Köln – Als im Frühjahr 2018 nach und nach bekannt wurde, dass die Fraktionsspitzen von SPD, CDU und Grünen bei einer geheimen Absprache Spitzenposten im Stadtwerkekonzern unter sich aufgeteilt hatten, war die Empörung groß. Die politischen Machtverhältnisse im Stadtrat waren erschüttert.
SPD-Fraktionschef Martin Börschel, der als hauptamtlicher Geschäftsführer zu den Stadtwerken wechseln sollte, zog sich von der Fraktionsspitze zurück. Die damalige Grünen-Fraktionsvorsitzende Kirsten Jahn wechselte als Geschäftsführerin zum Verein Metropolregion Rheinland. Lediglich CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau behielt seine Funktion.
Auf der Ebene der Fraktionsgeschäftsführer, die den Stadtwerke-Deal in einem Geheimpapier fixierten und dieses unterzeichneten, gab es ebenfalls einschneidende Veränderungen. SPD-Fraktionsgeschäftsführerin Barbara Lübbecke ist inzwischen nicht mehr im Amt. Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Jörg Frank musste auf Druck seiner Partei zurücktreten. Lediglich CDU-Fraktionsgeschäftsführer Niklas Kienitz behielt seine Funktion.
Köln: Wird Niklas Kienitz Dezernent für Stadtentwicklung?
Dass die Grünen als Bündnispartner der CDU in der Ratssitzung am Donnerstag CDU-Fraktionsgeschäftsführer Niklas Kienitz zum Dezernenten für Stadtentwicklung wählen wollen, obwohl er ebenso an der Stadtwerke-Affäre beteiligt war wie der ehemalige Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Frank, sorgt in den Reihen der Partei für Unverständnis. „Da wird mit zweierlei Maß gemessen“, ist zu hören.
Während Frank zurücktreten musste, haben die Grünen offenbar keine Vorbehalte, den CDU-Mann Kienitz in den Stadtvorstand zu hieven. „Jede Partei hat aus dem Stadtwerke-Skandal für sich die Konsequenzen gezogen und muss auch für sich entscheiden, wer die am besten geeignete Person für eine Dezernatsbesetzung ist“, sagte der aktuelle Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Lino Hammer am Mittwoch.
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Oberbürgermeisterin Henriette Reker hat offensichtlich ebenfalls kein Problem damit, mit Kienitz einen der Verantwortlichen der Stadtwerke-Affäre als Dezernenten vorzuschlagen. „Die Oberbürgermeisterin arbeitet mit Herrn Kienitz seit vielen Jahren vertrauensvoll zusammen“, sagte Stadtsprecher Alexander Vogel am Mittwoch. An seiner Qualifikation bestehe aus Sicht der Oberbürgermeisterin kein Zweifel. Die Stadtwerke-Affäre sei für Reker insofern abgeschlossen, als dass es durch die Verhinderung durch sie nicht zur Besetzung der Stelle mit Martin Börschel gekommen sei und der Rat auf ihre Initiative den Public Corporate Governance Kodex verschärft habe.
Vor drei Jahren äußerte Reker noch deutlich ihre Empörung und Abscheu über das Verhalten der an der Stadtwerke-Affäre beteiligten Politiker. „Nicht nur haben Kölner Bürgerinnen und Bürger das Vertrauen in die Politik verloren, sondern das Ansehen unserer Stadt hat bundesweit gelitten – Vertrauen ist die Währung in der Politik, und da haben einige ihr Konto ganz schön überzogen“, sagte sie damals. Dennoch wird sie jetzt mit einem dieser Politiker in der Stadtspitze eng und vertrauensvoll zusammenarbeiten.