Das pflegebedürftige Paar aus Köln-Weiden braucht dringend einen Platz im betreuten Wohnen.
Keine Hilfe trotz BetreuersKölner Paar verwahrlost in Wohnung – Vermieter alarmiert Notarzt und Schädlingsbekämpfer
Am Freitagmorgen vergangener Woche betritt ein achtköpfiger Trupp mit Schutzanzügen, Gummihandschuhen und Atemmasken die Wohnung von Iris und Peter K. in Weiden. Wenig später kommen Rettungsdienst und Notarzt – das Ehepaar, das seit vielen Monaten in seiner Wohnung verwahrlost und nicht die Hilfe bekommt, die es dringend braucht, wird ins Krankenhaus gebracht.
Drinnen finden die Reinigungskräfte Kakerlakennester in Küche, Badezimmer, Wohn- und Schlafzimmer. Die Toilette ist übergelaufen und über und über mit Fäkalien bedeckt. Der Kühlschrank: verschimmelt. Die Atemluft: beißend „und ganz sicher in hohem Maße gesundheitsgefährdend“, wie Rainer Hohn von der Reinigungsfirma sagt. „Dass Menschen in so einer Wohnung sich selbst überlassen werden, ist ein Skandal.“
Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hatte bereits im Juni 2024 über den Fall berichtet. Schon da hatte ein vom Vermieter in Auftrag gegebenes Gutachten festgestellt, dass Schimmelpilzbefall und mikrobakterielle Belastung stark gesundheitsgefährdend seien.
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Peter K. ist stark übergewichtig, seine Beine schimmern wegen Durchblutungsstörungen bläulich, er hat Herzrhythmusstörungen und Asthma. Seine Frau Iris ist schwer lungenkrank und spindeldürr – sie geht nur noch wackelig am Rollator. Beide haben Pflegestufe drei, aber keinen Pflegedienst, der sich um sie kümmert, da die Dienste sich aus Gründen des Gesundheitsschutzes weigern, die Wohnung zu betreten. Das Ehepaar trägt in ihrer eigenen Wohnung FFP-3-Masken, kann nicht duschen oder baden. Peter und Iris K., beide im Besitz ihrer geistigen Kräfte, wissen um ihre missliche Lage, für die sie sich sehr schämen. Die Pflegebedürftigkeit habe sich nach zahlreichen gesundheitlichen Rückschlägen schleichend entwickelt, sagt Peter K. „Irgendwann waren wir nicht mehr in der Lage, uns um die Wohnung zu kümmern.“
Der Vermieter hatte bereits im Sommer 2022 das Bürgertelefon der Stadt Köln angerufen und die dringende Hilfsbedürftigkeit des Paares beschrieben. Im Oktober 2023 war ein gesetzlicher Betreuer für das Paar bestellt worden.
Dass jetzt ein Reinigungsdienst die Schädlinge bekämpft und die Wohnung grundreinigt, geschieht indes nicht, weil der Betreuer dies veranlasst hat – der Vermieter hat sich darum gekümmert. „Weil ich es nicht länger mit ansehen konnte, dass meine Mieter in ihrer Wohnung vor die Hunde gehen und Gefahr laufen, dort zu sterben“, sagt er. Er hat auch Handwerker beauftragt, die Toilette zu reparieren, die komplett verstopft und übergelaufen war. „Das Paar kann allerdings nicht mehr dauerhaft hier leben – sie können sich ja um nichts kümmern.“
Dem ersten Betreuer sei es aufgrund des da schon desolaten Zustands der Wohnung nicht gelungen, einen Pflegedienst oder eine Alltagshilfe zu installieren, hatte eine Sprecherin des Amtsgerichts dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ bestätigt. Ein Angebot, ins betreute Wohnen zu wechseln, lehnte das Paar ab, weil sie in zwei getrennten Einzelzimmern mit unterschiedlichen Eingängen untergekommen wären. Weitere Angebote habe es nicht gegeben.
Nach mehreren Beschwerden des Ehepaars stimmte das Amtsgericht einem Betreuerwechsel zu. Der neue Verantwortliche veranlasste für Anfang Dezember 2024 eine Teilräumung der Wohnung und kündigte an, sich um eine Grundreinigung kümmern zu wollen. Diese Reinigung habe bis Mitte Januar nicht stattgefunden, so das Ehepaar. Auch die Alltagshelferin, die laut Amtsgericht ab Januar kommen sollte, sei bislang nicht aufgetaucht.
Eine Sprecherin des Amtsgerichts teilt auf Anfrage mit: „Ob die Reinigung der Wohnung inzwischen tatsächlich stattgefunden hat, vermag ich zur Zeit nicht zu beantworten. Diesbezüglich müsste noch einmal bei dem Betreuer bzw. dem Ehepaar nachgehört werden.“ Nach Aktenlage habe das Ehepaar indes nicht zurückgemeldet, „dass der neue Betreuer untätig sei“. Peter K. verweist darauf, am 5. Januar eine Mail an den Betreuer geschickt und um eine zeitnahe Information zu Betreuung und Hilfspersonal gebeten zu haben. „Statt einer Antwort war es unser Vermieter, der binnen einer Woche eine Reinigungsfirma gefunden hat.“
Zur Erinnerung: Es handelt sich nicht um eine Wohnung, die verstaubt ist – sondern voller Kakerlakennester und so stark mit Fäkalien verunreinigt, dass andere Mieter sich über den Gestank im Flur beschweren und die Gesundheit der Bewohner akut gefährdet ist.
Der Vermieter hat vergangene Woche auch Kontakt zum Sozialamt aufgenommen, „damit meine Mieter endlich einen Platz im betreuten Wohnen finden“. Dem Amt müsste bekannt sein, „dass das Ehepaar schwer krank und hilfebedürftig ist, die Frau lungenkrank, der Mann mit einem hochinfektiösen Bein. Es geht hier nicht um Hilfe irgendwann mal – sondern um jeden verdammten Tag“.
Er werde nicht länger ruhen, ehe eine würdige Unterbringung gefunden wird, sagt der Vermieter. „Auf gesetzliche Betreuer, die ihren Namen nicht verdienen, verlasse ich mich nicht mehr.“