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Uniklinik und städtische KlinikenKölner Rat soll noch 2019 über Fusion entscheiden

Lesezeit 4 Minuten

Operation im Städtischen Klinikum Merheim

  1. Oberbürgermeisterin Henriette Reker wirbt für den Klinikverbund. Viele Mitarbeiter der städtischen Kliniken haben allerdings Bedenken.
  2. Wie machen es andere Städte? Ein Blick auf die Berliner Charité und aufs Dortmunder Klinikum zeigt, wie es laufen könnte.

Köln – Oberbürgermeisterin Henriette Reker will eine mögliche Fusion von städtischen Kliniken mit der Uniklinik noch in diesem Jahr in den politischen Gremien beraten lassen. Der Rat solle nach Möglichkeit Ende 2019 eine Entscheidung treffen, sagte Reker jüngst bei einer Info-Veranstaltung der Ärztevertretung Marburger Bund im Radisson-Hotel Park Inn.

Reker machte deutlich, dass der von ihr angestrebte Klinik-Verbund nicht dazu dienen soll, die hoch defizitären kommunalen Krankenhäuser zu sanieren. Die Sanierung müsse unabhängig durchgeführt werden und werde sich wohl bis 2024 hinziehen.

Reker äußerte sich verhalten positiv, dass ein Verbund durchgeführt werden könne. „Ich kann nicht sagen, ob es gelingt, aber ich habe Signale dafür, dass es gelingen kann.“

Ein Verbund würde aber enorme Impulse für den Wissenschaftsstandort Köln geben. Mit der zweitgrößten deutschen Klinik würden Unternehmen aus der Gesundheitsbranche, auch Start-ups, an den Rhein ziehen.

Das sorge nicht nur für eine gute medizinische Versorgung der Kölner, sondern auch für mehr Gewerbesteuereinnahmen. „Vom Verbund profitieren damit alle Kölner“. Und: „Gute Sozialpolitik benötigt auch eine gute Wirtschaftspolitik.“

Uniklinik besitzt keine Erweiterungsmöglichkeiten

Die Oberbürgermeisterin hält den Verbund für attraktiv, weil die Uniklinik in Lindenthal keine Erweiterungsmöglichkeiten besitze, die städtischen Kliniken im Rechtsrheinischen diese aber böten. Zudem würden in den kommunalen Krankenhäusern viele Patienten behandelt. Deren Daten seien für die Forschung der Uniklinik interessant. Weil derzeit juristische und wirtschaftliche Grundlagen eines Verbundes geprüft werden, konnte Reker aber keinen Fahrplan für eine Fusion vorlegen.

Unter den Beschäftigten der städtischen Kliniken ist die Verunsicherung wegen der unklaren Zukunft ihres Arbeitgebers groß. „Wir haben kaum Zugang zu Informationen“, sagte eine Mitarbeiterin. Im Kollegium gäbe es Angst, dass nach einer Fusion die Mitarbeiter schlechter bezahlt würden. Denn die Tarifverträge der Uniklinik sähen schlechtere Entlohnungen vor, als die der städtischen Kliniken. Zudem besitze die Uniklinik 13 Tochterunternehmen, in denen Dienstleistungen ausgelagert worden seien und in denen unter dem städtischen Tarif bezahlt werde, sagte Peter Sztatelman, Personalratsmitglied der Uniklinik.

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„Die Stadt wird hinter ihren Kliniken stehen“, versuchte Reker solche Bedenken zu zerstreuen. Der Verbund habe weder das Ziel, Arbeitsplätze abzubauen noch Klinik-Standorte zu schließen. „Personalabbau ist nicht das Ziel“, sagte sie. Und: „Wir gehen davon aus, dass wir die Tarifbindung halten können.“ Andererseits konnte sie keine Garantie geben, dass dies alles nicht eventuell doch geschehen werde. Auch juristisch ist es offenbar noch völlig unklar, wie städtische Kliniken und Uniklinik sich zusammenschließen können.

Die kommunalen Kliniken sind seit Jahren finanziell angeschlagen. Allein für 2018 benötigen sie Kredite in Höhe von 30 Millionen Euro. Grund für die schlechte wirtschaftliche Lage ist laut Michael Krakau vom Marburger Bund zum einen der Pflegenotstand. Weil in den Kliniken zu wenige Pflegekräfte angestellt seien, könnten nicht alle Betten ausgelastet und deshalb insgesamt weniger Patienten versorgt werden. Zum anderen seien die städtischen Krankenhäuser landesweit chronisch unterfinanziert. „Jedes Jahr steckt die Landesregierung eine Milliarde Euro zu wenig in die Kliniken“, so Krakau, der auch Aufsichtsrat bei den städtischen Kliniken ist.

Förderlücke von 56 Millionen Euro

Für die kommunalen Krankenhäuser in Köln belaufe sich die Förderlücke laut einer Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung bis zum Jahr 2016 auf 56 Millionen Euro. Ob eine Fusion Sinn mache oder nicht, könne man letztlich erst entscheiden, wenn konkrete Pläne auf dem Tisch lägen, sagte Krakau.

Gedankenanstöße, wie man Kliniken zusammenlegen kann, gaben Peter Bobbert und Bärbel Wiedmann. Bobbert, Vorsitzender des Marburger Bundes Berlin/Brandenburg, erläuterte die Fusion von vier Berliner Krankenhäusern zur Charité. In der Hauptstadt habe man sich nach dem Mauerfall dafür entschieden, alle vier Standorte – je zwei im Westen und im Osten – zu erhalten, sie aber in 17 Zentren zu untergliedern.

2000 Betten seien im Rahmen der Fusion abgebaut worden, und nicht überall traf die Fusion auf Gegenliebe in der Bevölkerung. So habe man etwa im Bezirk Steglitz die Geburtenstation aufgegeben und nur eine Notdienststelle betrieben. „Das führte in schweren Notfällen dazu, dass ein Kind mitunter 50 Minuten über die Stadtautobahn ins nächste Klinikum gebracht werden musste.“ Im Nachhinein sieht Bobbert die Fusion aber als Erfolg – die Charité sei weltweit ein anerkanntes Klinikum.

Bärbel Wiedmann, Ärztin und ehemalige Vorsitzende des Betriebsrats des Klinikums Dortmund, erläuterte, wie es das lange Zeit defizitäre Dortmunder Klinikum geschafft hat, aus den roten Zahlen zu kommen. Schlüssel für Wiedmann ist, dass jahrelanges Missmanagement durch den Austausch des Geschäftsführers erreicht wurde. Zu viele Entscheidung seien zuvor in der Politik getroffen worden, es habe kaum Controlling-Maßnahmen und eine schlechte Personalpolitik gegeben.

Seit 2013 habe die Klinik neue Geschäftsfelder erschlossen und Kooperationen mit anderen Kliniken getätigt. So kaufen seit einiger Zeit zwölf Kliniken im Ruhrgebiet Hygiene-Leistung am Dortmunder Klinikum ein.