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Wir besuchen Kölner VeedelBuchforst entpuppt sich als architektonisches Kleinod

Lesezeit 4 Minuten

Seitlich ein Dreieck: Kulturkirche Ost

  1. In unserer Sommerserie besuchen wir Kölner Veedel und stellen sie vor.
  2. Buchforst ist klein, aber fein. Neben seinen Siedlungen im Bauhaus-Stil bietet es auch ein kulturelles Angebot.
  3. Ein Besuch lohnt sich zum Beispiel bei der Kulturkirche Ost, der Galerie Kunstmeile und auf dem Wochenmarkt.

Köln-Buchforst – Der Name „Buchforst“ birgt eine gewisse Verwechslungsgefahr, denn viele denken unwillkürlich an Buchheim. Zu Recht könnten sich die rund 7500 Einwohner des drittkleinsten Kölner Stadtteils, der im Süden an Kalk, im Norden und Westen an Mülheim und im Osten an Buchheim grenzt, über das ihnen entgegengebrachte Desinteresse ärgern: Denn ihr rechtsrheinisches „Veedel“ ist nicht bloß gut angebunden – es befindet sich direkt an einer S-Bahn-Haltestelle und ist nur sechs Fahrminuten vom Hauptbahnhof entfernt –, sondern entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als architektonisches Kleinod, das allemal einen Ausflug wert ist.

Quirliger Ortskern

Buchforst – das klingt zunächst nach Buchen und Natur; und tatsächlich war es lange Zeit ein von Buchen bewaldetes Gebiet. Heute aber präsentiert es sich vor allem als ein ruhiges, multikulturelles Wohnviertel mit gepflegter Begrünung: Quirlig wird ist es rund um den Ortskern der Waldecker Straße, mit ihren Bäckereien, Imbissen und anderen Dienstleistungen, die der Nahversorgung dienen. Seinen Namen erhielt der Stadtteil mit der Fertigstellung der Siedlungen „Blauer Hof“ (1927) und „Weiße Stadt“ (1932) – zwei Kölner Aushängeschilder des sogenannten „Neuen Bauens“, die unter Denkmalschutz stehen.

Zur Serie

Urlaub in der eigenen Stadt ist in diesem Jahr besonders gefragt. Unsere Reporter stellen während der Sommerferien Kölner Veedel vor – solche, die sie besonders gut kennen, und solche, die sie schon immer mal besuchen wollten. Wir schildern, was wir schön finden, wo es besonders lecker ist und verraten unsere Lieblingsplätze, ganz subjektiv und ohne Anspruch auf Vollständigkeit. (red)

Alles zum Thema Barbara Schock-Werner

In den zwanziger Jahren herrschte Wohnungsnot unter den Arbeitern der umliegenden Industrien. Also kaufte die Wohnungsbaugesellschaft GAG 1926 die als „Kalker Feld“ bezeichnete Fläche auf und beauftragte zwei namhafte Architekten: den Kölner Wilhelm Riphahn und Caspar Maria Grod.

Der Blaue Hof im Karree zwischen Waldecker-, Kasseler-, Dortmunder- und Hertzstraße ist eine mehrgeschossige Blockbebauung um einen weiten, bepflanzten Innenhof. Das Bauensemble ist nach der blauen Farbe seiner Hoffassaden benannt – Riphahn verpflichtete den Maler Heinrich Hoerle aus dem Kreis der „Progressiven Künstler“ für das Farbkonzept. Charakteristisch sind die Flachdächer, und die eingezogenen Balkone. Kein Dekor, kein Schnörkel. Der Kubus allein gibt den Ton an.

Architekturgeschichte greifbar

Und Riphahn, bekannt für die Errichtung der Bastei sowie der Oper und des Schauspielhauses, zählt bald zu den herausragenden Vertretern des funktionalen Baustils. In Buchforst wird Architekturgeschichte im Kleinen greifbar.

Tipps

Der Wochenmarkt in der Waldecker Straße findet mittwochs und samstags von 7 bis 13 Uhr statt.

Die Ausstellung in der Kulturkirche Ost „Einzigartige Kunst – alles außer artig“ läuft bis zum 18. Juli. Di-Sa von 17 bis 20 Uhr.

In der Galerie Kunstmeile, Kalk-Mülheimer Str. 320, ist Kunst zu sehen. So. von 15 bis 18 Uhr geöffnet. (gam)

Ästhetisches Wohlgefallen bereitet auch die „Weiße Stadt“ an der Euler Straße: Die Zeilenbausiedlung ist sägezahnartig gestaffelt, sodass die Balkone als plastisches Element besonders herausstechen. Von der Seite betrachtet wirken sie wie eine Treppenskulptur. Man ist geneigt, sich zu wünschen, die klobigen, hektisch errichteten Nachkriegsbauten im übrigen Stadtgebiet würden weiteren Bauten dieser Art den Platz überlassen.

Elmas Altuntas im Familienbetrieb

Es ist nicht nur die Modernität der Bauweise, die frappiert, sondern das ganzheitliche Konzept dahinter: Leech, Luff, Bäumcher war damals das kölsche Credo für den gesamten sozialen Wohnungsbau. Ein Dach über dem Kopf reichte eben nicht. Aspekte des gesunden und gemeinschaftlichen Lebens bedachten die Architekten ebenso: Der Lichteinfall musste optimal sein, es sollte Einkaufsmöglichkeiten in der Nähe geben, ausreichend Grün, breite Gehwege und Orte der Gemeinschaft wie die Bauhaus-Kirche St. Petrus Canisius.

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Sehenswerter als dieser Kirchenbau ist jedoch die evangelische Auferstehungskirche, auch bekannt als Kulturkirche Ost in der Kopernikusstraße, nur ein paar Gehminuten entfernt. Hier begegnet man einem anderen Jahrzehnt, den Bau von 1968 gestalteten Georg Rasch und Winfried Wolsky. Kunsthistorikerin Barbara Schock-Werner bezeichnete ihn in dieser Zeitung als „genialen Wurf“. Er besticht durch seine Form: Zwei dreieckige Betonscheiben wachsen aus dem Boden und bilden einen Giebel zum Kirchenvorplatz. Seit 2012 unterhält die GAG die Kirche; er ist kein rein religiöser Ort mehr, sondern ein sozio-kultureller Treffpunkt mit einem breiten Veranstaltungsprogramm.

Wer nach diesem kulturellen Streifzug eine Pause braucht, kann bei Simitland auf der Heidelberger Straße türkische Backwaren genießen oder sich im italienischen Eiscafé auf der Waldecker Straße einen Cappuccino gönnen.