei 1,8 liegen, weshalb der Bund das Projekt höchst wahrscheinlich fördern würde.
Variante 2: Rampe Rudolfplatz, Kosten 560 Millionen Euro
Ein neuer U-Bahn-Tunnel zwischen Heumarkt und Rudolfplatz wäre aus stadtgestalterischer Sicht deutlich interessanter als die kurze Variante bis zum Neumarkt. Die Hahnenstraße könnte mit breiteren Geh- und Radwegen ausgestattet werden, die Außengastronomie könnte ihre Angebote ausweiten. Der Neumarkt würde in der Fläche deutlich größer werden als bislang, weil die Bahngleise vollständig verschwinden würden.
Da im U-Bahnhof Neumarkt keine zweite Ebene vorgeplant wurde, müsste dieser aufwendig umgebaut werden. Zusätzlich muss unterirdisch ein Abzweig für die Linie 9 gebaut werden, damit die Bahnen in Richtung Zülpicher Platz weiterfahren können. Das würde allerdings eine Rampe am Mauritiussteinweg bedeuten, damit die Bahnen an die Oberfläche gelangen können.
Als unwahrscheinlich gilt es, den Tunnel bis zum Bahnhof Süd fortzuführen und dort aus dem Untergrund aufzutauchen. Der Kosten-Nutzen-Faktor für den Tunnel bis zum Rudolfplatz 1,3 – die Förderung des Bundes ist damit sehr wahrscheinlich.
Variante 3: Rampe Melaten, Kosten 1 Milliarde Euro
Die städtebaulich und verkehrlich sinnvollste U-Bahn-Lösung wäre ein langer Tunnel, der am Melaten-Friedhof endet. Eine Rampe würde in diesem Bereich nicht stören. Hahnenstraße und Aachener Straße ließen sich mit deutlich breiteren Geh- und Radwegen ausstatten, die Querung mit den Ringen hinter dem Rudolfplatz fiele weg.
Heumarkt, Neumarkt und Rudolfplatz könnten vergrößert und zu richtigen Stadtplätzen umgestaltet werden. Die längste Variante hat allerdings den Haken, dass es sich auch mit Abstand um die teuerste Lösung handeln würde. Eine Milliarde Euro stehen im Raum. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass der U-Bahnhof Rudolfplatz nicht für eine zweite Fahrebene vorbereitet ist. Das Bauwerk müsste aufwendig umgebaut werden.
Der Kosten-Nutzen-Faktor liegt zudem bei nur 0,7, weshalb es sehr unwahrscheinlich wäre, Fördergelder des Bundes zu bekommen. Der Faktor 1,0 gilt als Mindestmaß. Es ist noch unklar, ob die Stadt den letzten Tunnelabschnitt zwischen Rudolfplatz und Melaten selbst bezahlen könnte.